Gottes kleiner Finger - [Thriller]
Geräusch seiner Schritte zu dämpfen.
»Da kommt er ja«, bemerkte der Mann, der zuletzt gesprochen hatte, erleichtert.
Lauri sah, dass alle vier bei dem Gaskocher als Gruppe eng beieinandersaßen. Ihre Waffen lagen weiterhin ein paar Meter entfernt auf einem Haufen. Diese Knaben sind keine Profis, dachte Lauri, wir müssen sie achtsam behandeln. So achtsam, wie wir nur können.
Ohne Eile ging Lauri auf die Männer zu, wohl wissend, dass sie ihn immer noch nicht sehen konnten. Zehn Meter von ihnen entfernt blieb er stehen und entsicherte möglichst geräuschvoll die Maschinenpistole.
»Würdet ihr auch uns eine Tasse Tee anbieten?«, fragte er ruhig.
12
Khadidja warf einen Blick auf den östlichen Himmel. Am Horizont, oberhalb der schwarzen Erde, gab es schon einen haarfeinen, gerade eben erkennbaren hellen Streifen.
»Bald geht die Sonne auf«, sagte sie.
Wir können nur hoffen, dass sie uns nicht finden, bevor es wieder dunkel wird, dachte Lauri. Wir haben jetzt viel Wasser, und wenn wir den nächsten Tag überleben, befinden wir uns in einer komfortablen Lage. Mit diesem Wasser kommen wir so weit, dass man uns danach nur schwer finden wird.
Aber Khadidja wirkte nicht sehr hoffnungsvoll, was ihre Chancen betraf. Das war kein gutes Zeichen.
Khadidja führte ihn auf eine große Hammada, wo sie kaum Spuren hinterließen, die jedoch offen und schutzlos war. Lauri fürchtete, sie müssten den Tag in einer offenen Stein- und Kieswüste verbringen, ohne Schatten und Schutz vor der sengenden Sonne und gut sichtbar für die sie verfolgenden Lkws, Geländewagen und Flugzeuge.
Unmittelbar vor Sonnenaufgang kamen sie jedoch zu einem Sandsteinberg, der an einen schmalen Kirchturm erinnerte. An dessen Fuß gab es eine hohe Höhle, die Raum für sie und ihre Kamele bot.
»Wunderbar«, sagte Lauri. »Hier sind wir geschützt.«
Aber in seinem verletzten Arm pochte jetzt der von einer Entzündung herrührende Schmerz und wurde immer heftiger. Lauri wollte nicht die Binde öffnen und nachschauen, wie es darunter aussah. Immerhin hatte er kein Fieber. Er hatte nicht gefroren, obwohl die Nacht kühl gewesen war.
Khadidja wirkte nicht zufrieden.
»Dies ist die einzige Höhle im Umkreis von zehn Kilometern«, erklärte sie. »Wahrscheinlich finden sie uns.«
Khadidja war plötzlich sehr traurig.
»Hör mal, du Europäer, es sieht so aus, als würden wir den Abend nicht erleben. Ihre Übermacht ist zu groß.«
Sicherlich hat Khadidja recht, dachte Lauri. Dies ist das Ende der Reise.
Noch aber gab es keinen Grund dafür, dass sie beide sterben mussten. Khadidja war dafür noch allzu jung!
Sie ahnte, was Lauri sagen wollte, und schüttelte den Kopf, bevor er dazu kam, es auszusprechen. »Warum nicht?«, brauste Lauri auf. »Du hast mir schon einmal das Leben gerettet, dort in dem Tal. Oder eigentlich zweimal, denn ohne dich wäre ich am nächsten Tag verdurstet. Aber jetzt, wo ich auf jeden Fall ans Ende meines Wegs gekommen bin, warum solltest du da mit mir zusammen sterben?«
Die Sonne stieg höher und bombardierte die Kies- und Steinfelder der Umgebung mit ihren Strahlen. Khadidja betrachtete die Wildnis und lächelte nachdenklich.
»Wir alle müssen sterben«, sagte sie schlicht. »Daran kann niemand etwas ändern. Wir können nur wählen, was wir tun, solange wir leben. Manchmal bekommen einige von uns die Chance zu entscheiden, wie sie von hier fortgehen.«
»Das ist wahr, aber ...«
Khadidja unterbrach Lauri mit einer energischen Handbewegung.
»Nein, du Europäer, ich werde jetzt nicht fliehen, auch wenn du mich darum bittest. Vielleicht zum Teil auch deshalb, weil du darum bittest.«
»Na, dann ziehe ich meine Bitte zurück«, sagte Lauri eilig, als er sah, dass Khadidja weiterhin unerschütterlich bei ihrer Meinung blieb. »Lass uns jetzt keine Frage der Ehre daraus machen.«
»Ja, ich weiß, dass man die in Amerika und Europa schon lange als altmodisch ablehnt«, sagte Khadidja heftig.
Lauri sah Khadidja verzweifelt an. Dies alles war so furchtbar unnötig.
»Khadidja, es gibt eine Sache, die du wissen sollst«, versuchte Lauri es noch einmal. »Vor ein paar Jahren war ich nahe daran, mir das Leben zu nehmen. Mir ist ein furchtbarer Irrtum unterlaufen, und die Frau, die ich liebte, meine Frau, kam deswegen ums Leben. Außerdem starben viele vollkommen unschuldige Menschen durch meine Hand, weil ich mich geirrt hatte. Ich bin immer noch der Meinung, dass ich mich eigentlich selbst hätte töten
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