Gottes kleiner Finger - [Thriller]
angestiegen, sodass sie beide schweißnass waren. Himmel, was für eine Hitze, dachte Lauri. Einer Ohnmacht nahe hing er auf dem Kamelrücken und wäre schon längst hinuntergefallen, wenn die Seile ihn nicht festgehalten hätten.
Die Kanten des Basaltsteins wurden schärfer, und ihr Tempo verlangsamte sich. Die Kamele achteten auf ihre Füße und schritten immer lustloser vorwärts. Jetzt kommen wir wirklich langsam voran, dachte Lauri. Ihre Verfolger hatten in der Nacht und am Morgen den Abstand zu ihnen gnadenlos verringert. Immer wenn Lauri hinter sich geblickt hatte, war die nächste Kolonne von etwa zwanzig Lkws wieder etwas näher gekommen. Vor einer Stunde waren die Verfolger vielleicht fünfundzwanzig Kilometer entfernt gewesen, jetzt war die Entfernung auf fünf oder sechs Kilometer geschrumpft. Das hat alles keinen Sinn, dachte Lauri, unsere Chancen stehen bei nicht einmal eins zu einer Million.
In wenigen Augenblicken würden ihre Verfolger in Reichweite eines automatischen Gewehrs sein, und nichts würde sie mehr retten können. Wie viele Männer passen in zwanzig Lastautos?, überlegte Lauri. Vierhundert? Wenn alle bewaffnet waren, könnten sie in wenigen Sekunden eine beträchtliche Menge Blei auf sie abfeuern. Und das offene Basaltfeld würde ihnen keinerlei Schutz bieten.
Die Kanten des Basalts wurden immer schärfer. Die Kamele weigerten sich, weiterzugehen. Es war klar, dass die messerscharfen Basaltkanten den Tieren die Füße zerschneiden würden.
»Wir müssen zu Fuß weiter«, erklärte Khadidja.
»Geh du«, stammelte Lauri. »Ich weiß nicht, ob ich dazu in der Lage bin.«
»Red keinen Blödsinn«, sagte Khadidja streng.
Khadidja nahm zwei Gewehre und Lauris Rucksack, in dem sich einige Wasserflaschen und das Fernglas befanden. Dann löste sie die Stricke, die Lauri auf dem Sattel hielten, und half ihm herunter. Als er nach den näher kommenden Lkws schaute, sah er, dass sie nur noch etwa vier Kilometer entfernt waren. Auch die Berge waren jetzt viel näher. Bis zu den Berghängen waren es vielleicht fünf- oder sechshundert Meter, und die Hänge sahen so aus, als wären sie voller Risse, Höhlen und großer Steinblöcke. Sechshundert Meter waren normalerweise keine Entfernung, aber jetzt hätten die Berge ebenso gut auf dem Mond sein können. Lauri hatte das Gefühl, er würde keine fünf oder sechs Schritte gehen können, ohne umzufallen. Außerdem würden ihnen selbst dann, wenn sie in günstigeres Gelände kämen, auch die Steinblöcke nichts nützen, da das Kräfteverhältnis mindestens zweihundert zu eins betrug.
Aber Khadidja hatte nicht vor, aufzugeben. Vielleicht hat sie niemals Wahrscheinlichkeitsrechnung gelernt, dachte Lauri.
Khadidja ließ die Kamele frei und warf sich den Rucksack auf den Rücken. Dann nahm sie die Gewehre auf die Schulter und zog Lauri hoch.
»Gehen wir«, sagte sie. »Wir haben nicht allzu viel Zeit.«
»Wir schaffen das nicht«, klagte Lauri, als Khadidja begann, ihn über den Basalt zu schleifen.
Wieder wunderte sich Lauri, wie stark Khadidja war, denn obwohl ihr zwei schwere Gewehre über der Schulter hingen, schaffte sie es auch noch, den größten Teil von Lauris Gewicht zu tragen, sodass er bisweilen fast das Gefühl hatte, auf Luft zu gehen und die Beine im Leeren zu bewegen. In den Beinen hab ich nur noch frustrierend wenig Kraft, dachte Lauri.
Der Lavabasalt war so scharf, dass Lauri die Kanten selbst durch die dicken, eisenbeschlagenen Sohlen seiner Schuhe spürte. Es grauste ihn, sich vorzustellen, was geschehen würde, wenn sie auf das Gesicht oder den Bauch fallen würden. Der Basalt würde bestimmt schneiden wie Schotter aus Glasscherben.
Es war noch heißer geworden, und obwohl Khadidja den größten Teil seines Gewichts trug, spürte er, wie der von der Sonne versengte Basalt seine Fußsohlen verbrannte. Oh Himmel, gleich fangen die Stiefel an zu qualmen, dachte er. Khadidja war klitschnass und roch stark nach Schweiß.
Lauri hatte rasende Kopfschmerzen, und sein Arm schmerzte. Schweiß rann ihm in die Augen, sodass sie brannten und er nicht mehr ordentlich sehen konnte. Er hatte es schon lange nicht mehr gewagt, zurückzublicken, aber das Motorengeräusch hinter ihnen wurde von Minute zu Minute lauter. Dann hörte er Schüsse und das Knattern automatischer Waffen, als die Verfolger das Feuer eröffneten. Er hörte jedoch nicht das Pfeifen der Kugeln und sah nicht, dass sie vom Boden Staub oder Steinsplitter aufwirbelten.
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