Gottes kleiner Finger - [Thriller]
seine Bemerkung nicht, sondern hielt die Wundränder offen. Schon setzte sich die erste Fliege auf Lauris Arm.
»Wäre es nicht eine gute Idee, die Wunde wieder zu verbinden?«, fragte Lauri.
»Ja, aber erst, wenn die Fliegen ihre Arbeit getan haben.«
»Wie bitte, was hast du gesagt?«
Khadidja antwortete nicht, und Lauri kam nicht dazu, seine Frage zu wiederholen, denn die Erschöpfung übermannte ihn, und er sank in den Schlaf.
Als er erwachte, wusste er nicht, wie viele Stunden er geschlafen hatte, aber Khadidja kam sofort zu ihm und gab ihm so viel Wasser zu trinken, wie er nur konnte. Dann prüfte Khadidja seine Stirn. Lauri hatte weiterhin hohes Fieber, und er fror. Vielleicht war das Fieber ein wenig gesunken, aber Khadidja war sich dessen nicht sicher. Als Nächstes befühlte sie Lauris geschwollenen Arm. Lauri stöhnte vor Schmerz, als Khadidjas Finger ihn berührten. Khadidja hatte eine neue und sauberere Binde um die Wunde gewickelt, aber die war noch immer entzündet. Das war kein Wunder, denn sie hatten weder westliche antimikrobielle Medikamente noch einheimische Kräuter, nicht einmal heißes Wasser.
»Ist es irgendwie besser?«, fragte Khadidja.
»Ich ... weiß nicht. Vielleicht ein bisschen.«
»Wir müssen leider weiter. Aber einen Augenblick können wir uns noch ausruhen.«
»Das ist mir recht.«
»Übrigens ... Dieser letzte Sandsturm. So einen nennt man ›Laken‹«, erklärte Khadidja. »Der erste war eine ›Wand‹.«
»Ich kann mir gut vorstellen, woher die Bezeichnung kommt«, sagte Lauri matt. »Gibt es davon noch mehr?«
»Ja. Bestimmte Sand- und Staubtornados sind der dritte Haupttyp. Sie können einen Mann und ein Kamel in die Luft heben.«
»Das kann ich kaum erwarten«, sagte Lauri.
17
»Wir haben noch die Königin«, sagte Janet. »Darin ist ein Funkgerät.«
»Glaubst du, sie wollen uns angreifen?«, fragte Katharine.
Janet nickte.
»Es sieht ganz so aus.«
»Wie viele sind wir?«, fragte Katharine.
»Siebzehn«, antwortete Janet. »Sicherheitsleute und sonstiges Personal zusammengenommen sechzehn, und du. Also insgesamt siebzehn.«
»Nur?«
»Ich fürchte, ja. Alle anderen sind verschwunden. An fast alle von uns habe ich schon Waffen verteilt. Vielleicht solltest auch du eine nehmen. Zur Sicherheit.«
»Vielen Dank«, seufzte Katharine.
Janet wandte sich an Razia.
»Sollten wir ausprobieren, ob das Funkgerät der Königin funktioniert?«
Razia zögerte.
»Hmm ... Es gibt etwas, worüber wir sprechen sollten«, sagte Razia unsicher. »Etwas, das ihr wissen solltet. Es kann eure Entscheidungen beeinflussen, wenn es eng wird.«
Warum macht Razia den Eindruck, als fühlte sie sich schuldig?, dachte Katharine verwundert. Was wissen wir nicht? Was könnte das überhaupt sein?
»Sendet zuerst die Nachricht«, sagte Janet. »Also, falls das Funkgerät vielleicht doch funktioniert. Dann reden wir weiter.«
»Na gut«, lenkte Razia ein.
Janet und Katharine begaben sich auf die Brücke, die über das Gewächshaus führte. Janet hatte ein Sturmgewehr über der Schulter und zwei Reservemagazine am Gürtel. Sie sahen zu, wie die Sonne hinter den nahen Hügeln aufging. Es war ein schöner Anblick, aber diesmal weckte er bei Katharine nur böse Ahnungen. Es wäre sehr überraschend, wenn an dem gerade anbrechenden Tag nichts Unangenehmes passieren würde. Es drängte sich Katharine die Frage auf, für wie viele von ihnen dieser Sonnenaufgang der letzte sein würde.
Eine halbe Stunde später hörten sie über sich ein mattes Brummen. Als sie in dessen Richtung schauten, sahen sie, dass der Lift von der Turmspitze herabkam. Der Ankömmling war Ulrich Ludlow. Auch er hielt eine Maschinenpistole mit kurzem Lauf in der Hand.
»Wir haben das interne Kommunikationsnetz wieder in Gang gebracht«, sagte Ulrich. »Wir konnten nicht reparieren, was sie zerstört haben, aber wir hatten funktionsbereite Ersatzmodule.«
»Sehr gut«, sagte Janet. »Und die externen Verbindungen?«
Ulrich wurde ernst.
»Da können wir nichts machen.«
»Das hab ich mir schon gedacht. Aber die Hotchkiss des Turms ist wieder besetzt?«
Ulrich nickte.
»Ja, Mustafa ist dort. Jacques ist bei der anderen Hotchkiss auf den Hügeln. Ich geh selbst zu der zweiten, sobald ich dazu komme.«
»Und die EMP?«, fragte Janet.
»Sarah ist im Norden, Hoa im Osten und Abdullah im Süden.«
»Die Königin?«
»Razia, Nersi und Raphaela sind schon dort. Sie haben das Funkgerät nicht in Gang bekommen,
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