Gottes kleiner Finger - [Thriller]
daran hindert, es ihnen später zu erzählen. Sie haben ein Recht, es zu erfahren, in einer solchen Situation. Wir dürfen sie nicht mehr in Unwissenheit halten!
Ich muss noch einmal nach unten, dachte Razia. Ich muss es ihnen sagen, bevor wir aufbrechen. Es kann nicht alles von zehn Minuten abhängen.
»Wer kann das Funkgerät kaputt gemacht haben?«, fragte Raphaela noch einmal verwundert.
»Das kann man zu diesem Zeitpunkt unmöglich sagen«, erklärte Razia. »Zu viele Leute haben hier Zutritt gehabt. Möglicherweise wird man nie herausfinden, wer der Schuldige ist.«
Da sah Razia, das Raphaela ganz blass geworden war. Offensichtlich war ihr etwas Unangenehmes eingefallen.
»Was ist los?«, fragte Razia streng.
Raphaela biss sich auf die Lippe.
»Ähm, ich meine nur, dass ... Wenn nun der Typ oder die Typen, die das Funkgerät kaputt gemacht haben, hier auch noch etwas anderes zerstört haben?«
Razia sah Raphaela beruhigend an.
»Daran hab ich auch schon gedacht. Und Nersi. Er macht gerade eine schnelle Inspektion. Er geht alles durch, was so aussieht, als hätte sich kürzlich jemand daran zu schaffen gemacht.«
»Aber ...«
Raphaela machte mit der Hand eine halbkreisförmige Bewegung.
»Nur gibt es hier so schrecklich viele mögliche Stellen.«
»Ja«, bestätigte Razia. »Wir werden nicht unbedingt finden, was sie zerstört haben. Aber es kann sein, dass wir es finden. Und es kann sein, dass sie außer dem Radio nichts anderes zerstört haben.«
Aber ... ist das wahrscheinlich?, dachte Razia plötzlich. Sie wissen genauso gut wie wir, dass ein Luftschiff bis zur nächsten Stadt nicht mehr als eine Stunde benötigt. Warum sollten sie sich damit begnügt haben, nur das Funkgerät zu zerstören? Nein, sie müssen sich bemüht haben, das Luftschiff auch auf andere Weise untauglich zu machen. Aber was genau haben sie gemacht? Was hätte ich selbst an ihrer Stelle getan? Was ist das schlimmste mögliche Szenario? Sind wir vielleicht in Gefahr, genau in diesem Moment? Oder sollten wir eher fragen, wie groß die Gefahr ist, in der wir uns gerade befinden?
Was wäre die einfachste und schnellste Methode, das Luftschiff lahmzulegen? Den Motor zu zerstören? Den Kraftstoffschlauch zu durchschneiden? Zucker in den Tank zu schützten? Die Hydraulik des Ruders zu zerstören? Löcher in die Heliumtanks zu schneiden?
Keine dieser Alternativen würde sie in Lebensgefahr bringen. Im schlimmsten Fall würden sie einfach mit dem Wind dorthin treiben, wohin der sie nun bringen würde, ohne dass sie das Luftschiff steuern konnten.
Es sei denn, dass ...
»Hey, kommt euch das mal ansehen«, hörte sie Nersi Khan sagen.
In Nersis Stimme lag ein metallischer Ton. Eine neue Art von Härte und Eile.
»Ist dies das, was ich annehme?«, fragte Nersi.
Razia hatte noch nie einen ähnlichen Gegenstand gesehen, aber sie wusste sofort, was es war. Was es sein musste. Unter dem Brennstofftank war ein runder Metallzylinder befestigt. Darauf war mit Tesafilm ein Handy geklebt, von dem dünne rote Drähte abgingen.
Ich hätte es ihnen erzählen sollen, dachte Razia. Wenn wir jetzt sterben, erfahren sie es nicht, bevor es zu spät ist. Sie können sterben, weil ich es ihnen nicht erzählt habe. Deshalb, weil ich ihnen nicht vertraut habe.
Da zerbarst die Welt in Flammen, und Razia wurde gegen die Wand des Kontrollraums geschleudert.
Sie starrte die Wand des Luftschiffs benommen an, und es kam ihr so vor, als kippte ihre Welt vornüber.
Von irgendwo, ganz in der Nähe, war das Knistern von Flammen zu hören.
Oh Hilfe, ich werde verbrennen, dachte Razia.
Das Kippen dauerte an, und plötzlich fiel sie hinunter, hinunter, in schnell zunehmendem Tempo. Sie versuchte, den Arm auszustrecken, um den Fall abzubremsen, aber ihre Reaktionen waren zu langsam, und sie schaffte es nicht, etwas zu tun, bevor ihr Gesicht und ihr Kopf mit entsetzlicher Kraft gegen etwas Hartes, Metallisches schlugen.
Sie glitt in schwarze Dunkelheit hinüber und hoffte, dies würde das Ende sein.
20
Lauri und Khadidja stolperten qualvoll langsam durch das Labyrinth der tiefen Risse und der damit verbundenen komplizierten Höhlensysteme. Khadidja ermattete allmählich. Sie mussten jetzt alle zehn bis fünfzehn Minuten haltmachen, um auszuruhen, später immer häufiger.
Lauri erkannte, dass Khadidja bald mit ihren Kräften am Ende sein würde. Er spürte durch die Kleider hindurch, dass Khadidja wieder schweißnass war. Wenn sie anhielten, um sich
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