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Gottes Werk und Teufels Beitrag

Gottes Werk und Teufels Beitrag

Titel: Gottes Werk und Teufels Beitrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Fieber bekommen – versprechen Sie’s mir«, sagte Schwester Edna.
    »Ich verspreche es«, sagte Candy errötend.
    Melony plagte sich mit dem Eintragen einer Widmung in das Exemplar von Klein Dorrit, das sie für Homer gestohlen hatte, als sie hörte, wie Mary Agnes sich in der Toilette übergab.
    »Halt die Schnauze!« rief Melony, aber Mary Agnes fuhr fort zu würgen. Sie hatte zwei Krüge Cidergelee aufgegessen, einen Krug Honig und noch einen voll Holzapfelgelee. Der Honig war’s, dachte sie, der mich geschafft hat.
    Smoky Fields hatte sich schon erbrochen. Er hatte alle seine Krüge aufgegessen, einen von jeder Sorte, und einen Krug, der einem der kleinen Walshs gehörte. Er lag elend auf seinem Bett und lauschte auf Curly Days Weinen und Schwester Angelas Reden und Reden.
Für Homer »Sonnenstrahl« Wells
    für das Versprechen, 
    das du mir gegeben hast 
    schrieb Melony. Sie spähte aus dem Fenster, aber da war nichts los. Es war noch nicht dunkel; es war für die beiden Frauen, die am Morgen gekommen waren, noch nicht Zeit, den Hügel hinab zum Zug zu gehen – zurück – wohin auch immer.
in Liebe – Melony 
    fügte Melony hinzu, während Mary Agnes wieder stöhnte und keuchte.
    »Du dumme kleine Schweinehündin!« rief Melony.
    Homer Wells kam in den Operationssaal marschiert, als es Wilbur Larch eben gelungen war, das Herz des Bahnhofsvorstehers freizulegen. Larch war nicht überrascht, keine Anzeichen eines Herzleidens zu sehen, kein totes Muskelgewebe (»Kein Infarkt«, sagte er zu Homer, ohne zu ihm aufzublicken) – kurz, keinerlei Herzschaden.
    »Der Bahnhofsvorsteher hatte ein gesundes Herz«, verkündete Dr. Larch. Kein »schwerer« Herzanfall hatte den Bahnhofsvorsteher gefällt, wie Dr. Larch vermutet hatte. Anscheinend war eine ganz plötzliche Änderung des Herzrhythmus eingetreten. »Arrhythmie, glaube ich«, sagte Dr. Larch zu Homer Wells.
    »Sein Herz ist einfach stehengeblieben, richtig?« fragte Homer.
    »Ich glaube, daß er einen Schock erlitten hat oder einen Schreck«, sagte Wilbur Larch.
    Homer Wells glaubte es gern – er brauchte nur das Gesicht des Bahnhofsvorstehers anzusehen.
    »Richtig«, sagte er.
    »Natürlich könnte ein Gerinnsel im Gehirn sein«, sagte Wilbur Larch. »Wo soll ich nachsehen?« fragte er Homer ungezwungen.
    »Im Gehirnstamm«, sagte Homer Wells.
    »Richtig«, sagte Wilbur Larch. »Bravo, mein Junge.«
    Als Homer Wells den Gehirnstamm des Bahnhofsvorstehers freigelegt sah, dachte er, daß Dr. Larch – mit beiden Händen – tätig genug sei, so daß er ihm gefahrlos sagen könne, was er auf dem Herzen hatte.
    »Ich liebe Sie«, sagte Homer Wells. Er wußte, er mußte den Raum jetzt verlassen – während er noch die Tür sehen konnte –, und darum schickte er sich an zu gehen.
    »Ich liebe dich auch, Homer«, sagte Wilbur Larch, der noch einige Minuten lang keinen Blutpfropfen im Gehirnstamm hätte sehen können, falls dort einer zu sehen gewesen wäre. Er hörte, wie Homer »richtig« sagte, bevor er hörte, wie die Tür geschlossen wurde.
    Nach einer Weile konnte er den Gehirnstamm deutlich erkennen; da war kein Gerinnsel.
    »Arrhythmie«, wiederholte Wilbur Larch für sich. »Richtig«, fügte er dann hinzu, als spräche er jetzt für Homer Wells. Dr. Larch legte seine Instrumente beiseite; lange hielt er den Operationstisch umklammert.
    Draußen schob Homer Wells seine Tasche in den Kofferraum des Cadillac, lächelte Candy auf dem Rücksitz zu, half Wally das Verdeck hochklappen. Bald würde es dunkel sein, und kalt, besonders für Candy auf dem Rücksitz, wenn sie das Dach unten ließen.
    »Wir sehen uns in zwei Tagen!« sagte Schwester Edna zu Homer, zu laut.
    »In zwei Tagen«, wiederholte Homer, zu leise. Sie hauchte ihm einen Kuß auf die Wange; er tätschelte ihr den Arm. Dann wandte Schwester Edna sich ab und rannte zum Eingang des Spitals; Candy und Wally schienen beide beeindruckt, daß die Frau sich so schnell bewegen konnte. Als sie im Innern des Spitals war, lief Schwester Edna geradewegs in die Apotheke und warf sich auf das Bett. Auch wenn sie ein weiches Herz hatte, so hatte sie doch einen starken Magen – sie kümmerte sich kaum darum, daß der Körper des Bahnhofsvorstehers einen Großteil des Tages auf diesem Bett zugebracht oder daß der Schlamm von seinen Stiefeln das Oberlaken beschmutzt hatte.
    Dr. Larch hielt noch immer den Operationstisch umklammert, als er den Gehilfen des Bahnhofsvorstehers schreien hörte. Es war nur ein

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