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Gottes Werk und Teufels Beitrag

Gottes Werk und Teufels Beitrag

Titel: Gottes Werk und Teufels Beitrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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selbst wenn das ganze Getue nur war, um mir eine Freude zu machen? fragte sich Larch.
    »Welche Gemeinschaft?« heulte er.
    O ja, dachte er, ich hätte den Bahnhofsvorsteher bitten können, ihnen Religionsunterricht zu erteilen und ihnen von wüsten Schwärmen heimatloser Seelen zu erzählen, die in allen Ecken und Winkeln des Himmels herumlungern. Ich hätte diesen würdigen Gentleman bitten können, ihnen auch seine Wäschekataloge zu zeigen.
    Ich hätte diese Familie von Kinderquälern aus Three Mile Falls bitten können, hier einmal pro Woche zu unterrichten. Ich hätte manche der Frauen, die abtreiben ließen, hierbehalten und bitten können, uns doch zu verraten, warum sie im Moment keine Kinder haben wollten. Oder ich hätte manche der Mütter später noch einmal einladen können, damit sie ihren Kindern erklärten, warum sie sie hier zurückgelassen hatten! Das wäre lehrreich gewesen! O Gott, dachte Wilbur Larch, welch eine Gemeinschaft hätten wir sein können – wäre ich nur jugendlicher gewesen, energischer!
    O ja, ich habe Fehler gemacht, dachte er; und ein paar schwarze Stunden lang erinnerte er sich an einige davon. Hätte ich nur einen vernünftigen Atemapparat bauen, hätte ich bloß für Fuzzy eine Ersatzlunge erfinden können! dachte er.
    Und vielleicht wird Homer Wells ihnen sagen, daß er auf seinen ersten Anblick des Fötus dort auf dem Hügel nicht »angemessen« vorbereitet war. Und hätte es eine Möglichkeit gegeben, Homer auf Three Mile Falls vorzubereiten, auf die Drapers in Waterville oder darauf, daß die Winkles fortgespült wurden? Was war meine Alternative? fragte sich Wilbur Larch. Vermutlich hätte ich ihn nicht in die Lehre nehmen sollen.
    »Wir sind auf diese Erde gestellt, um uns nützlich zu machen«, schrieb Wilbur Larch (als Fuzzy Stone) an den Treuhänderausschuß. »Es ist besser, etwas zu tun, als zu kritisieren«, schrieb der junge Idealist Fuzzy Stone. »Es ist besser, überhaupt etwas zu tun, als müßig dabeizustehen.« Sage es ihnen, Fuzzy! dachte Dr. Larch.
    Und so sagte Fuzzy dem Treuhänderausschuß, daß das Spital in St. Cloud’s ein Musterbeispiel seiner Art sei. »Larch war es, der mich veranlaßte, Arzt zu werden«, schrieb Fuzzy. »Larch, der alte Knabe – der konnte einen begeistern. Da Sie von Energie sprechen: der Bursche hat Mumm wie ein Jugendlicher.
    Seien Sie vorsichtig, wenn Sie junge Leute nach St. Cloud’s schicken – der alte Larch wird sie so hart herannehmen, daß sie krank werden. Sie werden so erschöpft sein, daß sie nach einem Monat in Pension gehen wollen!
    Und glauben Sie, diese alten Schwestern wüßten nicht, was Arbeit ist? Lassen Sie sich gesagt sein, wenn Schwester Angela beim Schlagball den Werfer macht, möchte man meinen, man sei bei einer Olympiade. Sie sprechen von liebevoll – das sind sie, wahrhaftig. Immerzu umarmen und küssen sie einen, doch sie verstehen es auch, einem etwas Verstand einzubleuen.
    Sie sprechen von beaufsichtigen«, schrieb Fuzzy Stone. »Haben Sie schon einmal das Gefühl gehabt, von Eulen beobachtet zu werden? Das sind Schwester Edna und Schwester Angela – sie sind Eulen, ihnen entgeht nichts. Und manche der Mädchen sagten, daß Mrs. Grogan immer wußte, was sie taten, bevor sie es taten – noch bevor sie selbst wußten, daß sie es tun würden!
    Und Sie sprechen von Gemeinschaft«, schrieb Fuzzy Stone. »St. Cloud’s war etwas Besonderes. Ach, ich erinnere mich, wie die Leute aus dem Zug stiegen und die Hügel hinaufmarschierten, nur, um das Haus zu besichtigen – es kam wohl daher, weil wir in jener Gegend solch eine Mustergemeinschaft waren. Ich erinnere mich, wie diese Leute kamen und gingen, kamen und gingen – sie waren immer da, um uns zu besichtigen, als wären wir eines der Wunder von Maine.«
    Eines der Wunder von Maine? dachte Wilbur Larch, bemüht, sich wieder unter Kontrolle zu bringen. Ein verirrter Windstoß wehte durchs offene Fenster in Schwester Angelas Büro und trug ein wenig schwarzen Rauch vom Verbrennungsofen herein; der Rauch brachte Larch wieder ein wenig zur Besinnung. Ich sollte besser aufhören, dachte er, ich darf mich nicht so mitreißen lassen.
    Nach diesem historischen Kraftakt ruhte er sich in der Apotheke aus. Einmal schaute Schwester Angela zu ihm herein; Wilbur Larch war für sie eines der Wunder von Maine, und sie machte sich Sorgen um ihn.
    Larch machte sich selber ein wenig Sorgen, als er erwachte. Wo war die Zeit geblieben? Das Problem ist, ich muß

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