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Gottes Werk und Teufels Beitrag

Gottes Werk und Teufels Beitrag

Titel: Gottes Werk und Teufels Beitrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Bakteriologen aus ihm gemacht hätte. Er hatte eine Begabung für das Fach, fand sein Professor, und er genoß die behutsame Atmosphäre des Labors; auch hatte er ein brennendes Verlangen, etwas über Bakterien zu lernen. Beinah ein Jahr seines Medizinstudiums trug der junge Wilbur ein Bakterium mit sich herum, das ihn so krank machte und quälte, daß mehr als wissenschaftliche Neugier ihn antrieb, dessen Therapie zu entdecken. Er hatte Gonorrhöe: indirekt ein Geschenk seines Vaters. Der beduselte Alte war so stolz auf Wilbur gewesen, daß er ihn im Jahre 188– mit einem Präsent an die Medizinische Hochschule schickte. Er trieb für seinen Jungen eine Portlander Hure auf und arrangierte eine Nacht angeblicher Freuden in einer der Fremdenpensionen am Kai. Es war ein Geschenk, das der Junge in seiner Verlegenheit nicht abzulehnen vermochte. Die selbstsüchtige Traurigkeit gestattete diesem so wenige freundliche Gesten gegen seinen Sohn; die Rechtschaffenheit seiner Mutter war selbstsüchtig auf ihre Weise; der junge Wilbur war gerührt, daß sein Vater bereit gewesen war, ihm überhaupt etwas zu schenken.
    In der Pension mit dem salzgetrockneten Holz und den von Meeresfeuchte klebrigen Gardinen erinnerte die Hure Wilbur an eine der attraktiveren Dienstbotenkolleginnen seiner Mutter; er schloß die Augen und versuchte sich vorzustellen, daß er gerade eine verbotene Hinterzimmerromanze in der Bürgermeistervilla erlebte. Als er die Augen aufschlug, sah er im Kerzenlicht deutlich die Dehnungsstreifen quer über dem Unterleib der Hure; damals wußte er nicht, daß es Dehnungsstreifen waren. Die Hure schien unbekümmert, ob Wilbur die Dehnungsstreifen bemerkte oder nicht; als er mit dem Kopf auf ihrem Bauch einschlief, fragte er sich sogar verschwommen, ob sich wohl die Falten der Frau auf sein Gesicht übertragen würden – und ihn brandmarken. Ein scharfer, unangenehmer Geruch weckte ihn, und er zog sich rasch von der Frau zurück, ohne sie zu stören. Im Zimmer nebenan saß jemand in dem Sessel, dem einen, auf den sie ihre Kleider gelegt hatte, und rauchte eine Zigarre – Wilbur sah das Ende bei jedem Zug heller leuchten. Er nahm an, daß ein Mann – der nächste Kunde der Hure – höflich wartete, bis er ging, doch als er fragte, ob man eine frische Kerze anzünden könne (er mußte seine Kleider ausfindig machen), antwortete ihm die Stimme eines jungen Mädchens.
    »Du hättest mich für weniger haben können«, sagte sie nur. Er konnte sie nicht genau sehen, aber weil es keine frische Kerze gab, leuchtete sie ihm den Weg zu seinen Kleidern, indem sie eifrig ihre Zigarre paffte, was sowohl einen roten Glutschimmer als auch Rauchschwaden vor seinen Augen tanzen ließ. Er dankte ihr für ihre Hilfe und ging.
    Als er die Hure im Morgenzug nach Boston wiedersah, wurde er verlegen. Bei Tageslicht entpuppte sie sich als eine geschwätzige Frau, und sie trug ihren Handkoffer mit der Autorität einer unverbesserlichen Einkaufsbummlerin; er fühlte sich verpflichtet, ihr seinen Sitzplatz in dem überfüllten Zug zu überlassen. Mit ihr reiste ein junges Mädchen – »meine Tochter«, sagte die Hure und deutete mit vorschnellendem Daumen auf das Mädchen. Die Tochter erinnerte Wilbur daran, daß sie sich bereits kennengelernt hatten, indem sie ihm ihren erstaunlich abgestandenen Zigarrenatem ins Gesicht hauchte. Sie war sogar jünger als Wilbur.
    Der Name der Hure war Mrs. Eames – »Reimt sich auf screams«, hatte Wilburs Vater zu ihm gesagt, »wer weiß, vielleicht gibt sie ja besonders lustvolle Schreie von sich.« Mrs. Eames erzählte Wilbur, daß sie Witwe sei und in Boston ein anständiges Leben führe, daß sie aber, um sich so ein Leben leisten zu können, in irgendeiner abgelegeneren Stadt ihren Körper feilbieten müsse. Sie bat Wilbur flehentlich, ihr Ansehen und ihren Ruf unangetastet zu lassen – in Boston. Wilbur beteuerte nicht nur, daß ihr Ruf bei ihm sicher sei; er gab ihr auch auf der Stelle eine stattliche Summe von seinem eigenen Geld, und zwar mehr, als sein Vater der Frau ursprünglich bezahlt hatte. Den Betrag jener ersten Zahlung erfuhr er später – als sein Vater ihm sagte, daß Mrs. Eames eine anständige Portlanderin von gutem Ruf sei, die sich notgedrungen gelegentlich in Boston verkaufe, damit in Portland ihr Ansehen unangetastet blieb. Wilburs Vater zuliebe habe sie – »nur dies eine Mal!« – eine Ausnahme gemacht und sich in ihrer Heimatstadt dazu hergegeben.
    Wilburs Vater

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