Gottes Werk und Teufels Beitrag
wußte, er würde es Angel nicht sagen.
Wenn Homer überrascht war, so darüber, daß Wally ihn niemals zuvor geschlagen hatte.
»Um was ging es überhaupt?« fragte Candy Homer, als sie abends am Swimmingpool allein waren. Ein großes, schwirrendes Insekt hatte sich im Laubgitter verfangen. Sie hörten seine Flügel gegen die aufgeweichten Blätter schlagen. Was immer es sein mochte, es wurde schwächer und schwächer.
»Ich schätze, es war seine Wut darüber, daß ich dauernd ›Richtig‹ sage«, sagte Homer.
»Wally weiß Bescheid«, sagte Candy.
»Das glaubst du seit fünfzehn Jahren«, sagte Homer Wells.
»Du glaubst, er weiß es nicht?« fragte Candy.
»Ich glaube, er liebt dich, und du liebst ihn«, sagte Homer. »Ich glaube, er weiß, daß wir Angel lieben. Ich glaube, auch Wally liebt Angel.«
»Aber glaubst du, er weiß, daß Angel unser Kind ist?« fragte Candy.
»Ich weiß nicht«, sagte Homer. »Ich weiß, daß Angel eines Tages erfahren muß, daß er unser Kind ist. Ich glaube, daß Wally weiß, daß ich dich liebe«, sagte er.
»Und daß ich dich liebe?« fragte Candy. »Weiß er das?«
»Du liebst mich manchmal«, sagte Homer. »Nicht sehr oft.«
»Ich habe nicht Sex gemeint«, flüsterte Candy.
»Ich wohl«, sagte Homer Wells.
Sie waren vorsichtig gewesen und – wie sie glaubten – beinah erfolgreich. Seit Wally aus dem Krieg heimgekehrt war, hatten Homer und Candy nur zweihundertsiebzigmal miteinander geschlafen – im Durchschnitt nur achtzehn Mal im Jahr, nur anderthalbmal im Monat; sie waren einfach so vorsichtig, wie sie nur konnten. Und noch etwas hatte Candy von Homer verlangt: daß sie sich um Wallys willen und um Angels willen – um ihrer Familie willen, wie Candy es nannte – niemals erwischen lassen würden; nie würden sie jemanden in diese Verlegenheit bringen. Sollten sie je gesehen werden, dann würden sie aufhören, für immer.
Das war der Grund, warum sie Wally nichts gesagt hatten. Warum sollte Wally nicht akzeptieren, daß sie geglaubt hatten, er wäre tot – nicht nur verschollen –, und daß sie einander gebraucht und daß sie auch Angel gewollt hatten? Sie wußten, daß Wally das akzeptiert hätte. Wer könnte nicht akzeptieren, was einst passiert ist? Was jetzt passierte, das wollte Wally, wie sie wußten, wissen, und sie konnten es ihm nicht sagen.
Es gab einen weiteren Grund, vorsichtig zu sein. Weil Wally steril war, hätte es an ein Wunder gegrenzt, wenn Candy schwanger geworden wäre. Da Wallys Sterilität nicht von der Enzephalitis herrührte, sollte es mehrere Jahre dauern, bis er entdeckte, daß er steril war. Er sollte sich an die unsaubere Behandlung seiner Urethra erinnern, aber er erinnerte sich nur allmählich daran – so wie er sich auch an den Rest von Birma erinnerte. Kaum hatte er erfahren, daß seine Nebenhoden für immer verklebt waren, kam ihm die Besonderheit der verschiedenen Bambusröhrchen wieder in den Sinn; manchmal schien es ihm, als könne er sich genau an jeden Katheter erinnern, der ihm Erleichterung verschafft hatte.
Die Gefühle beim Orgasmus sind aber noch dieselben, wie Wally gegenüber Homer immer wieder stolz betonte. Wally nannte es »Schießen«; Homer war der einzige, mit dem Wally über seinen Zustand witzeln konnte. »Ich kann immer noch zielen mit dem Gewehr, und das Gewehr geht immer noch los«, sagte Wally, »und es geht immer noch los mit ’nem Knall – für mich«, sagte er. »Nur, daß man die Kugel nie wieder findet.«
Wally erinnerte sich von Zeit zu Zeit, daß es, wenn einer der Birmesen auf dem Sampan ihn behandelt hatte – wofür er immer so dankbar gewesen war –, niemals stark blutete, obwohl das Bambusröhrchen nicht ganz gerade war; sein Blut wirkte blaß und armselig im Vergleich zu den großen blutigen Flecken des Betelsaftes, den alle auf das Deck spuckten.
Falls Candy noch einmal von Homer Wells schwanger wäre – das hatte er ihr versprechen müssen –, würde er ihr eine Abtreibung machen. Sie konnte Wally nicht mit einer weiteren Reise nach St. Cloud’s täuschen; sie wollte ihn nicht täuschen, sagte sie, und diese zusätzliche Rücksicht – daß Candy nicht schwanger werden durfte – war ein weiterer Grund für die Seltenheit ihrer Vereinigungen, die beinah immer unter Bedingungen stattfanden, die schwierig genug gewesen wären, um den Beifall der Gründerväter Neuenglands zu finden. Wilbur Larchs Beifall hätten sie deshalb noch lange nicht gefunden.
Sie entwickelten kein
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