Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gottes Zorn (German Edition)

Gottes Zorn (German Edition)

Titel: Gottes Zorn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olle Lönnaeus
Vom Netzwerk:
nicht. Fatima ballte die Hände unterm Tisch zu Fäusten. Mit einem Mal überkam sie der Wunsch, ihm zu helfen.
    «Versprechen Sie mir, sich ruhig zu verhalten, wenn ich die Männer bitte, Ihre Handschellen aufzuschließen?»
    Er nickte.
    «Sagen Sie es laut.»
    «Ich verspreche es.»
    Sie steckte sich den Knopf ins Ohr und hörte umgehend Bill Lundströms Stimme: «Ist schon okay. Aber seien Sie vorsichtig, Fatima.»
    «Sie hören uns zu?»
    Osama starrte erst sie und dann die dunkle verspiegelte Scheibe mit großen Augen an.
    «Sie können uns sehen?»
    «Stellen Sie sich nicht dumm», ermahnte Fatima ihn. «Das wussten Sie doch die ganze Zeit.»
    Sie nahm den Schlüssel aus der Hosentasche und befreite seine Hände, darauf bedacht, ihn nicht zu berühren. Osama massierte sich schweigend die Handgelenke. Er versucht Zeit zu gewinnen, dachte Fatima. Er denkt sich eine Strategie aus.
    «Und, wie war das nun mit Bagdad?»
    «Ich habe nicht gelogen», antwortete er leise. «Es stimmt, dass ich aus dem Irak komme. Aber ich bin nicht dort geboren.»
    «Wo sind Sie denn geboren?»
    Er legte den Kopf leicht schräg. «Das werde ich Ihnen vielleicht später erzählen. Mal sehen.»
    «Geben Sie mir bis dahin ein Bild von Bagdad.»
    Osama lehnte sich zurück und schloss die Augen halb.
    «Es ist eine große Stadt», begann er. «Ich meine, nicht nur mit vielen Menschen, sondern eine Stadt mit einer weitreichenden Geschichte. Und wir träumen davon, dass sie eine große Zukunft haben wird. Vor tausend Jahren herrschte Bagdad über das Kalifat. Und eines Tages wird es wieder auferstehen.» Seine Lippen zitterten vor Verachtung. «Das Land, das sie Irak nennen, ist ein Nichts. Zuerst Saddam, dieser Mörder. Dann kamen die Amerikaner und zerstörten alles. Auf ihrer Jagd nach Öl. Sie sind es, die die Muslime gegeneinander aufgehetzt und dazu gebracht haben, einander zu töten, anstatt die Ungläubigen zu vertreiben.»
    «Die amerikanischen Soldaten werden doch gerade abgezogen», wandte Fatima ein.
    «Und wem überlassen sie das Land? Ihren eigenen Freunden. Sie rauben weiterhin unser Öl. Wir müssen kämpfen wie unsere Brüder in Afghanistan und Somalia.»
    «Sie meinen, Bomben zünden und eine Menge Unschuldiger töten?»
    «Wer tötet denn Unschuldige?»
    «Sie können doch nicht …» Fatima hielt inne. Sie hatte den Eindruck, dass die Vernehmung dabei war, die falsche Richtung einzuschlagen. Sie versuchte ihre Atmung zu beruhigen.
    Osama warf ihr einen bösen Blick zu. «Wir werden die ganze Zeit über gedemütigt. Sie als Muslimin müssen das doch sehen. In Abu Ghraib und auf Guantanamo haben sie auf uns herumgetrampelt. In Palästina unterdrücken sie uns. Und hier im Westen erniedrigen sie uns. Sie, die Fatimas Namen tragen, begreifen doch wohl, dass derjenige, der den Propheten verhöhnt hat, sterben musste, oder?»
    «Und aus diesem Grund haben Sie Mårten Lindgren getötet?»
    «Das habe ich nicht gesagt. Nur, dass er sterben musste. Und dass das Kalifat im Land zwischen den Flüssen wieder auferstehen muss.»
    «Sie sprechen in Rätseln», entgegnete Fatima. «Erzählen Sie mir, was Sie in Bagdad gemacht haben.»
    «Gelebt. So gut es ging.»
    «Als was haben Sie gearbeitet?»
    «Hin und wieder in einer Autowerkstatt. Sie lag direkt am Fluss. Früher war der Tigris einmal ein gigantischer Fluss. Aber jetzt geht ihm das Wasser aus. Im Sommer trocknet er fast aus und wird zu einem jämmerlichen Rinnsal. Das ist Gottes Strafe dafür, dass wir die Ungläubigen das Land haben übernehmen lassen.»
    «Sie halten mir eine Predigt, Osama. Können Sie nicht etwas konkreter werden? Erzählen Sie mir Näheres über Ihre Zeit in Bagdad.»
    «Man hat sich die Hände schmutzig gemacht.»
    In seinen Augen blitzte es auf, als er sah, dass sie ihm nicht ganz folgen konnte. Er hob eine Hand und spreizte die Finger.
    «Man wird schmutzig, wenn man Autos repariert. Und das wollte ich nicht. Ich musste mich immer gründlich waschen, um keine Flecken im Koran zu hinterlassen.»
    «Haben Sie Familie?»
    «Wir folgen alle dem Propheten …» Er lächelte erneut. «Sie müssen verstehen, wir sind überall. In der ganzen Welt. Und wir werden mehr und mehr. Eines Tages werden Sie sich ebenfalls uns anschließen, Fatima. Ich sehe Ihnen an, dass Sie den Wunsch verspüren. Sie müssen lediglich Ihr Herz öffnen.»
    «Und für wen?»
    «Natürlich für die Wahrheit.»
    Fatima schwieg.
    «Sie haben doch selbst gesagt, man darf nicht lügen, nicht

Weitere Kostenlose Bücher