Gottes Zorn (German Edition)
wahr? Sie müssen ehrlich zu sich selbst sein, Fatima. Sie tragen es bereits in sich. Sie müssen es nur herauslassen.»
«Jetzt hören Sie mit dem Missionieren auf!», rief sie genervt. «Antworten Sie stattdessen auf meine Frage. Haben Sie Familie? Eine Mutter und einen Vater, oder sind Sie etwa durch unbefleckte Empfängnis zur Welt gekommen?»
Erneut fiel ihr dieser bekümmerte Ausdruck in seinem Gesicht auf, als täte sie ihm leid.
«Können Sie mir etwas Tee bringen, Schwester?», fragte er in mildem Ton.
Fatima zögerte, und nach einigen Sekunden hörte sie Bill Lundström über ihren Knopf im Ohr.
«Machen Sie eine Pause, Fatima.»
Sie stand ein wenig überstürzt auf. Als sie die Tür hinter sich schloss, meinte sie Osama leise lachen zu hören.
Im Gegensatz zu dem, was sie erwartet hatte, wirkten die beiden Säpomänner im angrenzenden Raum zufrieden. Bill Lundström hatte sein Jackett über eine Stuhllehne gehängt. Die Luft war stickig. Sein Kollege, der sich ihr zuvor als Olof Larsson vorgestellt hatte, trug ein rot kariertes Flanellhemd, unter dessen Achseln sich große Schweißflecken abzeichneten. Er schaute unter seinem weizenblonden Pony auf, blinzelte durch Brillengläser, die dick wie Flaschenböden waren, und nickte Fatima aufmunternd zu, bevor er sich wieder einem Dokument zuwandte.
«Verdammt, ich komm nicht weiter!», rief sie aus und ließ sich auf einen Stuhl neben der Tür fallen.
«Es läuft doch gut», entgegnete Bill Lundström. «Sie machen das wirklich geschickt.»
«Ach, es kommt mir vor, als würde er mich total verarschen.»
«Aber inzwischen haben wir etwas.» Er nickte zufrieden in Richtung seines Kollegen, der noch immer in sein Dokument versunken war. «Das Papier, in das Olof vertieft ist, kommt von den IT -Leuten. Sie haben Osamas Laptop auseinandergenommen und genauestens durchkämmt, jede Datei, jede Spur, die er im Internet hinterlassen hat. Weiß der Teufel, wie sie es anstellen. Für mich ist das die reinste Zauberei. Aber sie haben einige wirklich interessante Dinge gefunden.»
«Die da wären?»
«Osama hat fleißig im Internet gesurft. Unsere Jungs haben eine Menge Mails aufgetan, die er an seine Freunde geschickt und von ihnen erhalten hat. Viel religiöses Zeug. Fanatisches, kann man sagen. Er hat diverse Kontakte hier in der Gegend um Malmö, aber auch in Kopenhagen und Hamburg. Unsere Analytiker beurteilen die Verbindung nach Deutschland insofern als interessant, weil Mohammed Atta und einige weitere Attentäter des elften September aus Hamburg kamen. Dort gibt es offenbar ziemlich verdächtige Zellen. Aber unter all dem, was wir in Osamas Computer gefunden haben, können wir ein spezielles Posting als Grund für einen Durchbruch bezeichnen. Er hat es in ein Forum gestellt, das wir schon eine Zeitlang im Auge haben. Wo sich der Server befindet, wissen wir allerdings nicht. Aber es handelt sich um eine Website, auf der sich Islamisten aus aller Welt austauschen.»
Er trank einen Schluck Kaffee und betrachtete Fatima über den Rand seines Bechers hinweg.
«Erinnern Sie sich an die Worte, die der Mörder im Haus von Mårten Lindgren an die Wand gepinselt hat?»
Sofort sah sie das Zimmer vor sich. Die Leiche, die von einem Haken an der Decke herabhing wie ein Tier im Schlachthof. Die blutroten Schriftzeichen auf der gräulich verfärbten Tapete, die von der Morgensonne erleuchtet wurden.
«Ghadab Allah!», murmelte sie. «Gottes Zorn.»
«Wir haben uns sehr bemüht, diese Worte nicht nach draußen sickern zu lassen», erklärte Bill Lundström. «Die Presse hat nichts davon erfahren, und das Haus war versiegelt, damit keiner hineingelangen und dort herumschnüffeln konnte. Wir sind uns also ziemlich sicher, dass die Worte an der Wand lediglich uns bekannt sind, die wir nach dem Tod von Mårten Lindgren in seinem Haus waren.»
«Aber Osama kannte sie?»
«Ja! In der Nacht nach dem Mord setzte sich unser fanatischer Freund zu Hause in Lindängen an seinen Laptop und hämmerte genau diese Worte in die Tatstatur, wieder und wieder, auf dieser Website. Gottes Zorn hier, Gottes Zorn da und dann noch eine Menge religiöses Geschwätz sowie vor Verherrlichung triefende Lobeshymnen auf den Dschihad und das Kalifat.»
Fatima nahm den Bericht entgegen, den Olof Larsson ihr reichte.
«Kommt das einem Geständnis gleich?»
«Nahezu …», antwortete er.
«Na ja …», sagte Bill Lundström, der ihnen den Rücken zugewandt hatte und einen Blick durch die
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