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Gottes Zorn (German Edition)

Gottes Zorn (German Edition)

Titel: Gottes Zorn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olle Lönnaeus
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in seinem Inneren tobte. Er hatte geweint. Dicke Tränen waren ihm die Wangen hinabgerollt, wie bei einem Kind. Aber gestanden, nein, das hatte er nicht.
    ***
    S ie beschloss, zu Fuß zum Polizeirevier am Davidshallstorg zu gehen. Der Morgen war bewölkt. Ein leichter Schneefall hatte einen dünnen Schleier über die bräunlichen Wälle gelegt, die die Räumfahrzeuge aufgehäuft hatten. Die Motorengeräusche der Autos und Busse waren gedämpft, die Luft angenehm.
    Die meisten Menschen, denen sie begegnete, schienen es eilig zu haben, zur Arbeit zu kommen. Nur einige wenige nahmen sich die Zeit, kurz innezuhalten, das Gesicht zum Himmel zu recken und die Schneeflocken auf der Zunge zu spüren.
    Als sie gerade eine Straßenecke umrundet hatte, prallte sie gegen einen klapprigen Kinderwagen, der mit Müllsäcken, Lumpen und alten Decken beladen war, sodass die gesamte Equipage kurz davor war umzukippen. «Hoppla, Entschuldigung!», rief Fatima aus. Sie hob eine Plastiktüte mit leeren Dosen auf, die scheppernd auf den Boden gefallen war, und legte sie auf den Wagen zurück. Das rote Gesicht der alten Frau mit den aufgesprungenen Lippen war in einen dicken Schal gehüllt. Sie grinste zahnlos und streckte eine schmutzige Hand vor. Fatima kramte eilig nach einigen Münzen in ihrer Tasche. Als sie sie ihr reichte, berührte sie zufällig die kalten gekrümmten Finger der Bettlerin. Die Berührung brannte regelrecht auf der Hand, als hätte sie einen elektrischen Schlag bekommen, sodass Fatima sie rasch wieder zurückzog. Dann errötete sie vor Scham.
    «Gott segne dich, Mädchen», krächzte die Alte.
    Fatima ging jetzt schneller. Sie hatte noch nie verstanden, wie es kam, dass dieses reiche Land, das ihr Heimatland war, einige der Ärmsten draußen in der Winterkälte auf der Straße schlafen ließ.
    Vor dem schweren Eisentor des Polizeigebäudes hielt sie inne und atmete noch einmal tief durch, bevor sie hineinging. Sie nickte der Dame am Empfang zu und öffnete die Sicherheitstür mit der Magnetkarte, die sie erhalten hatte. Statt den Aufzug zu nehmen, entschied sie sich dafür, die Steintreppe bis ins oberste Stockwerk hinaufzugehen, wo die Sicherheitspolizei ihre Diensträume hatte.
    Bill Lundström war bereits da. Seine Wangen waren vom Rasieren gerötet und glänzten vom Aftershave. Er stand in Gedanken versunken vor dem großen Whiteboard an der Wand, das mit Fotos, Landkarten und kurzen Notizen mit Filzstift bedeckt war. Während Fatima sich einen Becher Kaffee eingoss, tauchten zwei der aus Stockholm ausgeliehenen Sicherheitspolizisten auf. Lisbeth Eriksson und Göran Salberg waren genauso konturlos, wie Fatima sich das Personal bei der Säpo vorgestellt hatte. Sie würden mich einen ganzen Tag lang beschatten können, ohne dass sie mir aufgefallen wären, dachte sie. Jetzt tauschten sie gerade einige freundliche Kommentare über das Wetter aus. Nach ein paar Minuten kam auch Olof Larsson und kurz darauf ein weiterer Mann, den Fatima noch nicht kannte.
    Lundström kam wie immer unmittelbar zur Sache.
    «Okay», begann er. «Gestern wurde unser Freund Osama verhaftet, und das müssen wir als Fortschritt betrachten. Aber wie wir alle wissen, sind wir noch weit vom Ziel entfernt. Ich bin der Meinung, dass wir den Tag mit einem erneuten Durchgang der Beweislage beginnen sollten.»
    Er warf einen kurzen Seitenblick auf den zuletzt Hinzugekommenen.
    «Das ist Per Gullbrandsson, der gestern Abend aus der Hauptstadt eingetroffen ist. Er wird uns ab jetzt bei den Ermittlungen zur Seite stehen, nicht zuletzt mittels übergreifender Analysen, und er hat um ein Update gebeten.»
    Der Handschlag des Mannes war trocken und anonym wie auch seine Gesichtszüge. Helle Augen, gerade Nase und glatte Haut. Fatima stellte fest, dass auch keiner der anderen Gullbrandsson zu kennen schien. Er legte seinen Mantel auf einem Stuhl ab und strich sich eine lange blonde Haarsträhne hinters Ohr. Wie auf ein Signal hin nahmen alle am Konferenztisch Platz.
    «Also», begann Bill Lundström. «Die Anklage Osama Al-Dins gründet sich vor allem auf drei Umstände. Drei Wochen vor dem Mord drohte er damit, Mårten Lindgren zu töten. Dies geschah in einem Telefonat mit einem Freund. Wir hatten es damals abgehört. Die Audiodatei ist sehr deutlich. Der zweite und stärkste Grund besteht darin, dass Osama nach dem Mord wiederholt die Worte ‹Ghadab Allah›, ‹Gottes Zorn›, in einem Islamistenforum benutzte. Wie kam er auf genau diesen Wortlaut,

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