Gottes Zorn (German Edition)
unmittelbar wieder auf.
«Sie sollten Ihren Körper besser bedecken, Schwester.»
Fatima fluchte in ihrem Bett lauthals vor sich hin. «Was für ein scheinheiliger Aufschneider! Warum gebe ich mich überhaupt mit ihm ab?»
Die Vorführung vor den Haftrichter im Amtsgericht war ohne Probleme verlaufen. Der Richter beschloss, eine nicht öffentliche Verhandlung durchzuführen, genau wie die Staatsanwältin es beantragt hatte. Osamas Strafverteidiger erklärte, dass sein Mandant die Tat bestritt. Osama selbst saß lediglich da und starrte den Richter verächtlich an. Nach einer Viertelstunde wurde er unter dringendem Tatverdacht wegen Mordes in Haft geschickt. Auf dem Flur wimmelte es nur so von Journalisten.
Am Nachmittag hatten Fatima und Bill Lundström eine weitere Vernehmung im Polizeipräsidium abgehalten. Es lief schlecht. Entweder schwieg Osama, oder er gab Sarkasmen von sich. Als sie kurz davor waren aufzugeben, wandte er sich Fatima mit einem höhnischen Grinsen zu.
«Sind Sie glücklich, Fatima?»
Sie war kurz davor, ihm eine Ohrfeige zu verpassen.
Er versucht die Kontrolle über mich zu erlangen, dachte sie. Er ist gefährlich.
Glücklich, wer zum Teufel ist denn glücklich?
Dennoch wusste sie, dass es genau diese Worte waren, die ihr in der Nacht im Kopf herumgespukt und ihr Kopfschmerzen verursacht hatten.
Sie setzte sich ruckartig im Bett auf.
Ich bin stärker als er, dachte sie. Denn ich habe ihn zum Weinen gebracht.
***
A ls der Frühstücksraum geöffnet wurde, stand sie bereits davor und wartete. Sie hatte lange geduscht, zuerst heiß, sodass es dampfte, und dann eiskalt, als härtete sie sich für eine schwere Prüfung ab.
Der Gedanke daran, ihm heute wieder zu begegnen, bereitete ihr Bauchschmerzen. Aber zugleich war er auch verlockend.
Sie stellte sich ein Schälchen mit Frühstücksflakes, einen Becher Kaffee und ein Croissant aufs Tablett, griff sich eine Morgenzeitung und setzte sich an einen Ecktisch. Außer ihr waren noch ein paar weitere Gäste hereingekommen. Vor dem Buffet stand ein älterer Mann, der missmutig das Rührei auf seinem Teller betrachtete. Fatima fand, dass er wie ein trauriger Hund aussah. Zwei gut gekleidete Frauen in ihrem Alter setzten sich an einen Tisch am Fenster. Sie sahen aus, als arbeiteten sie bei einer Bank. Oder möglicherweise bei einer Versicherung.
Drei Nächte im Hotel reichen absolut, dachte Fatima. Heute Abend fahre ich zurück nach Ystad.
Aber zu wem?, fragte sie sich.
Überwältigt von einer plötzlichen Leere in der Brust, erstarrte sie mit vollem Mund.
Dort ist niemand, der mich braucht, dachte sie.
Dann ärgerte sie sich über sich selbst. Fatima, du dumme Gans. Du bist doch selbstbewusst. Du liebst es doch, allein zu sein und dich selbst um die Dinge zu kümmern, ohne dass irgendwelche Blödmänner ihren Senf dazugeben.
Sie schluckte ihren Kaffee so hastig herunter, dass sie ihn in die falsche Kehle bekam und husten musste. Die Bankerinnen schauten erstaunt auf. Fatima wischte sich den Mund mit einer Serviette ab und schlug dann rasch die Zeitung auf.
Die Verhaftung war natürlich die Topnachricht des Tages. Auf der Titelseite war ein Foto abgedruckt, auf dem Osama in einem Polizeiwagen sitzend vor dem Amtsgericht ankam. Es war von hinten aufgenommen worden. Osama war zwischen seinen Aufsehern zu erkennen. Im Text wurde er als « 28 -Jähriger» tituliert. Es wurden nur wenige Details genannt. Sein Strafverteidiger Nils Apelberg beschwerte sich darüber, keine Einzelheiten aus den Ermittlungen preisgeben zu dürfen, nahm sich jedoch die Freiheit festzustellen, dass die Beweislage gegen seinen Mandanten «äußerst dürftig» war. Apelberg wies die Reporter der Zeitung darauf hin, dass Osama in den Vernehmungen letztlich kein Geständnis abgelegt habe, auch wenn die Staatsanwältin offenbar davon ausgehe.
Am Vorabend hatte Fatima sich noch einmal die Aufnahme ihrer ersten Vernehmung von Osama angehört. Sie fand, dass ihre Stimme unsicher klang. Die Fragen kamen ihr wirr und unzusammenhängend vor. Ohne klare Linie. Und dennoch war es ihr gelungen, Osama aus der Fassung zu bringen.
«Am selben Tag, als ich hörte, dass Mårten Lindgren den Propheten geschmäht hat, habe ich Gott versprochen, ihn zu töten.»
Fatima bestrich ihr Croissant mit Marmelade und kaute nachdenklich, während sie auf die Straße hinausstarrte.
Sie sah ihn vor sich. Die dunklen Ringe unter seinen Augen, die von Müdigkeit zeugten. Der Gefühlssturm, der
Weitere Kostenlose Bücher