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Gottes Zorn (German Edition)

Gottes Zorn (German Edition)

Titel: Gottes Zorn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olle Lönnaeus
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wieder auf, auch wenn er nichts lieber wollte, als weiterhin in diesem dösenden Zustand zu schweben.
    «Als ich hier auf dem Sofa lag, bevor du kamst, habe ich geträumt», sagte er gedankenverloren.
    «Von mir?»
    Sie hob den Kopf ganz leicht an. Mit zerzausten Haaren, verschwitzt. Der Zitronenduft ihres Körpers hatte eine warme säuerliche Nuance angenommen. Sie streckte den Arm aus und zog die Decke über sie beide.
    «Nein. Eigentlich war es gar kein Traum. Eher eine Erinnerung. Sie ist mir in der letzten Zeit oft durch den Kopf gegangen.»
    «Aha …»
    Sie legte sich auf ihm zurecht, immer noch ganz entspannt.
    Für eine Sekunde kam ihm der Gedanke, dass er die Vergangenheit für eine Weile verdrängen und sich erneut dem Verlangen hingeben könnte. Doch dann merkte er, dass es zu spät war. Erstaunlicherweise schien Britt es ebenfalls zu spüren. Mit einem Seufzer zog sie die Decke an sich und kauerte sich in die Sofaecke.
    «Okay, erzähl!»
    Nackt auf dem Rücken liegend, suchte Joel nach Worten.
    «Johanna wollte Kinder. Aber ich hab mich nicht getraut. Wir stritten uns immer öfter darüber.»
    Er sah, dass Britt ein Gähnen unterdrückte, aber irgendwie spielte es keine Rolle.
    «Wir sind als Volontäre ins Westjordanland gefahren. Wir waren ja Lehrer. Konnten die palästinensischen Kinder in Englisch und so weiter unterrichten. Wir dachten, dass es uns wieder näher zusammenbringen würde.»
    «Aber dem war nicht so?»
    «Nein, im Gegenteil. Wir waren ein halbes Jahr lang weg. Und wenn ich daran zurückdenke, ist es jedes Mal dieselbe Erinnerung, die hochkommt.»
    Als Joel sah, dass sie ihm noch immer zuhörte, erzählte er ihr von der nächtlichen Autofahrt auf dem Feldweg mit den Schlaglöchern. Von dem Jungen im Scheinwerferlicht. Dem lauten Knall, als der Wagen auf Fleisch und Knochen prallte. Von seiner eigenen absoluten Hilflosigkeit.
    «Diese Augen des kleinen Jungen. Ich war davon überzeugt, dass ich ihn getötet hatte. Manchmal glaube ich immer noch, dass ich es getan habe.»
    «Aber du hast doch gesehen, dass er lebte.»
    Joel lachte freudlos auf. «Ja, aber ich konnte es trotzdem nicht glauben. Am Tag darauf war ich gezwungen, mit einer lebenden Ziege im Wagen den ganzen Weg zum Dorf wieder zurückzufahren. Die gesamte Verwandtschaft hat mich ausgelacht. Denn Johanna hatte ihnen ja Geld für eine ganze Ziegenherde gegeben.» Er sah Britt an. «Sie sagten, dass sie die Ziege Gott opfern wollten.»
    «Ihrem Gott? Oder deinem?»
    «Danach habe ich nicht gefragt.»
    Eine ganze Weile lang saß sie schweigend da und schaute zu ihm hinunter. Dann sagte sie: «Und warum erzählst du mir das alles?»
    «Vielleicht, weil ich sonst niemanden habe.»
    Sie stand so hastig vom Sofa auf und griff nach ihrer Kleidung auf dem Fußboden, als wäre ihr plötzlich eingefallen, dass sie es eilig hatte.
    «Weißt du, was ich glaube, was das alles zu bedeuten hat?», fragte sie, während sie sich ihren Slip anzog.
    «Nein?»
    «Dass du eine Wahnsinnsangst vor Kindern hast. Besonders vor kleinen Jungs.»
    «Was?»
    «Du hast dich nicht getraut, Kinder in die Welt zu setzen, weil du eine Scheißangst davor hast, ein ebenso schlechter Vater zu werden wie Mårten. Absolut verständlich, wenn du mich fragst. Aber diese Johanna sah das vielleicht anders.»
    Als sie sich die Jeans angezogen und den letzten Knopf ihrer Bluse zugeknöpft hatte, hielt sie inne. Mit einem Mal war ihr Gesichtsausdruck so voller Widersprüche, dass Joel ihn unmöglich deuten konnte.
    «Du brauchst es nicht zu bereuen, dass wir miteinander gevögelt haben», sagte sie. «Es hat keine weitere Bedeutung. Ich wollte nur wissen, wie es sich mit jemand anderem als Gunnar anfühlt.»
    Als Joel die Haustür zufallen hörte, war er noch immer nicht in der Lage, seinen nackten Körper mit der Decke zuzudecken.

Kapitel  15
    D ie Nacht ist still und kalt. So schwer und leblos, denkt die Frau und schaut durchs Fenster hinaus auf das Haus mit den dunklen Fenstern auf der anderen Seite vom Spielplatz. Kein einziger funkelnder Stern, kein übersprudelndes Leben wie zu Hause. Auch der Parkplatz liegt verlassen da. Sie zieht fröstelnd die Jalousien herunter.
    Es fällt ihr schwer, sich an die Kälte zu gewöhnen. Vielleicht sollte man den Hausmeister bitten, die Heizung etwas höher zu schalten? Wenn es denn einen gibt.
    Mit all dem Schnee sieht es sauber und schön aus.
    Aber die Einsamkeit.
    Wo sind nur all die Menschen?
    In der Wohnung ist es still. Die

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