Gottes Zorn (German Edition)
Gewisse Details gestattete sie sich jedoch auszulassen.
«Unser Auftrag besteht also in erster Linie darin, dieses Bild abzuholen?», fragte Eva Ström.
«Ja, so sieht es jedenfalls Bill Lundström.»
«Aber du nicht?»
«Tja, du hast es doch neulich selbst gesagt. Es könnte außer Osama Al-Din vielleicht noch mehr Leute geben, die ein Motiv hatten, Mårten Lindgren umzubringen.»
Als sie den Ort erreicht hatten und auf den Feldweg hinaus zu den Zwingern eingebogen waren, kam ihnen mit rasanter Geschwindigkeit ein Jeep entgegen.
«Verdammt!», rief Eva Ström aus und riss das Lenkrad herum, sodass der Wagen fast im Graben landete und eine Ladung Schneematsch auf die Windschutzscheibe spritzte. Fatima meinte, im anderen Wagen weiße flatternde Haare auszumachen.
«Verdammter Raser!»
Ström drehte sich um und starrte dem Jeep mit bösem Blick hinterher, der in Richtung Landstraße weiterraste.
«Verdammt, wir hätten das Blaulicht aufs Dach setzen und ihn verfolgen müssen.»
«Ich glaube, es war eine Frau», sagte Fatima.
«Dann war es Tatjana. Gorans russische Ehefrau.»
«Sie schien es jedenfalls eilig zu haben.»
«Gelinde ausgedrückt.»
Eva Ström legte den ersten Gang ein und steuerte den Wagen wieder auf den Weg.
«Ich erinnere mich daran, dass sie bei den Voruntersuchungen zum Verschwinden von Dragan Djelic ebenfalls vernommen wurde», sagte sie nachdenklich. «Es gingen diverse Gerüchte um, dass sie Goran mit Dragan betrogen hätte. Und dass nicht Mårten derjenige wäre, der ihn ertränkt hat. Sondern Goran seinen eigenen Bruder erschlagen hat.»
«Ein Eifersuchtsdrama?»
«Ja, so in der Art.»
Sobald der Wagen zum Stehen kam, hörten sie die Hunde bellen. Fatima warf ihrer Kollegin einen bangen Blick zu.
«Du kannst beruhigt sein. Ich bin ausgebildete Hundeführerin.»
Sie schlugen nahezu zeitgleich die Wagentüren hinter sich zu und schreckten einen Schwarm schwarzer Vögel auf den Bäumen auf. Das Tor im Bretterzaun stand offen. Fatima berührte mit der Hand eines der kalten morschen Bretter und betrachtete die tiefen Reifenspuren im Schnee, die mit schmutzigem Schmelzwasser gefüllt waren. Ein unangenehmer Geruch schlug ihnen entgegen. Mist, dass ich meine Pistole nicht dabeihabe, dachte Fatima, als sie sah, wie Eva Ström nach ihrem Holster unter der Lederjacke tastete.
Obwohl die Hunde unaufhörlich bellten, strahlte der Hof eine gespenstische Stille aus. Fatima erschauderte. Am Himmel hatten sich erneut bleifarbene Wolken aufgetürmt, die es fast so dunkel werden ließen wie bei einer Sonnenfinsternis.
In dem Augenblick, als sie durch das Tor traten, geschah alles unheimlich schnell.
Der Pitbull kam mit irrsinniger Kraft angeschossen. Er flog vollkommen lautlos geradewegs auf sie zu. Seine Muskeln strotzten vor Energie. Seine Kieferknochen lechzten förmlich danach, Knochen zu zerbrechen. Ein tödliches Projektil. Vor Schreck gelähmt, sah Fatima, wie ihre Kollegin die Waffe zog, den Arm hob und zielte.
Verdammt, gleich knallt es!
Doch statt eines Pistolenschusses hörten sie eine Donnerstimme über den Hof hallen. «Sitz!»
Hals über Kopf geriet der Hund vor lauter Eifer, seinem Herrchen zu gehorchen, ins Taumeln. Eine Sekunde später saß er wie erstarrt zwei Meter vor Fatima und Eva Ström laut bellend und geifernd auf dem Boden, wobei er furchteinflößende gelbe Reißzähne entblößte.
Ein Stück entfernt stand ein Hüne von einem Mann mit rasiertem Schädel und Militärjacke. Es herrschte kein Zweifel daran, dass es Goran Djelic war.
«Hat der euch etwa Angst eingejagt, Mädels?», fragte er grinsend.
«Sagen Sie Ihrem verdammten Köter, er soll aufhören zu bellen, ansonsten erschieß ich ihn!», rief Eva Ström, die noch immer breitbeinig dastand und mit beiden Händen die Pistole umfasste, den Lauf nach wie vor auf den Pitbull gerichtet.
Goran Djelic lachte lauthals dröhnend auf. «Keine Angst. Ich trainiere ihn gerade. Er macht genau, was ich sage.»
«Haben Sie nicht gehört, was ich gesagt habe?», schrie Eva Ström.
Das Gesicht des Serben verdunkelte sich. «Still, Arkan!», befahl er ihm schließlich. «Komm her!»
Der Hund jaulte ein letztes Mal und trottete dann zu seinem Herrchen zurück, das ihn in einen der leeren Zwinger sperrte.
Er sieht ihm ähnlich, dachte Fatima. Er sieht seinen eigenen Hunden ähnlich. Ihre Leiber und Muskeln sind dafür gebaut, extreme Gewalt auszuüben. Er riecht förmlich nach Blut. Sie hatte keinerlei
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