Gottes Zorn (German Edition)
antwortete Fatima zögernd. «Dass Mårten Lindgren nicht mehr lange zu leben hatte, müssen wir als Tatsache hinnehmen. Aber im Augenblick fällt es mir schwer, es als relevant für die Ermittlungen anzusehen.»
«So lautet auch meine Einschätzung», sagte Lundström.
In knappen Worten berichtete er ihr, dass sie am Vortag eine weitere ergebnislose Vernehmung mit Osama Al-Din abgehalten hatten. Als er danach auflegen wollte, hielt Fatima ihn zurück.
«Warten Sie, Bill! Eine Sache noch. Ich möchte, dass Sie eine Hausdurchsuchung erwirken.»
Am Rhythmus seiner Atmung hörte sie, dass es ihr ausnahmsweise einmal gelungen war, ihn zu überraschen.
«Und wo?»
«Bei einem Mann namens Goran Djelic. Er betreibt außerhalb von Lövestad eine Hundezucht. Er züchtet Kampfhunde.»
«Und warum um alles in der Welt sollten wir uns für ihn interessieren?»
Es war nicht zu überhören, dass es Bill Lundström nicht unbedingt gefiel, die Kontrolle über die Situation zu verlieren.
«Weil er eines von Mårten Lindgrens Schweinebildern zu Hause in seiner Putzkammer hat. Übrigens das einzige, von dem wir wissen, wo es sich befindet. Alle anderen sind ja verschwunden.»
Als sie keine unmittelbare Antwort erhielt, erzählte Fatima ihm ebenfalls von dem Gerücht, dass Mårten vor einiger Zeit Gorans Bruder erschlagen haben sollte und demnach die Vermutung im Raum stand, dass Goran Djelic möglicherweise Rache geübt hatte.
«Das sind doch alte Kamellen», sagte Bill Lundström. «Wir haben natürlich die Unterlagen zu den Voruntersuchungen eingeholt. Aber die basieren lediglich auf Gerüchten. Keine Leiche, kein Verbrechen. Wir haben nicht die geringste Ahnung, ob Dragan Djelic überhaupt ermordet wurde oder ob er einfach nach Südamerika ausgewandert ist.» Nach kurzem Zögern fuhr er fort: «Aber an diesem Bild sind wir natürlich interessiert. Doch ich möchte die Staatsanwältin lieber nicht einschalten. Wenn wir eine formale Hausdurchsuchung vornehmen, müssen wir mit einer Wahnsinns-Presse und allem Drum und Dran rechnen. Wir gehen es lieber unspektakulär an. Ich werde kurz bei Bernhardsson in Ystad anrufen und ihn bitten, jemanden zu beauftragen, der gemeinsam mit Ihnen einen Hausbesuch bei Goran Djelic vornimmt. First thing tomorrow. Aber danach möchte ich Sie hier in Malmö zurückhaben, Fatima. Denn Sie haben immerhin einen verdammt hartnäckigen Terroristen zu knacken.»
Noch bevor sie etwas entgegnen konnte, hatte er das Telefonat beendet.
Fatima warf ihr Handy auf den Beifahrersitz, ließ den Kopf gegen die Nackenstütze fallen und schloss die Augen.
Die prickelnde Energie, die sie im ganzen Körper verspürt hatte, als sie am Morgen aufwachte, war dabei zu verpuffen. Alles war plötzlich so unklar. Diese Ermittlungen waren mit nichts zu vergleichen, das sie zuvor erlebt hatte. Es gab so viele Fäden, so vieles, das umhertrieb wie Schlingpflanzen im trüben Wasser eines dunklen sumpfigen Sees.
Der Mord.
Und die Drohung.
Was war eigentlich aus ihrer Entdeckung geworden, dass jemand einen Terroranschlag auf die Öresundbrücke plante? Konnte man sich darauf verlassen, dass die Säpo daran arbeitete? Oder handelte es sich lediglich um irgendwelche Äußerungen, die ständig im Internet zirkulierten, Gerüchte, angesichts derer erfahrene Sicherheitspolizisten nur mit den Achseln zuckten? Vielleicht hat Bill doch recht, dachte sie. Vielleicht sollte man sich doch stärker auf eine Sache konzentrieren. Und zwar darauf, diesem aufgeblasenen Islamisten verdammt noch mal ein Geständnis abzuringen.
Sie zuckte zusammen, als es an der Scheibe klopfte. Joel Lindgren bedeutete ihr, sie herunterzulassen.
«Sind Sie immer noch da?»
Er zuckte mit den Achseln und wirkte verlegen. «Hatte nichts Besonderes vor. War es was Ernstes?»
«Was denn?»
«Ihr Telefonat. Sie haben ausgesehen, als hätten Sie eins auf den Deckel bekommen.»
«Spionieren Sie mir etwa nach?»
«Nein, ich habe nur auf Sie gewartet. Hab gedacht … Tja, zum Teufel, haben Sie Hunger?»
Sie überlegte. «Und worauf?»
Er schlug mit den Armen zur Seite aus, als handelte es sich um eine ziemlich blöde Frage.
«Frühstück. Mittagessen. Abendessen. Wie spät ist es denn?»
Genau jetzt, in diesem Augenblick, müsste ich ihm deutlich zu verstehen geben, dass es für mich als Polizistin absolut ausgeschlossen ist, auch nur einen Kaffee mit einem … tja, einer in terroristische Ermittlungen involvierten Person zu trinken, dachte
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