Gottes Zorn (German Edition)
Geräusch von sich, das seinen Kugelbauch zum Hüpfen brachte. Es sieht aus, als sei er schwanger, dachte Fatima. Joel warf ihm einen bösen Blick zu. Als Wetterström merkte, dass die beiden seinen Humor nicht teilten, hielt er inne und hustete angestrengt in seine Faust.
«Hm … Tja, im Hinblick darauf, dass wir es hier mit einer Repräsentantin der Staatsgewalt zu tun haben, deren Befugnisse ich nicht anzweifeln möchte, sowie dem engsten Angehörigen des Verstorbenen, kann ich keine Hinderungsgründe erkennen, was die Geheimhaltung betrifft. Wie Sie wahrscheinlich bereits wissen, war ich seit mehreren Jahren Mårtens Hausarzt.»
Er sank in seinen Sessel, tippte etwas in seinen Computer und lehnte sich dann mit den Händen im Nacken gefaltet zurück.
«Joel hat mir gerade sein Anliegen erklärt», sagte er an Fatima gewandt. «Ich nehme an, die Polizei möchte dasselbe wissen.»
«Vermutlich», meinte Fatima und legte das gelbe Rezept vor ihm auf den Schreibtisch.
«Setzen Sie sich!», forderte sie der Arzt auf.
Sie setzten sich, Joel auf denselben Stuhl, von dem er gerade aufgestanden war, und Fatima auf den Besucherstuhl daneben. Sie schielte zu ihm rüber. Das hier steht doch mit Sicherheit im Widerspruch zu jeglichen Polizeivorschriften, dachte sie.
Mit einer wichtigtuerischen Miene nahm Wetterström das Rezept zur Hand und beäugte es eingehend, als wollte er sichergehen, dass die Unterschrift nicht gefälscht war.
«Ich nehme an, Sie wissen, welches Präparat ich verordnet habe?», fragte er.
«Schmerzmittel», antwortete Fatima.
«Wogegen?», fragte Joel.
«Krebs», erklärte Wetterström.
Im Raum herrschte Stille. Der Allgemeinmediziner bemühte sich um eine mitfühlende Miene, was ihm allerdings nicht ganz gelang. Er deutete mit der Hand auf seinen Bildschirm.
«Hier ist Mårtens Krankheitsgeschichte aufgelistet. Im vergangenen Herbst habe ich ihn an den Onkologen in Ystad überwiesen. Dort wurden mehrere Röntgenbilder angefertigt. Aber leider haben wir den Krebs viel zu spät entdeckt. Er hatte sich bereits im ganzen Körper ausgebreitet. Im Bauchraum, in der Leber, im Lymphgewebe. Die Spezialisten waren der Meinung, dass es keinen Sinn mehr machte, quälende Behandlungen durchzuführen. Also haben sie ihn zu mir zurückgeschickt. Doch das Einzige, was ich tun konnte, war, ihm schmerzstillende Medikamente zu verordnen, damit er nicht allzu sehr litt. Bei seinem letzten Besuch gab ich ihm noch maximal vier Monate.»
«Scheiße», seufzte Joel.
«Ja, so kann man es auch ausdrücken», pflichtete Wetterström ihm bei.
***
S obald Fatima auf den Parkplatz hinauskam und sich ins Auto gesetzt hatte, rief sie Bill Lundström an. Es war höchste Zeit. Bereits nach dem zweiten Klingeln meldete er sich: «Hej, Fatima, wie geht’s?»
«Gut, Sie haben doch meine Nachricht bekommen, oder?»
«Ja …»
«Eigentlich hätte ich schon gestern anrufen müssen, aber ich war so unglaublich müde. Wie dem auch sei, wir haben gestern ein Rezept in Mårten Lindgrens Haus gefunden. Die Techniker müssen es übersehen haben.»
«Wir …?», unterbrach er sie.
In seiner Stimme klang eine unangenehme Skepsis mit, die Fatima an ihm noch nicht kannte.
«Ja also, ich habe Joel dorthin mitgenommen. Das hatten wir doch so abgesprochen, oder nicht? Er war übrigens derjenige, der das Rezept gefunden hat. Es war aus einer alten Kommode im Schlafzimmer herausgefallen. Und heute habe ich den Arzt aufgesucht, der es ausgestellt hat.»
Fatima vermied es sorgfältig, noch einmal «wir» zu sagen.
«Über ein Schmerzmittel», erklärte Bill Lundström.
«Wie bitte?»
«Er bekam ein Schmerzmittel. Er hatte ja Krebs im ganzen Körper.»
«Aber wie …?»
«Ich habe gestern das Gutachten des Rechtsmediziners von der Obduktion erhalten. Mårten Lindgren war unheilbar krank. Sie glauben, dass er maximal noch ein paar Monate zu leben gehabt hätte.»
«Aha», sagte Fatima leicht enttäuscht. «Dann wissen Sie es also bereits …»
«Ja», entgegnete Bill Lundström. Er klang in einer Art und Weise kühl, die Fatima unsicher machte. «Hat das einen Einfluss auf unsere Einschätzungen?»
Sie dachte lange nach. Währenddessen konnte sie am anderen Ende der Leitung jemanden sprechen hören. Es klang, als wollte Lundström antworten, doch dann verschwand seine Stimme in einem Rauschen, als hätte er die Hand über die Muschel gelegt. Kurz darauf war er wieder zu hören.
«Was meinen Sie?»
«Eigentlich nicht»,
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