Gottesfluch: Thriller (German Edition)
selbst. Aber die Kontrolle über den Berg hat Moshe Dayan ziemlich schnell wieder an die Moslems abgegeben.«
»Warum um alles in der Welt hat er das gemacht?«
»Dayan war damals Verteidigungsminister, also war es seine Entscheidung. Man kann sogar begründen, dass es die richtige Entscheidung gewesen ist. Der Tempelberg war bereits vom Felsendom und der Al-Aqsa-Moschee belegt, zwei der heiligsten Stätten des Islam. Hätte Israel die Kontrolle über den Berg behalten, wäre sofort ein enormer Druck entstanden, diese Gebäude zu vernichten, damit der Dritte Tempel erbaut werden kann. Und wären wir dieser Forderung gefolgt, hätten wir mit größter Wahrscheinlichkeit einen Krieg mit der gesamten moslemischen Welt vom Zaun gebrochen – einen Krieg, den wir vermutlich nie gewonnen hätten. Mit seiner Entscheidung hat Dayan damals zumindest ein gewisses Maß an Frieden erreicht oder wenigstens die Hoffnung darauf.«
Er seufzte, und Bronson wusste, dass er an die schrecklichen Unruhen der jüngsten Zeit und die endlosen Kämpfe zwischen Palästinensern und Israelis dachte.
Angela beugte sich vor und betrachtete Ben Halevi aufmerksam.
»Und zuletzt, Yosef, was sagen Sie zu der Kupfernen Schriftrolle? Glauben Sie, dass es sich wirklich um eine Liste mit versteckten Schätzen handelt, oder halten Sie das für einen Scherz?«
Der Israeli lächelte ein wenig. »Diese Frage ist für mich leicht zu beantworten«, sagte er. »Ich glaube, die meisten Forscher begnügen sich mit der Aussage, dass die Kupferne Schriftrolle eine echte Auflistung von echten Schätzen beinhaltet. Ebenso herrscht die Meinung vor, damals wäre nur beabsichtigt worden, die Verstecke dieser Schätze für eine kurze Zeit aufzuzeichnen, weil man plante, diese Schätze innerhalb von Monaten oder spätestens innerhalb weniger Jahre wieder zu bergen. Aber wenn dies damals beabsichtigt war, warum haben die Verfasser der Schriftrolle es nicht auf Papyrus geschrieben? Warum haben sie derartig viel Mühe und Zeit in die Herstellung eines Dokumentes investiert, das offensichtlich für die Ewigkeit geeignet war, wenn doch der Text, den sie darauf notierten, nur ein paar Jahre überdauern sollte?
Und falls diese Kupferne Schriftrolle tatsächlich eine echte Liste ist, würde es bedeuten, dass die Anspielung auf ein weiteres Dokument, die sogenannte Silberne Schriftrolle, ebenso echt ist. Was der Theorie des kurzfristigen Verstecks einen weiteren herben Schlag versetzt. Warum sollte man die Kupferne Schriftrolle und eine zweite Schriftrolle, möglicherweise aus Silber, herstellen, um etwas derart Kurzzeitiges aufzuzeichnen? Bis jetzt konnte noch niemand überzeugende Argumente zu diesen Widersprüchen liefern.
Der einzige glaubwürdige Ansatz, den ich kenne, geht davon aus, dass die beiden Schriftrollen zusammen gelesen werden müssen, damit man den Inhalt aufschlüsseln kann. Mit anderen Worten: Die Silberne Schriftrolle könnte die Gegend des Verstecks eindeutig markieren, und die genaueren Angaben auf der Kupfernen Schriftrolle könnten direkt zum Versteck führen. In diesem Fall wäre es natürlich sinnvoll, die beiden Schriftrollen an verschiedenen Orten zu verstecken; und genau das hat man ja auch getan, wie wir wissen. Denn nirgendwo in der Nähe von Qumran wurde so etwas wie eine Silberne Schriftrolle gefunden.«
Bronson und Angela wechselten einen vielsagenden Blick. Das war im Prinzip die Bestätigung dessen, was sie aus den Inschriften der Tontafeln abgeleitet hatten.
»Bis zu einem gewissen Punkt«, schloss Ben Halevi, »wird dieser Streit von der Tatsache angeheizt, dass die Kupferne Schriftrolle eigentlich nicht wirklich versteckt gewesen ist; man hat sie zusammen mit vielen anderen Schriftrollen einfach nur in einer Höhle abgelegt. Und weiterhin soll auf dieser Rolle tatsächlich erwähnt sein, dass die Silberne Schriftrolle sehr gut versteckt worden ist. Also, Sie fragen mich, ob sie existiert? Ich habe keine Ahnung, aber wir wissen, dass die Kupferne Schriftrolle existiert, und es herrscht Einigkeit darüber, dass dieses Relikt echt ist. Deshalb glaube ich, es könnte sehr gut ein zweites Dokument geben, eine weitere Schriftrolle, die ebenfalls irgendwo versteckt ist. Bedauerlicherweise haben wir nicht die geringste Ahnung, wo das sein könnte.«
Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr, stand auf, schüttelte Bronson die Hand und küsste Angela auf die Wangen. »Es ist schon spät, und ich muss morgen arbeiten«, erklärte er. »Wenn
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