Gottesfluch: Thriller (German Edition)
ihrer wichtigsten Wasserquelle, die wir gerade vor uns haben. Denn sie befand sich hier am Kidrontal, ein ganzes Stück außerhalb der Mauern Jerusalems. Also würde eine Belagerung, damals die übliche militärische Vorgehensweise, immer mit dem Fall der Stadt enden, weil die Wasservorräte irgendwann zur Neige gehen mussten.
In der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts entdeckte ein amerikanischer Gelehrter namens Edward Robinson dieses Bauwerk, den Hiskija-Tunnel. Er war nach dem Herrscher von Judäa benannt, der ihn etwa 700 vor Christus erbaut hatte. Man nennt ihn auch den Shiloah-Tunnel, weil er von der Gihon-Quelle bis zum Shiloah-Teich verläuft. Der Tunnel war ganz offensichtlich als Aquädukt geplant und sollte das Wasser in die Stadt transportieren. Er ist mehr oder weniger S-förmig angelegt, etwa eine Drittelmeile lang und weist über die gesamte Strecke ein Gefälle von etwas unter einem Grad auf. Dadurch fließt das Wasser in die richtige Richtung.
Ihn zu erbauen war eine technische Meisterleistung angesichts der Werkzeuge, über welche die Bewohner der Stadt verfügten. Aktuelle Theorien gehen davon aus, dass der Tunnel ursprünglich aus einer Höhle entstand, die fast den ganzen Weg von der Quelle bis zur Stadt reichte. An einem Ende des Tunnels hat man eine Inschrift gefunden, auf der berichtet wird, dass er von zwei Teams von Arbeitern erbaut wurde, die an den entgegengesetzten Enden begonnen hatten. Dann wurde die Quelle blockiert, und das umgeleitete Wasser floss nach Jerusalem. So lautet im Wesentlichen die Legende, die im Großen und Ganzen mit dem übereinstimmt, was die Bibel behauptet.
Aber im Jahr 1867 hat Charles Warren, ein britischer Armeeoffizier, den Hiskija-Tunnel erforscht und ein anderes, viel älteres Bauwerk entdeckt, das man Warrens Schacht nennt. Es besteht aus einem weit kürzeren Tunnelsystem, das innerhalb der Stadtmauern begann und in einem vertikalen Schacht unmittelbar über dem Hiskija-Tunnel in der Nähe der Gihon-Quelle endete, und ermöglichte den Einwohnern, Eimer an Seilen ins Wasser herabzulassen und es zu schöpfen, ohne sich außerhalb der Mauern bewegen zu müssen. Die genaue Datierung ist recht schwierig, aber man vermutet, dass dieses System etwa im zehnten Jahrhundert vor Christus gebaut wurde.«
»Wow.« Bronson war beeindruckt. »Vor dreitausend Jahren … das ist verdammt alt. Und ich vermute, du hast vor, das ganze System gründlich zu erforschen.« Er musterte wenig begeistert den dunklen Eingang zur Quelle. »Bringen wir es hinter uns. Du meintest, es wird nass werden?«
»Genau deshalb tragen wir diese Klamotten. Das hier ist nicht irgendein gewöhnlicher feuchter Tunnel. Das ist wirklich ein Aquädukt. Im besten Fall müssen wir waten, und wenn es wirklich tief wird, müssen wir vielleicht sogar schwimmen.«
»Fantastisch«, knurrte Bronson und machte sich auf den Weg zur Treppe.
Sie gingen die Steinstufen hinunter, durch den Bogengang und blieben dann ein paar Sekunden stehen, bis sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten.
»Sieht ziemlich tief aus«, meinte Bronson und starrte in das Wasser, das in dem dämmrigen Licht der Höhle fast schwarz wirkte. »Und verdammt kalt«, setzte er hinzu.
Er öffnete den wasserdichten Beutel und nahm die beiden Taschenlampen heraus. Nachdem er sich überzeugt hatte, dass beide funktionierten, gab er eine Angela und verschloss den Beutel, der jetzt noch die Reservebatterien enthielt, wieder.
»Ich hoffe, der Kerl in dem Laden hatte recht mit seiner Behauptung, die Lampen wären wasserdicht«, sagte er.
»Solange eine von ihnen funktioniert, kommen wir schon klar. Es gibt keine Abzweigungen, also müssen wir einfach nur dem Tunnel folgen, bis wir am anderen Ende angekommen sind.«
»Erklär mir noch mal, was wir deiner Meinung nach hier finden könnten.«
»Also gut. Dieser Tunnel war bereits fast achthundert Jahre alt, als die Sicarii nach einem Platz suchten, wo sie die Silberne Schriftrolle verstecken konnten«, begann Angela. »Ich glaube, der Verweis auf eine Zisterne in der Inschrift der Tontafel könnte bedeuten, dass sie die Schriftrolle hier versteckt haben. Also suchen wir nach irgendwelchen Spalten im Felsen, in denen man etwas verbergen könnte, oder nach irgendwelchen Höhlen oder Hohlräumen, die möglicherweise von den Sicarii ausgeschlagen wurden. Wenn die Schriftrolle tatsächlich irgendwo hier in diesem Tunnel ist, dann haben die Archäologen sie hoffentlich übersehen, weil
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