Gottesfluch: Thriller (German Edition)
»das ist die Übersetzung aus dem Aramäischen.«
Bronson nahm das Din-A4-Blatt entgegen und überflog rasch die Liste von etwa einem halben Dutzend Wörter.
»Ich verstehe, was du meinst«, sagte er und betrachtete den Text dann genauer. »Glaubte Baverstock auch, dass das eingraviert sein könnte?«
»Nein, denn zu seinem Fachgebiet gehören alte Sprachen, keine alten Codes. Das ist aber etwas, worüber ich Bescheid weiß. Die gute Neuigkeit ist, dass wir es mit einem etwa zweitausend Jahre alten Objekt zu tun haben. Gut deshalb, weil aus dieser Epoche nur sehr wenige Beispiele von Codes und Chiffren bekannt sind, und diejenigen, die wir kennen, sind meist sehr, sehr einfach. Der bekannteste war vermutlich die Caesar-Chiffre, die angeblich von Julius Caesar im ersten Jahrhundert vor Christus genutzt wurde, um mit seinen Generälen zu kommunizieren. Es ist im Grunde eine monoalphabetische Ersetzungschiffre.«
Bronson seufzte. Er wusste, dass Angela während eines Projektes am Museum Recherchen über Kryptologie angestellt hatte. »Vergiss nicht, dass ich nur ein einfacher Bulle bin. Du bist die Schlaue von uns beiden.«
Angela lachte. »Warum glaube ich dir das nicht?« Sie holte tief Luft. »Wenn man eine Caesar-Chiffre benutzt, schreibt man die Nachricht erst ganz normal auf, wendet dann die Verschiebung des Alphabetes an, die man ausgesucht hat, und schreibt anschließend die codierte Nachricht auf.«
Bronson sah sie immer noch verständnislos an, also schob Angela ihren leeren Teller zur Seite und nahm ein Stück Papier und einen Kugelschreiber aus ihrer Handtasche.
»Ich gebe dir ein Beispiel. Sagen wir, deine Botschaft lautet ›Geht weiter‹«, erklärte sie, während sie die Wörter in Großbuchstaben auf das Papier schrieb, »und die Verschiebung lautet drei nach links. Dann schreibst du das Alphabet nieder und notierst es anschließend noch einmal darunter, aber diesmal verschiebst du jeden Buchstaben drei Positionen nach links, eine sogenannte Linksrotation um drei. Also findest du das ›A‹ direkt über dem ›D‹, das ›B‹ direkt über dem ›E‹ usw. In dem Fall würde die verschlüsselte Botschaft ›Geht weiter‹ lauten ›Jhkw zhlwhu‹. Das Problem dieser Methode ist natürlich, dass für jeden Buchstaben in dem einfachen Text derselbe verschlüsselte Buchstabe in der codierte Nachricht erscheint. Also tauchen in diesem Beispiel, das nur aus zwei Wörtern besteht, die Buchstaben ›h‹ und ›w‹ wiederholt auf. Jemand, der versucht, die Nachricht zu entschlüsseln, kann dafür eine Häufigkeitsanalyse benutzen.«
Sie sah Bronson hoffnungsvoll an, der jedoch erneut den Kopf schüttelte. »Tut mir leid, das wirst du mir wohl auch erklären müssen.«
»Also gut«, sagte Angela. »Die Häufigkeitsanalyse ist eine einfache Methode, um einen primitiven Code zu entschlüsseln. Nehmen wir einmal die englische Sprache. Die zwölf häufigsten Buchstaben im Englischen sind – in der entsprechenden Reihenfolge – E, T, A, O, I, N, S, H, R, D, L und U. Ich habe mir das in zwei Wörtern eingeprägt – ›ETAOIN SHRDLU‹. Und du kennst sicher das berühmteste Beispiel für eine Caesar-Chiffre.«
»Tu ich das?« Bronson schüttelte wieder verständnislos den Kopf. »Hilf mir auf die Sprünge.«
»2001«, erwiderte Angela und lehnte sich zurück. »2001 – Odyssee im Weltraum. Der Science-Fiction-Film«, fügte sie hinzu.
Bronson runzelte die Stirn, doch dann hellte sich seine Miene auf. »Ich hab’s«, sagte er. »Die Filmemacher wollten nicht das Akronym ›IBM‹ für den Computer auf dem Raumschiff benutzen, also haben sie sich den Namen ›HAL‹ ausgedacht, der, wenn ich dich richtig verstanden habe, eine Caesar-Chiffre mit einer Rechtsrotation von eins ist.«
»Genau. Und es gibt noch ein anderes, ziemlich merkwürdiges Beispiel«, fuhr Angela fort. »Das französische ›oui‹ wird das englische ›yes‹, wenn man eine Linksrotation von zehn anwendet.«
»Glaubst du, dass bei der Tontafel so etwas angewendet worden ist?«
»Nein«, gab Angela zurück. »Und zwar aus einem ganz einfachen Grund: Wir können die aramäischen Wörter auf der Tontafel lesen. Eines der offenkundigen Probleme mit einer Caesar-Chiffre ist, dass jedes Wort des verschlüsselten Textes vollkommen sinnlos ist und somit geradezu darauf verweist, dass die Botschaft verschlüsselt ist. Das ist hier eindeutig nicht der Fall.«
»Und was ist mit anderen Chiffren?«, wollte Bronson wissen.
»Du
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