Gottesfluch: Thriller (German Edition)
Asphaltsee. Das ist ein ziemlich merkwürdiger Name für ein Wasserreservoir, und es hat ihn deshalb bekommen, weil große Klumpen von Bitumen beziehungsweise Asphalt aus dem Wasser gefischt werden konnten.«
»Du meinst mit Bitumen und Asphalt das Zeug, das man beim Straßenbau benutzt? Diese schwarze, klebrige Substanz, die alles zusammenhält? Für was um alles in der Welt hat man das vor zweitausend Jahren benutzt?«
»Für eine seefahrende Nation war es lebenswichtig, weil sie damit die Rümpfe ihrer Schiffe kalfatern konnte, um sie wasserdicht zu machen. Aber Hauptkunden für das Bitumen aus dem Toten Meer waren die Ägypter, und sie hatten eine ganz andere Verwendung dafür.«
»Nämlich welche?«, fragte Bronson.
»Während des Einbalsamierungsprozesses wurde der Schädel mit geschmolzenem Bitumen und aromatischen Trauben gefüllt. Wenn man bedenkt, dass etwa 300 vor Christus die Bevölkerung von Ägypten fast sieben Millionen Menschen betrug, kannst du dir vorstellen, dass eine Menge Balsamierungen stattfanden und der Handel mit Bitumen äußerst lukrativ war. Glaub mir, das hier war ein wirklich sehr wichtiger Teil von Judäa.«
Bronson sah sich in der fremdartigen Gegend um. Er konnte kaum glauben, was Angela ihm erzählte. Seinem prüfenden Blick erschien Qumran als eine Landschaft aus Steintrümmern, von denen einige wohl einmal Mauern gebildet hatten. Dann dachte er an die turbulente Geschichte dieser Region, an die schrecklichen Entbehrungen, die die Essener vermutlich hatten hinnehmen müssen, als sie versuchten, mit der extremen Hitze, dem Mangel an frischem Wasser und dieser Gegend, die so ziemlich die feindseligste auf dem ganzen Planeten sein musste, fertig zu werden.
Er fand Qumran und die gesamte Umgebung ungeachtet des strahlenden Sonnenscheins bedrohlich, auf irgendeine unerklärliche Art und Weise möglicherweise sogar gefährlich. Bei diesem Gedanken fröstelte ihn trotz der glühenden Hitze.
»Ich bin jederzeit bereit, hier zu verschwinden und mich wieder in die tröstlichen Arme der Zivilisation zu flüchten«, erklärte er.
Angela runzelte die Stirn und legte ihre Hand auf seinen Arm. »Ich weiß genau, wie du dich fühlst … mir gefällt dieser Ort auch nicht sonderlich. Aber bevor wir hier weggehen, würde ich gerne einen kurzen Blick in ein oder zwei dieser Höhlen werfen – wenn du nichts dagegen hast.«
»Muss das wirklich sein?«
»Geh ruhig zum Wagen zurück und wirf die Klimaanlage an, wenn du magst, aber ich gehe noch ein Stück weiter. Ich habe viel über diese Höhlen und die Schriftrollen vom Toten Meer gelesen, und ein sehr großer Teil meiner Arbeit hat mit diesem Gebiet zu tun, doch erst jetzt kann ich so eine uralte judäische Siedlung wirklich besuchen. Wir sind so weit gereist – und jetzt bin ich fest entschlossen, einen Blick in ein paar dieser Höhlen zu werfen. Ich will einfach nur herausfinden, wie sie aussehen. Ich brauche nicht lange, Chris, das verspreche ich dir.«
Bronson seufzte. »Ich habe ganz vergessen, wie entschlossen du sein kannst«, sagte er lächelnd. »Ich komme mit. Es tut bestimmt ganz gut, ein bisschen aus der Sonne herauszukommen, selbst wenn ich dafür in eine Höhle muss.«
53
Yacoub hielt das Handy an sein Ohr und hörte Hassan zu, der ihm einen aktuellen Bericht darüber gab, wie er Bronson und Angela in der alten Siedlung beschattete. Obwohl er an die hohen Temperaturen von Marokko gewöhnt war, fand Yacoub die Hitze hier bedrückend. Er trug das dünnste Jackett und die dünnste Hose, die er hatte finden können, aber eine Djellaba und eine Kufiya hätte er jetzt vorgezogen. Doch diese Bekleidung hätte ihnen als Araber gekennzeichnet, und das wollte er in Israel lieber vermeiden, um keine ungewollte Aufmerksamkeit zu erregen.
»Sie benehmen sich wie Touristen«, berichtete Hassan. »Sie laufen in den Ruinen herum, aber wie es aussieht, wollen sie jetzt aufbrechen.«
Ein paar Sekunden herrschte Schweigen, dann redete der Mann weiter. »Nein, sie gehen nicht zum Parkplatz. Ich glaube, sie gehen zu den Höhlen.«
»Genau«, erwiderte Yacoub. »Auf meiner Tontafel fand sich ein Verweis auf Qumran, also ist es durchaus möglich, dass sie glauben, die Relikte wären irgendwo hier verborgen. Folge ihnen und versuch, ihnen so nahe zu kommen, dass du hörst, was sie sagen. Wenn sie in eine Höhle gehen, bleib an ihnen dran, es sei denn, sie wäre wirklich klein. Tu so, als wärst du einfach nur ein Tourist. Sie kennen dein
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