Gottesgericht
werde mit Karl darüber reden müssen«, sagte Debbie. »Kannst du warten?«
Jane sah auf die Küchenuhr. Karl würde frühestens in einer Stunde nach Hause kommen. »Könntest du ihn anrufen? Außer dass ich Orhun Bescheid sagen muss, müssten wir auch noch Kleidung und alles zusammensuchen. Und uns mit einer Bande aufgeregter Kinder herumschlagen.«
»Aber fliegst du nicht auf jeden Fall? Mit Scott und Bethann, meine ich?«
Jane schüttelte den Kopf. »Nicht, wenn deine nicht mitkommen. Sie haben immer alles so nett geteilt … ich würde mich freuen, wenn die vier das zusammen genießen könnten. Und ich denke, Karen wird froh sein, wenn noch ein Mädchen in ihrem Alter dabei ist.«
Debbie grinste. »Es ist nicht so dein Ding, oder?«
»Du meinst Disneyland?« Jane schüttelte den Kopf und kicherte. »Ich werde jede Minute dort hassen. Aber natürlich werde ich mir nichts anmerken lassen.«
Während sie wartete, bis der Reis, den sie kochte, fertig war, lümmelte sich Jane in einen Sessel im Wohnzimmer und ging die SMS und E-Mails auf ihrem iPhone durch. Perselli hatte Wort gehalten und ihr einen Anhang geschickt. Da sie nichts Besseres zu tun hatte, öffnete sie ihn und las den Entwurf von Adelmo Celanis Artikel.
1997 wurde einem italienischen Offizier, der bei einer Militärmission der EU in Albanien arbeitete, eine Sammlung antiker Dokumente angeboten. Die Italiener leiteten eine multinationale Einsatztruppe zum Schutz humanitärer Operationen, nachdem eine Reihe von Finanzbetrügereien, auf die große Teile der Bevölkerung hereingefallen waren, das Land in Anarchie zu stürzen drohte. Die Handschriften waren im Besitz einer Familie, die durch ein Schneeballsystem ein Vermögen verloren hatte. Der Offizier, an den sie herantraten, besaß zwar nicht die Kompetenz, den historischen oder sonstigen Wert der Sammlung beurteilen zu können, war dessen ungeachtet jedoch überzeugt, sie müsse etwas wert sein, und sorgte für eine Entschädigung der Familie.
Das Geschäft wurde über Mittelsmänner abgewickelt, und es gab keinen Herkunftsnachweis für die Sammlung, außer dass sie aus Material bestand, das ursprünglich in der Hand religiöser Institutionen gewesen war und bei den kommunistischen Verfolgungen in den 1940er-Jahren beschlagnahmt wurde. Während der nächsten Jahre wurde sie im Hauptquartier des Generalstabs der Armee in Rom gelagert, während EU -Bürokraten zu entscheiden versuchten, wer sie besitzen oder als Kurator betreuen sollte.
Während dieser Zeit wurde Dr. Luca Battelli, ein Freund von mir, der in den Archiven des Vatikans arbeitet, hinzugerufen, um die Dokumente zu beurteilen, und er entdeckte, dass einige von ihnen byzantinischen Ursprungs waren und bis ins 8. Jahrhundert zurückreichten. Eines davon war der aus zwei Seiten bestehende Rest eines umfangreicheren griechischen Manuskripts, das die Reisen eines ungenannten Mönchs aufzeichnete.
Dr. Battelli war vertraut mit der Arbeit über die Vision des Gorman von Marco Perselli und mir und lud mich deshalb zu einer Begutachtung der Seiten ein.
Die erste Seite beschreibt den Mönch als einen alten Schreiber, der seinen Lebensabend mit anderen Mönchen in einer Ansammlung von Höhlenbehausungen verbringt, der als Laura bekannten Form der Einsiedelei. Der Erzähler, der ein jüngerer Mann zu sein scheint, schildert, dass die Höhlen am Rand eines Dorfs lagen und auf einen ausgetrockneten See blickten, was dem alternden Reisenden angemessen erschien, da es ihn an die vielen Wüsten erinnerte, die er im Laufe seines Lebens durchquert hatte.
Auf der zweiten Seite gab es noch zwingendere Beweise, wer der alte Schreiber gewesen sein könnte. Dort wird berichtet, wie er als junger Mann den Nil hinaufsegelte und anschließend durch einen Kanal, der den Fluss mit dem Roten Meer verband – dieser Süßwasserkanal wurde Ende des 8. Jahrhunderts verschüttet. Sein Ziel war das »heilige und herrschaftliche« Kloster auf dem Berg Sinai – das Katharinenkloster –, wo er als Schreiber arbeitete, ehe er seine Reisen nach Babylon, Persien und darüber hinaus fortsetzte, um schließlich in Konstantinopel zu landen. Dem Erzähler zufolge war der einzige Besitz des alten Mannes eine Ikone, von der er behauptete, sie würde das Ende der menschlichen Geschichte ankündigen.
Konnte das ein Bericht über die letzten Tage im Leben des irischen Propheten und Mönchs Gorman sein? Wenn man weiß, dass er auf der Höhe der Bildersturm-Kontroverse im 8.
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