Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gottesgericht

Gottesgericht

Titel: Gottesgericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
Vom Netzwerk:
Aber natürlich wollen sie auf keinen Fall etwas infrage stellen, was der Prophet selbst tatsächlich zugebilligt hat.«
    »Hm.« Jane dachte darüber nach. »Aber wenn sie wirklich islamische Fanatiker wären, die sich als Christen ausgeben, hätten sie nie so verächtlich von anderen Islamisten gesprochen und sie als Feiglinge und so bezeichnet, oder?«
    »Da haben Sie recht, das klingt unwahrscheinlich.«
    »Was ist die andere Forderung?«
    »Sie hat mit etwas zu tun, das sich Zeitbüchse nennt und in einem Verzeichnis mechanischer Geräte aus dem 9. Jahrhundert vorkommt. Ich stelle es mir als eine Art Uhr oder astronomische Rechenmaschine vor. Und ehe Sie fragen, ich habe keine Ahnung, ob es noch existiert. Aber ich bezweifle …«
    Orhuns Handy läutete. Er sah auf das Display und bedeutete Jane, still zu sein, ehe er sich meldete.
    Hauptsächlich sprach der Botschafter, Orhun streute nur gelegentlich ein Wort auf Türkisch ein und nickte. Aber sein Gesichtsausdruck änderte sich nie, sodass Jane, als das Gespräch nach kaum mehr als einer Minute beendet war, nicht sagen konnte, ob es sich um eine gute oder schlechte Nachricht gehandelt hatte.
    Orhun blickte aus dem Fenster und sagte nichts.
    »Und?«, fragte sie schließlich. »Wollen Sie es mir verraten?«
    »Ach so – bitte entschuldigen Sie«, sagte er, aus seiner Träumerei gerissen. »Ich war kurz in Gedanken.« Er wandte den Kopf und sah sie an. »Ja, die Zeremonie wird wie geplant stattfinden. Die Türkei wird der EU doch noch beitreten.«
    »Also eine gute Nachricht.«
    »Es gibt leider auch eine weniger gute. Eine kleine Flotte der israelischen Marine hat gerade Haifa verlassen und nimmt Kurs nach Norden.«
    »Das ist …«
    »Ja, Jane. In Richtung Türkei.«

21
    Zum zweiten Mal in weniger als einem Monat war Jane auf einem Friedhof. Doch dieses Mal als Trauernde. Sie erkannte Lavelles Schwester Mary, die am Grab stand. Ihr Mann Paul hatte den Arm um seine Frau gelegt, und trotz ihres langen Mantels lehnte sie sich zum Schutz vor dem scharfen Wind, der vom Meer her blies, an ihn.
    Eine junge Frau hatte sich auf der anderen Seite bei Mary untergehakt; die beiden sahen sich verblüffend ähnlich in ihrer Trauer. Jane nahm an, dass dies Cliona war, mit der sie am Telefon kurz gesprochen hatte. Ein paar Jungs im Teenageralter vervollständigten die Familiengruppe.
    Lavelles übrige Geschwister und ihre Familien waren auf der anderen Seite des Grabs versammelt und murmelten ihre Antworten auf das Rosenkranzgebet. Hier und dort entdeckte Jane unter den Jüngeren Ähnlichkeiten mit Lavelle. Es waren die Nichten und Neffen, die er so geliebt hatte, und sein Tod schien sie aufrichtig zu berühren. Ebenso wie mehrere der ernst dreinblickenden Priester in der Menge.
    Mary hatte am Vortag angerufen und ihr die Nachricht mitgeteilt, kurz nach der letzten Sendung der Woche. Sie erklärte, dass Lavelle am Wochenende wegen Nierenversagens in die Klinik gekommen war. Sein Zustand hatte sich danach rapide verschlechtert, und er war am späten Mittwochabend gestorben. »Mein Gott, Jane, er war erst zweiundfünfzig …«, hatte Mary unter Schluchzen gesagt.
    Da sie keinen Babysitter bekommen konnte und die Kinder nicht schon wieder bei Debbie lassen wollte, hatte Jane beschlossen, sie zur Beerdigung mitzunehmen. Sie musste sich jedoch zwischen Messe und Friedhof entscheiden – beides zusammen hätte den Kleinen zu viel an Durchhaltevermögen abverlangt. Deshalb war sie zum Friedhof gefahren und hatte gewartet, bis der Trauerzug eintraf.
    Da Jane Protestantin war, kannte sie die Antworten auf das Rosenkranzgebet nicht; deshalb stand sie nur mit gesenktem Kopf da und beobachtete, wie sich Blüten von einer nahen Weißdornhecke an den grauen Umrandungen der Gräber sammelten wie Streifen von Schaum auf dem Meer.
    Das Rosenkranzgebet bildete den Abschluss der Feier, und als es vorbei war, begann sich die Menge langsam aufzulösen. Jane steuerte dagegen auf die Familie zu und reichte Mary die Hand.
    »Jane Wade. Es tut mir so leid.«
    Mary brachte ein mattes Lächeln zustande, ihr Haar flatterte im Wind. »Danke, dass Sie gekommen sind, Jane.« Sie schaute auf die beiden verwirrt dreinblickenden Kinder, die sich an Janes Beine klammerten. »Was für hübsche Kinder.« Dann sah sie Jane wieder an. »Sie können sie mir nachher im Pub vorstellen. Sie kommen doch noch mit, um etwas zu essen, oder?«
    »Äh …« Jane hatte eigentlich nur vorgehabt, auf den Friedhof zu

Weitere Kostenlose Bücher