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Gottesgericht

Gottesgericht

Titel: Gottesgericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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eine SMS wäre nicht infrage gekommen?«
    Orhun schwieg einen Moment. »Sie haben recht«, sagte er dann. »Es war gedankenlos von mir, tut mir leid.«
    »Gut, dann lassen wir das jetzt. Wird die Beitrittszeremonie stattfinden?«
    »Ich glaube ja, aber ich warte noch auf die Bestätigung durch den Botschafter. Er nimmt in diesem Augenblick an einer Sitzung im Dublin Castle teil.«
    »Dann wird der Inhalt der Donnerstagssendung mehr oder weniger so bleiben wie vereinbart.«
    »Ich denke schon.«
    »Dann wäre da noch die von morgen. Wir hatten beabsichtigt, rund zwanzig Minuten einer Vorschau auf den Beitritt zu widmen, einschließlich einiger Beiträge, die Joe Brady bei seinem Besuch im März aufgezeichnet hat. Aber dafür wird nun weniger Zeit sein, da wir über das Ende der Geiselnahme berichten müssen. Und wir schalten den größten Teil der Sendung am Donnerstag in die Türkei.«
    »Und wie werden Sie die Istanbul-Geschichte handhaben?«
    »Zuerst ein Bericht von dort. Dann kommt ein Sicherheitsexperte, der den Umgang mit der Situation kommentiert, während Sie uns erläutern, wie es die türkische Regierung hinstellt. Telefonisch genügt.«
    »Hm. Ich weiß nicht, ob mir der Ausdruck ›hinstellt‹ gefällt. Haben Sie vor, uns beide gleichzeitig auf Sendung gehen zu lassen?«
    »Haben Sie ein Problem damit? Ich weiß, es war nicht direkt ein Erfolg für Ihr Land. Aber es wäre besser für Sie, Sie würden sich der Kritik offen stellen.«
    »Ich habe kein Problem damit, Jane. Aber ich …«
    »Gut. Ich lasse Joe Brady gleich morgen früh anrufen, und er wird mir eine Kurzinfo zusammenstellen.«
    Orhun räusperte sich. »Wissen Sie, ich würde es wirklich vorziehen, wenn wir – Sie und ich – vorher miteinander reden könnten.«
    »Bevor Sie auf Sendung gehen?« Jane war verwirrt. Ein paar Worte, solange das Mikro aus war, mehr würde nicht drin sein. Was sollte das bringen?
    »Wie wäre es mit jetzt? Persönlich?«
    Jane hörte die Kinder nebenan plappern. Warum wollte er sie gerade jetzt treffen? »Das passt mir eigentlich gerade gar nicht, Demir.«
    »Schade. Sie wären die Erste, die unsere Version der Ereignisse erfährt. Und ich könnte Ihnen einige Informationen exklusiv geben – inoffiziell, natürlich. Das wird am Morgen wirklich nicht gehen.«
    »Nein, danke. Ich werde misstrauisch, wenn mich jemand mit exklusiven Informationen lockt, die ich nicht an meine Hörer weitergeben darf.«
    »Es passiert ständig, Jane, das wissen Sie. Aber um ehrlich zu Ihnen zu sein, der Grund, warum ich Sie treffen will, ist … also, äh – ich möchte Sie um einen Gefallen bitten. Ich würde gern Ihre Reaktion darauf sehen, wie wir … es hinstellen, okay? Bevor ich mich der Meute stellen muss.«
    »Ein Probelauf, was? Das hätten Sie gleich sagen können.«
    »Es ist unverschämt von mir, ich weiß, wenn man bedenkt …«
    »Allerdings. Wie spät ist es jetzt? Ich muss die Kinder baden und ins Bett bringen.«
    »Kurz nach sieben.«
    »Das Problem ist, dass meine Schwägerin heute Abend bereits auf die Kinder aufpassen musste. Ich kann nicht weggehen und …« Es widerstrebte ihr, ihn zu sich einzuladen. Sie hatten vereinbart, eine gewisse Distanz zu wahren.
    »Wissen Sie was?«, sagte er mit der ganzen Zuversicht des geübten Problemlösers. »Warum nennen Sie mir nicht eine Uhrzeit, und ich fahre nach Rathgar, denn dort wohnen Sie doch, oder? Wir könnten draußen im Auto sitzen und uns unterhalten. Dann fahre ich weiter zum Dublin Castle. Was halten Sie davon?«
    Jane dachte kurz darüber nach. Sie musste lächeln, als sie daran dachte, wie oft sie in den ruhigen Straßen der Gegend schon auf Pärchen hinter beschlagenen Autoscheiben gestoßen war. »Dann haben die Nachbarn auf jeden Fall etwas zu reden«, sagte sie. »Gut, machen wir es so. Sagen wir halb neun?«
    Das Licht der Straßenlaterne fiel auf Orhuns Gesicht, das ihr halb zugewandt war. Während er sprach, versuchte ein eigenständiger und nicht sehr ernsthafter Teil ihres Gehirns, die Merkmale auszusortieren, die ihn von einem durchschnittlichen Iren unterschieden. Die Augenlider waren vielleicht schwerer, die Unterlippe war voller, das Haar schwärzer, die Bartstoppeln kräftiger. Aber das gut genährte Kinn, das ihm ein birnenförmiges Aussehen verlieh, war ein universeller Zug. Zwei Dinge fielen ihr ein: dass bei TalkNation ein Vertreter arbeitete – so irisch wie ein Guinness Stout –, der Orhuns Bruder sein könnte, aber noch »ausländischer«

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