Gottesgericht
ihre Bluse zuknöpfte. »Die Russen wollen sie auf ihrer Seite haben, wenn es darum geht, den amerikanischen Einfluss in Zentralasien zu begrenzen. Deshalb umwerben sie insbesondere den Iran und haben sogar dessen erstes Kernkraftwerk gebaut.«
»Und sagen Sie, hat das Institut, das die Meinungsumfrage durchführte, etwas zu diesen – für mich jedenfalls – unerwarteten Resultaten bemerkt?« Sie sah zu Joe hinüber, der lächelte und ihr den erhobenen Daumen zeigte. Sie zuckte mit den Achseln und zeigte ihm ebenfalls den Daumen. Aber es war ihr peinlich.
»Nur die Beobachtung, dass Europa den Nahen Osten mit jahrelangem Hass und zerstörten Hoffnungen assoziiert«, sagte Wright. »Und dass es vor ihrer Haustür passiert, nicht vor der der Amerikaner. Deshalb würden sie die Vorgänge dort mit einem gewissen Zynismus betrachten, vor allem, wenn sie glauben, dass die Amerikaner ihre Finger im Spiel haben.«
»Was uns zur Haltung der USA gegenüber Israel bringt – und Joe Brady ist hier bei uns, um darüber zu sprechen. Dort könnten die Dinge im Vergleich zu Europa nicht verschiedener liegen, Joe.«
»Das stimmt, Jane«, begann Joe. »Israel nimmt in bestimmten Teilen der Vereinigten Staaten eine fast mystische Position ein. Und ich meine nicht nur die jüdische Bevölkerung. Christliche Zionisten, die eine sehr einflussreiche Gruppe in der amerikanischen Politik sind, betrachteten den modernen Staat Israel als die Erfüllung verschiedener Prophezeiungen in der Bibel.«
»Für diese Leute sind Politik und Prophezeiung also ein und dasselbe.«
»Ja, und weil die Gründung des Staats Israel und die Einwanderung von Juden dort für sie zum Heraufdämmern der letzten Tage gehören, bestimmt dieses Szenario ihre politischen Ansichten über den Nahen Osten. Für christliche Zionisten umfasst Israel Judäa und Samaria – das Westjordanland, wie wir sagen würden –, deshalb unterstützen sie den Bau neuer Siedlungen dort. Sie zitieren auch gern eine Zeile aus dem Buch Genesis, wo Gott zum Volk Israel spricht und sagt: ›Ich werde diejenigen segnen, die euch segnen, und diejenigen verfluchen, die euch verfluchen.‹ Um diesem Szenario zu entsprechen, muss Israel von Feinden umgeben sein, was es ist – und es sind lauter islamische Länder. Und von diesen Ländern ist der Iran der böseste und bedrohlichste. Und da Israels Feinde auch ihre sind, macht das den Iran zum Feind Nummer eins.«
»Auch wenn sie nicht wussten, warum«, sagte Jane, »liegen die Leute, die vermuten, dass die Vereinigten Staaten hinter den Spannungen zwischen Iran und Israel stecken, also möglicherweise gar nicht so falsch.«
»Ja. Und wie gesagt, der ganze Sinn der Unterstützung christlicher Zionisten für Israel besteht darin, den Weg für die Wiederkunft Christi zu bereiten. Und es wird Sie vielleicht überraschen, aber einer von fünf Christen in den USA – und nicht nur christliche Zionisten – glaubt, dass dieses Ereignis zu ihren Lebzeiten eintreten wird.«
»Und was soll mit den Juden geschehen, die nach Israel zurückgekehrt sind?«
»Kommt darauf an, wer die entsprechenden Bibelstellen interpretiert. Aber es ist klar, dass sie ziemlich leiden werden, und wenn es nicht die Große Drangsal mit ihren Kriegen, Seuchen und so weiter ist, dann wird es der Antichrist sein, der einen Angriff auf Israel startet. Oder wie es einige zeitgenössische Autoren ausdrücken – Russland, das ein Bündnis mit islamischen Kräften schmiedet, um Israel zu erobern.«
»Wäre das dann vielleicht Magog zusammen mit Ägypten und Persien, wie es eine Anruferin vor nicht allzu langer Zeit hier erzählt hat?«
»Vermutlich. Aber ich glaube, die Passage mit dem deutlichsten aktuellen Bezug stammt aus dem Lukas-Evangelium, wo Jesus mit den Worten zitiert wird: ›Wenn ihr aber seht, dass Jerusalem von einem Heer eingeschlossen wird, dann könnt ihr daran erkennen, dass die Stadt bald verwüstet wird. Dann sollen die Bewohner von Judäa in die Berge fliehen; wer in der Stadt ist, soll sie verlassen, und wer auf dem Land ist, soll nicht in die Stadt gehen.‹ … ›Verwüstet‹ klingt nach Atomkrieg, oder? Vor allem, wenn man bedenkt, dass davor gewarnt wird, in die Stadt zu gehen.«
»Ich kenne mich in diesen Dingen nicht besonders gut aus«, mischte sich Paddy Wright wieder in die Diskussion ein. »Aber sollte nicht irgendwann in dieser Zeit die Entscheidungsschlacht des Armageddon stattfinden?«
»Ja, und ebenfalls auf israelischem Boden«,
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