Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gottesopfer (epub)

Titel: Gottesopfer (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
Vom Netzwerk:
Restaurants auf die Straße fiel, beleuchtete nur seine traurigen Augen. Lina vergaß alles um sich herum. Das sich laut streitende schwule Pärchen vor dem Restaurant, die Frauenstimme über ihr, die keifte, dass das Pack sich verziehen solle, die dröhnend laute Musik aus der Kneipe an der Ecke und dass sich zwanzig Meter weiter ein Betrunkener übergab. Wie sagte ihre Mutter immer? Ein lebhaftes Viertel.
    Lina sah an Sams Augen, dass er lächelte. Ohne ein Wort zu sagen, ging sie zu ihm und hakte sich bei ihm unter. Beide gingen wie selbstverständlich zu seinem Wagen. Lina war es gleichgültig, wohin er fuhr – Hauptsache, sie war bei ihm. Sie sah ihn von der Seite an und genoss das Kribbeln in ihrem Bauch.
    Â»Zu dir oder zu mir?«, fragte Sam, und Lina antwortete genauso knapp: »Zu mir.«
    Als Lina ihr Apartment aufschloss und das Licht einschalten wollte, hielt Sam ihre Hand fest und schloss die Tür leise. Sie konnte nur seine Umrisse sehen. Er nahm ihre kalten Hände in seine und küsste sanft die Innenflächen bis zu den Handgelenken. Überrascht stellte sie fest, wie weich die Innenflächen seiner Hände waren, und malte sich aus, wie sie diese Hände gleich am ganzen Körper spüren würde. Sie schloss die Augen und überließ sich ganz Sam, der ihren Mantel aufknöpfte und ihn auf den Boden fallen ließ. Er zog ihr den Pullover langsam über den Kopf und fuhr mit seinen Händen über ihren Rücken. Dann endlich suchten seine Lippen ihren Mund. Wie lange hatte sie auf diesen Augenblick gewartet! Er küsste sie erst zart, und nachdemsich ihre Zungen vorsichtig berührt hatten, wild und leidenschaftlich. Dann löste sich Lina von Sam und schob ihn langsam zum Bett. Sie wollte nicht, dass alles zu schnell vorbei war, dass dieser magische Moment so schnell verpuffte.
    Sie streifte seinen Ledermantel ab und streichelte über seinen muskulösen Oberkörper. Dann knöpfte sie sein Hemd auf, strich über die nackte Haut, küsste seinen Hals und die Halsschlagader, die hervortrat, wenn er sprach, und die sie schon damals in der Kirche so männlich gefunden hatte. Sie küsste ihn auf den Mund und drückte ihn aufs Bett herunter.
    Sam genoss jeden Augenblick. Zum ersten Mal seit Tagen fühlte er sich wieder lebendig. Er zog Lina den BH aus und streichelte über ihren Rücken, die schmalen Schultern und ihre zarte weiche Haut. Er sog den Honigduft ihres Haares und ihrer Haut ein und ließ seinen Mund über die feinen Härchen an ihrem Hals streichen, bis er sie schließlich auf den Rücken drehte und ihre Brüste küsste.
    Es war eine lange Nacht. Immer wieder vereinten sie sich, atemlos und schweißnass, als wäre es das letzte Mal, als hätten sie Angst, sie könnten sich nie wiedersehen. Irgendwann in den frühen Morgenstunden schliefen sie erschöpft und eng umschlungen ein.
    Sam erwachte und drehte sich langsam um. Lina lag neben ihm, kahl geschoren, ihr Schädel von tiefen Wunden übersät. Ihre Augen waren weit geöffnet und starrten ins Leere. Sie ist tot, dachte er entsetzt. Er setzte sich hektisch auf. Wie konnte das passieren? Er hatte doch die ganze Zeit neben ihr gelegen! In weiter Ferne hörte er jemanden stammeln: »Nein, nein …«
    Er schreckte auf – und verstand. Er hatte selbst gesprochen und war davon wach geworden. Neben ihm lag Lina. Ihr Atem ging ruhig und gleichmäßig. Er blieb noch einen Moment liegen, dann sah er auf die Uhr. Verdammt, schon halb sieben. In einer Stunde war er mit Juri verabredet, sie fuhren heute auf dieses Burgfest in Bayern. Er erhob sich leise aus dem Bett, zog sich anund schrieb schnell etwas auf die Rückseite eines Zettels, den er in seiner Manteltasche gefunden hatte. Bevor er ging, drehte er sich noch einmal um und betrachtete Linas gebräunten Rücken und ihre langen schwarzen Haare, die sich wie ein Wasserfall über das Kissen ergossen.
    Als Lina wenig später wach wurde, musste sie sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass Sam nicht mehr da war. Sie spürte, dass die andere Seite ihres Bettes leer war. Sie setzte sich auf. Auf dem Nachttisch lag ein kleiner Zettel. Lina streckte die Hand aus und las: »Ich ruf dich an.« Sie legte ihn auf das Kissen. Mit der Hand strich sie über die Seite, auf der Sam gelegen hatte, und beugte sich darüber, um den restlichen Geruch aufzusaugen,

Weitere Kostenlose Bücher