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Gottesopfer (epub)

Titel: Gottesopfer (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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verwelken. Oder wie vielfältig schon eine einzige Spezies ist, die die Natur uns geschenkt hat.«
    Sam sah Argault mit offenem Mund an. Irgendwie erinnerte ihn sein Freund an Helmut Geiger und dessen Kriegsschiffsammlung. Lag es tatsächlich nur an der Krankheit, oder hing es auch mit dem Alter zusammen, dass er sich in seinem letzten Lebensabschnitt so intensiv mit einem Hobby auseinandersetzte? Vielleicht war es ein Versuch, seinem Leben einen Sinn zu geben, wenn man genug Geld verdient hatte oder – wie im Fall von Argault – tief genug in die Abgründe der menschlichen Seele gesehen hatte.
    Â»Und ein weiterer Vorteil der Krankheit: Ich stehe dir jetzt durchgehend zur Verfügung, weil ich meinen Kopf nicht mehr mit anderen Daten und Fakten belasten muss. Schieß los. Erzähl mir alles, was passiert ist.«
    Sam grinste. Obwohl Argault, gezeichnet von der Krankheit, mindestens dreißig Kilo abgenommen hatte, hatte er von seiner Energie nichts eingebüßt.
    Â»Na los, worauf wartest du?«, fragte Argault ungeduldig.
    Â»Es ist ein äußerst brutaler Serienmörder. Er foltert. Bisher haben wir mit Sicherheit zwei, wahrscheinlich aber drei Opfer, die auf sein Konto gehen: in Italien, Österreich und Deutschland. Und ich bin sicher, wir finden noch mehr.«
    Â»In welchem Zeitraum?«
    Â»Zwei Jahre.«
    Â»Komm, lass uns ein paar Schritte durch den Garten gehen, Sam.« Sam erhob sich und war froh, dass er seine kalten Beine ein wenig bewegen konnte.
    Langsam spazierten sie einmal um das Haus herum. Auf der einen Seite der Fassade rankten sich kahle braune Stängel hinauf bis zum flachen Dach. Argault blieb mit einem faszinierten Ausdruck in den Augen stehen.

    Â»Vor zwei Jahren hat der Gärtner statt der Rambler die Climber angepflanzt. Damals habe ich nur Bahnhof verstanden. Aber die Climber sind kleiner und blühen öfter. Ich habe sie erst letzten Sommer richtig wahrgenommen … Du sagst, er foltert. Dann will er etwas damit erreichen. Ein Geständnis erzwingen?«
    Sam beobachtete, wie Argault seine Fingerkuppen aneinanderrieb. Eine alte Angewohnheit, wenn er besonders konzentriert war.
    Â»Oder er empfindet eine perverse Freude daran, andere zu quälen. Er hat bei einem Opfer sogar einen Defibrillator benutzt, um es zu reanimieren. Phillippe?«
    Argault war inzwischen zur Garage gegangen und dort in einem Nebenraum verschwunden. Nun tauchte er wieder auf und schleppte einen Sack vor sich her. Sam befreite ihn von seiner schweren Last und sah ihn fragend an.
    Â»Die Beete müssen wegen der Kälte mit etwas Fichtenreisig abgedeckt werden. Die Opfer?«
    Â»Bisher Frauen zwischen Ende dreißig und sechzig. Sie verbindet nichts, zumindest nichts Offensichtliches. Kein gemeinsamer Wohnort, keine gemeinsamen Freunde, kein gemeinsamer Beruf. Das Einzige ist diese Magie, dieser esoterische Quatsch. Die eine hat Karten gelegt. Die andere hat mit Toten geredet. Bei der Dritten bin ich mir noch nicht sicher.«
    Â»Mit Toten geredet? Na, wenn wir so eine finden, können wir uns nach meinem Tod auch noch unterhalten.« Argault lachte und verteilte eifrig Fichtenreisig auf seinen Rosenbeeten.
    Sam fand das gar nicht komisch. Menschen, die wussten, dass sie bald starben, entwickelten immer einen makabren Humor, fand er. »Aber Spaß beiseite! Magie? Welche Art? Schwarze Magie, weiße Magie?«
    Â»Sie haben so eine Art Lebenshilfe gegeben, die Zukunft vorausgesagt. Ich weiß es nicht genau. Auf jeden Fall habe ich das Gefühl, dass …«
    In diesem Moment erschien Argaults Dienstmädchen, und Sam brach ab.

    Â»Der Kaffee ist fertig. Lass den Sack hier stehen.«
    Sam war froh, endlich den schweren Sack loszuwerden, und folgte Argault, ohne den Satz zu beenden, zurück auf die Terrasse. Dort war der Tisch gedeckt. Kuchen, Kekse, Kannen mit Tee und Kaffee, weiße Teller und Tassen mit Goldrand standen auf einer geblümten Tischdecke. Wäre aus Sams Mund nicht bei jedem Atemzug kondensierter Atem gekommen, hätte er beinahe sommerliche Gefühle entwickeln können.
    Â»Frische Bohnen direkt aus Kolumbien. Schwarz, wie du ihn gerne trinkst.«
    Er sah dem Dienstmädchen nach, bis es im Haus verschwunden war. »… das Gefühl, dass was?«
    Anders als Argault hatte Sam den Faden verloren und sah seinen Freund irritiert an.
    Â»Du hast gesagt, sie haben so eine Art

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