Gottesopfer (epub)

mich bei …«
    Â»Moment, Signora Vigna, noch was: die Karten. Haben Sie die Karten gefunden?
    Â»Geben Sie mir cinque minuti , Signore. Ich habe auch noch eine andere informazione für Sie.« Dann legte sie auf.

    Sam hatte sich gerade in den Verkehr eingefädelt, als sein Handy vibrierte und er abermals Nina Vignas rauchige Stimme hörte.
    Â»Ich habe das Buch in der Hand. Was wollen Sie wissen?«
    Â»Ã–ffnen Sie es.« Sam bekam vor Anspannung leichtes Herzklopfen.
    Â»Die erste Seite – was steht da?«
    Â»Eine Stempel und da steht … Ei-gen-tum … der katholi…« Schon bei den ersten Silben bekam er eine Gänsehaut. Jetzt wusste er mit Gewissheit, dass er eine Spur hatte.
    Nina Vignas Deutschkenntnisse waren beim Lesen ziemlich mangelhaft, wie Sam fand, und die Silben kamen so stockend durch die Leitung, dass er ihr ungeduldig ins Wort fiel. »Der katholischen Gemeinde Winterhude, Hamburg?«
    Â»Sind Sie Hellseher, Signore O’Connor?«
    Â»Besser nicht, sonst werde ich mit dieser Fähigkeit bald selbst zu seinem Opfer.«
    Â»Wie bitte?«
    Sam hatte nicht bedacht, dass Nina Vigna gar nicht auf dem Laufenden war und den eher geschmacklosen Witz somit nicht verstehen konnte. Er überging ihre Frage und kam gleich zum nächsten Punkt. »Was ist mit den Karten?«
    Â»Wir haben sie gefunden. Es sind Karten für tarocchi .«
    Â»Tarot?«
    Â»Ja. Wissen Sie, was das ist?«
    Sam hatte am Morgen in Argaults Villa kurz im Internet recherchiert und herausgefunden, dass man Tarotkarten entweder psychologisch verwenden konnte, also als Spiegel des eigenen Selbst, oder in einem spirituell-esoterischen Sinn. Dann zeigten die Bilder auf den Karten Ereignisse aus Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft an.
    Â»Eine Wissenschaft für sich.«
    Â»Das stimmt.« Nina lachte. »Aber ich habe jemanden, der mehr über Gianna Lorenzo sagen konnte.« Sam war dankbar für die rote Ampel und den dichten Verkehr, weil er sich so besserauf das Gespräch konzentrieren konnte. »Lassen Sie die Kugel los«, sagte er und schmunzelte vor sich hin.
    Â»Sie nehmen mich auf den Arm. Das heißt ›schießen Sie los‹, Signore O’Connor«, sagte Nina Vigna gespielt entrüstet. Sam zog eine Augenbraue hoch. Er war wirklich beeindruckt von der Lernfähigkeit seiner italienischen Kollegin, behielt das aber besser für sich.
    Â»Also, was gibt es Neues über Gianna Lorenzo?«
    Â»Eine ehemalige Kollegin hat sich gemeldet. Sie hat erst jetzt mitbekommen, dass Signora Lorenzo ermordet wurde. Und sie hat erzählt, dass Gianna Lorenzo unter anderem Häuser gereinigt hat.«
    Â»Sie hat nebenbei geputzt?«
    Nina lachte. »Nein, Signore O’Connor, Sie sollten sich langsam mal mehr auf das Thema einlassen. Sie hat Geister vertrieben aus den Häusern.«
    Die drei Frauen hatten tatsächlich alle mehr oder weniger das gleiche Hobby gehabt, wenn man das so nennen konnte. Eine hatte mit Toten gesprochen, eine mit Geistern. Das erste Opfer hatte Karten gelegt.
    Â»Sie waren mir eine große Hilfe, Signora Vigna. Danke.«
    Â»Wann kommen Sie wieder nach Roma?«
    Â»Sie hören von mir, Signora.« Er klappte sein Handy zu und lenkte seinen Wagen auf den Hof des Münchner Polizeipräsidiums.
    Er stieg aus und begab sich direkt in das Büro von Peter Bauer, einem der besten Fallanalytiker in Deutschland. Bauers Finger flogen im Zehnfingersystem über die Tastatur, und sein Blick war starr auf den Bildschirm geheftet.
    Â»Nehmen Sie Platz, Sam. Lang nicht gesehen.«
    Sam zog sich einen Bürostuhl heran und legte seine Akten auf den Tisch.
    Â»Hab schon gehört, Sie sind mal wieder an so einem Freak dran.«
    Sam nickte. »Ich würde gerne ein paar Daten überprüfen.«

    Bauer sah ihn kurz an und öffnete mit einem Doppelklick die ViCLAS-Datenbank. Dann gab er den Zugangscode ein und wartete, bis ein Datenfeld geöffnet wurde.
    ViCLAS, das Violent Crime Linkage Analysis System , war ein Analysesystem und verknüpfte Gewaltdelikte. Das Programm war ursprünglich von der kanadischen Polizei entwickelt worden, um Serienstraftätern schneller auf die Spur zu kommen. In Europa war es seit sieben Jahren in Gebrauch. Man konnte verschiedene Daten eingeben: die Vorgehensweise des Täters, die verwendeten Waffen oder Gegenstände, Informationen über das