Gottesopfer (epub)
sie letztendlich immer wieder auf dieses Thema zu sprechen. »Es muss nicht immer der Tod am Ende stehen, aber manchmal auch der. Ja.« »Ich weià nicht, Lily. Mir fällt es schwer, das zu glauben. Ich sehe keinen Sinn darin, dass jemand Kinder und Frauen tötet oder überhaupt Menschen umbringt.«
»Und doch hat es irgendwo einen Sinn, Sammy. Glaub mir.«
Sam hatte keine Lust, an ihrem ersten gemeinsamen Tag mit seiner Schwester über Sinn und Unsinn von Verbrechen zu sprechen.»Lily, was hältst du davon, wenn wir uns vom Chinesen was zu essen holen? Oder willst du lieber Sushi? Ich muss allerdings vorher noch was erledigen, aber du kannst gerne mitkommen, wenn du willst.«
»Bring was vom Chinesen mit. Ich bleib lieber hier, wenn es dir recht ist.«
»Okay.« Er gab Lily einen Kuss auf die Stirn und verlieà ihr Zimmer. Er ging kurz in sein Zimmer, zog den schwarzen Ledermantel an, setzte sich die Mütze auf und verlieà das Hotel, um seinem neuen Freund, Pater Dominik, noch einmal einen Besuch abzustatten.
Offenbar war gerade eine Bibelstunde oder etwas Ãhnliches vorüber, denn einige Leute kamen aus dem Pfarrhaus, als Sam dort eintraf. Da bin ich ja genau richtig gekommen, dachte er und betrat das Haus. In einem kleinen Raum im Erdgeschoss sammelte Pater Dominik gerade Bibeln ein. Er sah auf und begrüÃte Sam.
»Ich habe Sie schon vorgestern erwartet oder zumindest einen Anruf von Ihnen. Wollten Sie nicht die Nummer von der Familie aus Salzburg haben?«
»Ich dachte, ich hole sie mir persönlich bei Ihnen ab und nutze die Gelegenheit, Ihnen noch etwas zu zeigen.« Sam holte aus seiner Mantelinnentasche den Brief aus Amsterdam und reichte ihn dem Pfarrer. Pater Dominik las die Zeilen, dann schluckte er. »Woher haben Sie das?«
»Wir haben ihn bei einem Mordopfer in Amsterdam gefunden.«
Pater Dominik setzte sich auf einen Stuhl und faltete die Hände im SchoÃ, als wolle er beten.
»Na schön, was soll ich sagen â¦Â« Er sah Sam in die Augen.
»Die Wahrheit? Der Brief belastet Sie, Sie haben eindeutig ein Motiv, die Frau zu töten, die ihn geschrieben hat.«
»Aber ich wusste doch nicht einmal, dass dieser Brief überhaupt existiert.«
»Waren Sie im August letzten Jahres in Amsterdam?« Sam starrte Pater Dominik so intensiv an, als wollte er ihm mit den Augen ein Loch in die Stirn brennen.
»Ich war letztes Jahr in Amsterdam. Meine Güte â¦Â ja. Ich verstehe das alles nicht! Ich dachte, es ginge um einen Mord in Salzburg. Jetzt wollen Sie mir einen Mord in Amsterdam anhängen. Wahrscheinlich halten Sie mich für einen Serienkiller!«
Genau das tue ich, dachte Sam, ich halte dich für einen fanatischen Serienkiller.
»Und waren Sie zufällig letztes Jahr auch in Rom? Genauer gesagt, am 14. Oktober? Denn an diesem Tag wurde auch dort eine Frau ermordet. Ehrlich gesagt, würde es mich nicht wundern, wenn Sie am 14. Oktober in Rom einen Ihrer, wie nannten Sie es noch, privaten Gottesdienste abgehalten hätten.«
»Ich weià nicht, ich muss in meinem Terminkalender nachsehen.« Pater Dominik blickte betreten zu Boden. »Ich versichere Ihnen, dass ich mit diesen Morden nichts zu tun habe. Bei Gott, ich schwöre es.«
»Finden Sie es nicht seltsam, dass drei Frauen in Rom, Salzburg und Amsterdam auf bestialische Weise umgebracht wurden, als Sie gerade in der jeweiligen Stadt waren? Und es gibt noch einen vierten Fall, Irene Geiger aus Hamburg. An dem Tag, als sie ermordet wurde, ging sie in eine Kirche. Merkwürdig, denn eigentlich war sie nicht gläubig und ging sonst nie in die Kirche.« Sams Ton wurde jetzt schärfer. »Erklären Sie mir mal eines: Was sind das für spiritistische Sitzungen? Was machen Sie da? Sind das schwarze Messen, bei denen jemand geopfert wird?«
Pater Dominik erwiderte empört: »Wir sprechen mit hohen Geistern oder mit Jesus Christus.«
Sam sah den Pfarrer an, als hätte er eine Schraube locker. Jetzt macht er einen auf verrückt, dachte er. Dann würde man ihn in eine Anstalt bringen und nicht ins Gefängnis, und nach ein paar Jahren wäre er, plötzlich genesen, wieder ein freier Mann. Sam wurde wütend. Er schlug mit der flachen Hand auf die Lehne eines Stuhls und brüllte: »Wollen Sie mich verarschen, Mann?«
Pater Dominik zuckte zusammen. Man hörte ja immer wieder von
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