Gottesopfer (epub)
Polizisten, die im Dienst ausrasteten. »Sie reden mit einem Diener Gottes, also zügeln Sie Ihre Zunge.«
»Ach, lecken Sie mich doch am Arsch. Das ist doch alles eine Farce, Ihr ganzer Verein!« Sam schleuderte dem Pater seinen ganzen Hass auf die Kirche entgegen. »Priester, die anderen die Sünden erlassen, so eine ScheiÃe! Die beten zehnmal das Vaterunser und klauen, töten und betrügen dann weiter, weil sie am Sonntag ja wieder im Beichtstuhl hocken und ihnen alles verziehen wird. Ein Papst, der auf einem goldenen Thron sitzt, in einem goldenen Bett schläft und wahrscheinlich auch noch von goldenen Tellern isst, während am anderen Ende der Welt Kinder verhungern. Hören Sie doch auf, das stinkt doch alles zum Himmel, dieses fromme Getue.«
Pater Dominik hatte sich geduldig Sams Hasstirade angehört und dabei keine Miene verzogen. Jetzt sagte er ruhig: »Ich kann verstehen, dass Sie das aufregt. Genau deshalb mache ich diese Sitzungen. Ich lade Sie gerne ein, damit Sie sehen â¦Â«
»Erst einmal lade ich Sie ein. Und zwar für morgen Vormittag um zehn ins Polizeipräsidium in Alsterdorf. Und seien Sie pünktlich, sonst hole ich Sie persönlich mit einer Eskorte ab. Ach, und vergessen Sie nicht, Ihren Terminkalender mitzubringen.«
Mit diesen Worten verlieà Sam das Pfarrhaus, ging auf die parkenden Autos auf der anderen StraÃenseite zu und blieb vor einem Mercedes stehen. Das Seitenfenster wurde heruntergelassen, und eine Hand streckte sich ihm entgegen. »Schön, Sie kennenzulernen, Herr OâConnor. Viel von Ihnen gehört. Mein Name ist Pohl, Werner Pohl, und das ist mein Kollege Thomas Braun.«
»Unser Mann kommt langsam ins Schwitzen, behalten Sie ihn gut im Auge.«
»Machen wir.«
Sam ging Richtung HauptstraÃe, ohne zu bemerken, dass jemand das Gespräch zwischen den Beamten und ihm genau beobachtet hatte. Sam hatte jetzt Hunger und dachte nur noch an den Chinesen und Rindfleisch à la Szechuan.
24
Doktor Ritters monatlicher Tag der offenen Tür fand seit einem Jahr in einem Konferenzraum im Hotel Intercontinental statt, da die Praxisräume dafür zu klein waren. Der Raum war fensterlos und mit einem grau melierten Teppich ausgelegt, der durch seine Farbe praktischerweise jeglichen Dreck schluckte. Im vorderen Teil des Raumes standen ein Stuhl und eine Liege. Davor waren ungefähr hundertfünfzig Stühle in zehn Reihen angeordnet. Ein Drittel davon war bereits besetzt, und zu Linas Erstaunen kamen noch mehr Leute herein.
Doktor Ritter schloss das Mikrofon an, drehte ein paar Regler an einem Lautsprecher und sagte: »Eins, zwei, drei â¦Â eins, zwei, drei.« Das Mikro übersteuerte und gab grässliche Geräusche von sich, sodass der eine oder andere einen gequälten Laut von sich gab. SchlieÃlich hatte er die richtige Einstellung gefunden und sah zufrieden zu, wie der Saal sich füllte. Lina setzte sich an den Rand der ersten Reihe, drehte sich um und betrachtete die Menschen hinter sich, um zu sehen, ob sie jemanden kannte. Aber es war kein bekanntes Gesicht dabei. Nachdem er noch ein paar Minuten gewartet hatte, nahm Doktor Ritter das Mikrofon und sagte: »Dürfte ich Sie bitten, die Tür zu schlieÃen?«
Eine Frau in der letzten Reihe kam seinem Wunsch nach. Daraufhin begann Doktor Ritter zu sprechen: »Ich möchte mich kurz vorstellen. Mein Name ist Doktor Ralf Ritter, und ich habe eine Praxis für Hypnosetherapie in der Hamburger Innenstadt. Ich verteile später noch einen Flyer, auf dem Sie mehr über mich erfahren können.« Er machte eine kurze Pause und zog seine Wolljacke aus, die er über den Stuhl legte. »Kommen wir zur Hypnose. Was ist Hypnose? Doktor Braid, ein Arzt aus England, erfand den Begriff Hypnotismus, abgeleitet vom griechischen Wort hypnos , was Schlaf bedeutet. Aber so ganz richtig ist dieser Begriff nicht. Viele denken, sie wären unter Hypnose bewusstlos,schlafen, bekommen nichts mit oder werden zu willenlosen Objekten. Dem ist nicht so. Sie verlieren in keinem Moment die Kontrolle über sich. Durch die Hypnose wird lediglich ein Zustand zwischen Wachsein und Schlaf erreicht. Man nennt diesen Zustand Trance. Ein besonders konzentrierter, suprabewusster Zustand, in dem man in der Lage ist, seinen Körper sogar von innen zu betrachten. Ich hatte Patienten, die Krankheiten sahen, die nicht einmal ein Arzt erkannt hatte.
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