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Gottesopfer (epub)

Titel: Gottesopfer (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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Aufgebracht erzählte sie von ihrem Exmann, der eines Tages festgestellt hatte, dass er schwul war, und sie wegen eines Mannes hatte sitzen lassen. Das Glöckchen ertönte, und Sam überlegte, ob er unauffällig verschwinden konnte. Amüsant war dieser Abend jedenfalls nicht.
    Sam drehte sich um. Der Ausgang schien eine Meile von seinem Tisch entfernt zu sein, und um ihn zu erreichen, müsste er den ganzen Laden durchqueren. Das wäre wohl nur in einem roten Anzug möglich, der Tarnfarbe des Restaurants, dachte Sam. Aber vielleicht gab es bei den Toiletten einen Hinterausgang? Er entschied sich, noch zwei Frauen abzuwarten und dann die Flucht anzutreten. Juri zeigte mit dem Daumen nach oben und zwinkerte Sam zu, der schnell einen kräftigen Schluck Wein nahm und sich für die nächste Plapperattacke wappnete.
    Doch als er über den Rand seines Glases blickte, sah er in zwei schöne braune Augen, die wie bei einer ägyptischen Königin mit schwarzem Eyeliner betont waren. Die langen seidigen Haare rahmten ihr schmales Gesicht ein, und an ihren Ohren hingen zwei große silberne Kreolen, die im Kerzenschein blitzten. Sie lächelte, und Sam wurde das erste Mal bewusst, wie schön ihr Mund war. Dann schüttelte er unmerklich den Kopf. Es warkaum zu glauben! Diese Stadt hatte fast 1,8 Millionen Einwohner, und doch lief er ihr immer wieder über den Weg.
    Â»Tja, so trifft man sich wieder«, sagte Lina betont lässig, doch ihr Herz hüpfte vor Freude, als sie sah, wer an diesem Tisch saß.
    Vor einer guten Stunde war sie noch im Schlafanzug gewesen, als eine Freundin an ihrer Tür Sturm geklingelt und sie überredet hatte mitzukommen. Lina war jede Abwechslung in ihrem eintönigen Praxisleben recht, und so hatte sie sich wieder angezogen, geschminkt und war mit ihrer Freundin hierhergefahren. Eigentlich bezweifelte sie, dass sie bei so einer Veranstaltung dem Mann ihrer Träume begegnen würde, doch das sah nun ganz anders aus. Langsam glaubte sie, es war Schicksal, dass sie den seltsamen Mann aus der Kirche überall traf.
    Â»Ich denke, ich brauche nicht viel über mich zu erzählen. Sie wissen ja schon alles. Sie wissen, wo ich arbeite, wo ich tanze, in welche Kirche ich gehe … Jetzt sind Sie dran. Also, ich bin ganz Ohr!« Lina sah Sam keck an und wartete. Sie hatte fünf Minuten, um aus diesem Mister Geheimnisvoll etwas herauszukitzeln.
    Sam hatte sich inzwischen von der Überraschung erholt. Er hasste es, etwas von sich preisgeben zu müssen. Je weniger Menschen über ihn Bescheid wussten, desto besser. Damit blieb er unangreifbar. Außerdem war es sicherlich keine gute Idee, dieser eifrigen Kirchgängerin zu erzählen, warum er in Hamburg war und was er über Pater Dominik herausgefunden hatte.
    Â»Ich habe den ganzen Tag gearbeitet und sollte eigentlich schon im Bett liegen …« Er sah auf die Uhr.
    Â»â€¦Â und Sie sind schwul.« Sams rechte Augenbraue hob sich, und er sah Lina überrascht an.
    Â»Gut aussehende Männer sind meistens, na ja, sagen wir, oft schwul. Aber macht ja nichts. Ich frage mich nur, was Sie dann hier wollen.«
    Â»Ich bin nicht schwul«, verteidigte sich Sam.
    Â»Nein? Na, dann bin ich wohl nicht Ihr Typ. Schade eigentlich.«Lina sah sich um und ließ ihren Blick von Tisch zu Tisch wandern. »Aber vielleicht die da drüben? Blond, schlank, lange Beine. Eine richtige Barbiepuppe«, sagte sie leicht zickig, um ihn zu provozieren, ihn aus der Reserve zu locken.
    Wie sehr du dich irrst, dachte Sam. Auf blonde Frauen stand er überhaupt nicht. Lina war schon genau sein Typ. Doch war sie sicherlich keine Frau für eine Nacht. Und er war im Moment nun einmal nicht bereit, sich zu öffnen, sich auf eine Beziehung einzulassen.
    Den Rest der Zeit schwiegen sie sich an. Dann klingelte das Glöckchen, Lina stand auf und setzte sich an den nächsten Tisch. An Juris Tisch. Sam drehte sich um und sah, wie Juri große Augen bekam und ein charmantes Lächeln aufsetzte. Sam atmete tief durch. Es passte ihm gar nicht, dass Lina jetzt am Tisch seines Kollegen saß und mit ihm sprach, vielleicht sogar flirtete.
    Â»Hey, Mister, hier bin ich.« Eine Stimme drang an sein Ohr, und Sam drehte sich wieder um. Dieses Mal saß eine zarte Brünette mit Pagenschnitt und Sommersprossen vor ihm. Sie hatte eine schwarze Hornbrille auf der Nase und trug eine

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