Gottesopfer (epub)
und â¦Â«, sagte der erste Beamte und schüttelte dabei bedauernd den Kopf.
Da sagte sein Kollege plötzlich: »Hey, Boris, komm doch mal kurz.«
Doch Boris Sommer war in seinem Element. Er hatte mal wieder eine Rechnung in der Spielhalle zu begleichen, und ihm fehlten noch zweihundert Euro. Und die standen nun direkt vor ihm.
»Wie viel haben wir denn getrunken?«, fragte er.
»Reichlich, Herr Kollege«, sagte Juri und grinste immer noch.
»Nicht frech werden, mein Freund. Passen Sie auf, wir können das auch anders regeln. Spart Ihnen viel Lauferei und eine Menge Geld.«
Thomas Stein stand jetzt neben Boris Sommer und war ziemlich nervös. »Ich muss dir was zeigen«, sagte er eindringlich. Trotz der Kälte standen ihm SchweiÃperlen auf der Stirn. Doch Sommer sah ihn nicht einmal an und erwiderte genervt: »Gleich, Mann.«
Juri dagegen war jetzt aufmerksam geworden. War der kleine Streifenbulle etwa bestechlich?
Inzwischen war auch Sam aus dem Wagen gestiegen und stand nun wankend am Auto. »Hey, was ist denn?«, lallte er.
»Gleich erledigt, Sam. Steig wieder ein«, beruhigte Juri ihn und sagte zu dem Beamten: »Ach, so meinen Sie das! Wie viel kostet es denn, wenn Sie uns weiterfahren lassen?«
Der zweite Polizist stand jetzt am Einsatzwagen und rief mit Verzweiflung in der Stimme: »Boris!«
»Gleich, verdammt!«, rief dieser zurück und sagte zu Juri gewandt: »Dreihundert Euro.«
Da zog Juri seinen Dienstausweis und hielt ihn Sommer direkt unter die Nase. Thomas Stein stieà einen leisen Fluch aus und setzte sich zitternd in den Wagen. Er hatte per Funk das Kennzeichen überprüft und gleich gemerkt, dass das Auto einem Kripobeamten gehörte, aber Sommer hatte ja nicht auf ihn hören wollen.
»Kann man das unter Kollegen nicht anders regeln? Und Sie haben ja nun wirklich etwas zu viel getrunken«, sagte Sommer jetzt kleinlaut.
»Was denken Sie: Wem glaubt man wohl eher? Einem kleinen Streifenpolizisten oder einem Kriminalbeamten? Sie beide geben mir jetzt Ihre Dienstausweise, bringen den Wagen zu Ihrer Dienststelle, und ab morgen können Sie sich einen neuen Job suchen. Bestechlichkeit im Amt ist, wie Sie sicher wissen, kein Pappenstiel.« Dann lieà sich Juri die Ausweise der beiden Beamten geben, stieg wieder in den Wagen und fuhr Sam zu seinem Hotel, das keine zwei Minuten von der Schicksalsstelle der beiden Beamten, die mit diesem Zusammentreffen ihrer Karriere ein Ende gesetzt hatten, entfernt war.
Bevor Sam aus dem Wagen stieg, drehte er sich noch einmal zu Lina um. Zu gerne hätte er verhindert, dass sie heute Nacht mit Juri ins Bett stieg. Doch die beiden hatten sich schon im Restaurant blendend verstanden, und wenn Lina unbedingt wollte, konnte er sie kaum davon abhalten.
Er sah in ihre Augen, doch er konnte nichts darin lesen. Sam stieg aus, schlug die Tür zu und hob die Hand zum Abschied. Er sah noch, wie Juri ihm zuzwinkerte und mit seiner Beute weiterfuhr. Sam blickte den roten Rücklichtern nach, bis sie verschwunden waren. Inzwischen war der Regen in Schneeregen übergegangen, und Sam liefen die eisigen Tropfen perlend übers Gesicht. Du bist ein Vollidiot, dachte er plötzlich wieder nüchtern, ein richtiger Vollidiot.
32
Sam wachte am nächsten Morgen auf und fühlte sich, als hätte man ihn auf einer Streckbank stundenlang gefoltert. Irgendetwas klingelte. Sam kam nur langsam zu sich. Das war sein Handy, nur â wo war es? Er tastete mit geschlossenen Augen über den Nachttisch, fand es und hielt es sich ans Ohr.
Mit einem Schlag war er hellwach. Es war Claudette, die ihm sagte, dass es Phillippe plötzlich schlechter gehe und er Sam gerne sehen würde. Auch das noch. Ihm wurde übel. Sam legte auf, stürzte ins Bad und übergab sich in die Kloschüssel. Danach kauerte er zitternd auf dem Badezimmerteppich. Er hatte Angst. Angst, in jeder Hinsicht zu versagen. Hinzu kam das Gefühl totaler Hilflosigkeit. Er war machtlos, sowohl gegen die Krankheit von Lily als auch gegen den Krebs, der ihm seinen letzten Freund nehmen wollte. Sam erhob sich langsam vom Teppich und stiegin die Dusche. HeiÃes Wasser prasselte auf ihn herab, und für einen Moment fühlte er sich etwas besser.
Als er im Präsidium ankam, saà Juri schon im Büro und arbeitete sich durch die Liste der tausend Brände. Ganz schön fleiÃig, dass er an einem
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