Gottessoehne
man glaubt, sie wollten in den Himmel wachsen, gerade so, wie der legendäre Turm zu Babel. New York wirkt auf mich wie ein riesiger Ameisenhaufen.« Kate nickte. »Ja die Beschreibung passt. Manchmal versuch ich mir die Schicksale der einzelnen Menschen vorzustellen. Hinter jeder Tür verbirgt sich ein Geheimnis und man weiß nichts davon. Eines Tages werde ich auch die richtige Tür finden, hinter der mein Schicksal auf mich wartet. Ich glaub fest daran. Denn irgendwie kann das doch nicht alles sein: Arbeiten, Essen, Schlafen. Irgendwo muss doch das »Richtige Leben« auf mich warten.«
Kate erzählte ihm von ihrem letzten Abenteuer in der Karaoke Bar und beide lachten. Sie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. »So, jetzt hast du dich aber genug über meine verbaute Gesangskarriere amüsiert«, sie zwinkerte ihrem charmanten Gegenüber zu und eine leichte Röte breitete sich über ihre Wangen aus. »Ich würde zu gerne mal deine Gesangskünste hören.« Sam schloss kurz die Augen, dann öffnete er sie abrupt und der intensive, meerblaue Blick traf Kate mitten ins Herz. »Eines meiner Lieblingslieder ist »Beangeled« von der europäischen Band Reamonn. Ich glaube kaum, dass Du es kennst, aber ich denke, es wird dir gefallen.« Er räusperte sich kurz:
»
Angel, can you feel the morning…love is here to stay, just a kiss away. Angel… can you see the sunlight…Love is just a kiss away...«
Kate fühlte sich von seiner sanften Stimme und der schwingenden Melodie des Liedes komplett eingehüllt. Sie war wie losgelöst von der Welt, zwei Herzschläge lang schienen nur sie und der wunderschöne Mann zu existieren. »Ähm«, die raue Stimme der Kellnerin holte sie brutal in die Realität zurück. »Wir machen gleich Feierabend. Könnten Sie bitte Ihre Rechnung begleichen?« Dabei ruhten ihre Augen sehnsüchtig auf Sam.
Dann war es soweit. Sie standen draußen, die Tür des Cafés wurde von innen verschlossen und Kate wusste, dass sie sich gleich trennen würden.
Sag doch endlich etwas, eine solche Chance bekommst du nie wieder im Leben.
Verlegen trat sie von einem Bein auf das andere und spielte an dem Verschluss ihrer Handtasche. »Es war schön, sich mit dir zu unterhalten, Kate.« Mit offenem Blick lächelte Sam sie an. »Es würde mich freuen, wenn wir uns noch besser kennenlernen würden. Darf ich dich in den nächsten Tagen anrufen?« Erleichtert atmete Kate aus und lachte. »Na klar, es war wirklich nett gewesen heute. Hier ist meine Karte.« »Danke. Im Austausch bekommst du auch eine Visitenkarte von mir.« Seine kurze Berührung war wie ein elektrischer Schlag und ließ Kates Herz schneller schlagen.
Sein Name war mit goldenen Lettern in teures Papier graviert, darunter stand: Freier Journalist. Seltsam, sie hatten gar nicht über seinen Beruf gesprochen. Fast die ganze Zeit hatte Kate nur von sich geredet und er hatte interessiert zugehört. »Okay, danke, Sam. Also dann, ruf mich an, wenn du magst.« »Bestimmt und komm gut nach Hause.«
Zuhause angekommen, bekam die Visitenkarte sofort einen Ehrenplatz an ihrer Pinnwand. Kate legte die neue CD von Pink ein und tanzte wie wild durch ihre kleine Wohnung. Bangla und Desh verkrümelten sich hinter dem Sofa und ließen ihren offenbar verrückt gewordenen Menschen nicht mehr aus den Augen.
Sie musste ein wenig runterkommen, sonst würde sie diese Nacht kein Auge zumachen. Außer Atem ließ sich Kate auf die Couch fallen, schnappte sich ihren Laptop, der griffbereit in der Sofaecke auf sie wartete und öffnete ihre Emails. Außer den üblichen Werbemails für Dinge, die sie eh nicht brauchte und wollte, war nichts Wichtiges dabei. Nachdem sie noch bei Facebook reingeschaut hatte, klickte sie die Video Online News an.
Mal sehen, was sich heute alles so ereignet hat
.
»Gestern Nacht ist auf Long Island ein grausames Verbrechen verübt worden. Das Opfer, ein berüchtigter Boss aus dem Rotlicht-Milieu, namens Rob Crossing, dessen Tätigkeitsbereich vorwiegend in der Prostitution und der Pornoindustrie lag, sowie seine Leibwächter und ein bis dahin noch nicht identifizierter Mann, wurden tot in der Crossing Villa aufgefunden. Nachbarn hatten gestern die Polizei gerufen, als schreckenserregende Schreie aus dem Haus zu hören waren. Die Polizei vermutet einen Racheakt des organisierten Verbrechens, da die Tat eine unglaubliche Brutalität aufweist.« Kate stoppte das Video, nach solchen Neuigkeiten stand ihr heute nicht der Sinn. Sie scrollte die Webseite
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