Gottessoehne
Sessel sinken.
Was war nur los mit Charlene? Sie wirkte, als wäre sie komplett durchgedreht. Kates Hand zitterte leicht und heißer Kaffee tropfte auf den Boden. Eine Tür schlug. Schritte näherten sich ihr. Sie blickte auf, und genau in Martins verzweifeltes Gesicht.
»Ich weiß nicht, was mit meiner Frau geschehen ist. Sie behauptet die ganze Zeit, dass unser Sohn nicht ihr eigenes Kind ist. Und dann dieses wahnsinnige Gefasel. Er hätte kein Gesicht... Du solltest sein Gesichtchen sehen, es ist vollkommen. Er ist jetzt schon der Liebling der gesamten Station.« »Was sagt denn der Arzt dazu?« »Er vermutet eine besonders schwere Form der Kindbettdepression. Wäre ja auch nicht auszuschließen, bei Charlenes gesundheitlicher Vergangenheit.« Er schluchzte. Kate berührte kurz seine Hand. »Martin, es tut mir so leid.« »Wieso bist du eigentlich hier?« Martins Stimme bekam einen misstrauischen Klang und er trat einen Schritt zurück. »Woher wusstest du, dass Charlene im Krankenhaus ist?« Verwundert schüttelte Kate den Kopf. »Du selbst hast mir doch die SMS gesendet, in der stand, dass Charlene das Kind bekommen hat und mich gerne sehen würde.« »Nein, ich habe dir keine SMS geschrieben. Was soll das?« Kate kramte in ihrer Tasche, holte ihr Handy heraus und blätterte durch die Nachrichten. »Komisch, ich kann sie nicht finden. Ich muss sie aus Versehen gelöscht haben.« Bitter lachte Martin auf. »Lass doch die Komödie. Dein Besuch war doch bestimmt der Wunsch von Charlenes Chef. Du sollst dich über Charlenes Gesundheitszustand informieren, um es dann an den Big Boss weiterzugeben. Na, jetzt kannst du ihm ja berichten, dass meine Frau verrückt geworden ist. Wird wohl nicht mehr lange dauern, bis uns die Kündigung ins Haus flattert.« Wütend sprang Kate von ihrem Sessel hoch. »Was denkst du von mir? So etwas würde ich nie tun.«
Martin hörte ihr aber nicht mehr zu, er hatte sich umgedreht und ging den Flur hinunter. Unheimliche Stille breitete sich aus, nachdem er die Tür zum Krankenzimmer seiner Frau ins Schloss hatte fallen lassen. In Kates Augen traten Tränen. Sie schluckte mehrmals und schüttelte fassungslos den Kopf. Was passierte hier? Wieso bat Martin sie erst zu kommen, um sie dann übelst zu beschimpfen. Oder hatte ihr jemand einen bösen Streich gespielt? Aber wer? Sie wollte nur noch nach Hause und die Wohnungstür hinter sich schließen.
Der folgende Tag wurde von dem Erlebnis im Krankenhaus überschattet. Lucy hatte in der Mittagspause nur stumm da gesessen, nachdem Kate ihr von Charlenes schrecklichem Zustand erzählte hatte. Das Ganze blieb rätselhaft, besonders Martins Verhalten. Am Abend ließ Kate sich müde und traurig auf ihr Bett fallen, sogar die Katzen konnten sie nicht aufheitern.
Kate seufzte und drehte sich zur Wand. Das Telefon klingelte. »Hallo«, meldete sie sich gleichgültig. »Hi Kate, hier ist Sam. Sam Saveal. Erinnerst du dich noch an mich?« Kate saß plötzlich kerzengrade auf der Bettkante. »Na klar. Mein edler Kaffeespender, mit der kleinen Hundephobie. Natürlich erinnere ich mich.« Ein warmes, weiches Lachen antwortete ihr. Ihr Herz schlug schneller und in ihrem Bauch kribbelte es. »Hättest du am Samstag Zeit?« »Ja, doch, am Samstag habe ich noch nichts vor.« »Ich hole dich um drei Uhr ab. Und dann, ja dann, lass dich einfach überraschen.« »Oh!«
Sei doch nicht so einsilbig, sonst denkt er noch du bist langweilig oder debil.
»Okay, dann stehe ich morgen Nachmittag vor deiner Tür und entführe dich. Ich hoffe, dass dir meine kleine Überraschung gefallen wird.« »Bestimmt.« »Dann mach's gut, ich freue mich schon darauf, dich wiederzusehen.« Kate legte auf und stieß dann ein enthusiastisches »Yippieeh« aus, grabschte sich Bangla, die gerade ihren Weg kreuzte, knutschte die überrumpelte Katze auf die Nase und tanzte durch den Raum. Noch immer vor sich hin strahlend hielt sie vor einer weißen Leinwand inne, stellte diese auf ihre Staffelei und begann mit wilden Pinselstrichen eine sonnengelbe Farbkomposition zu kreieren.
Bangla und Desh strichen ihr unermüdlich um die Beine, während Kate sich ein Outfit nach dem anderen vom Körper streifte und aufs Bett schmiss. Nicht zu sexy, aber auch nicht zu bieder, nicht zu bunt, aber auch nicht zu trist. Panik breitete sich in ihr aus, während sie wohl zum hundertsten Mal auf die Armbanduhr schielte. »Ich habe einfach nichts anzuziehen«, sagte sie genervt zu den beiden Katzen, die
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