Gottessoehne
weiß, dass ich gesagt habe, dass es mir gleich wäre, wer du bist, solange deine Gefühle für mich echt wären. Das war gelogen, wie ich mir eingestehen muss. Ich will wissen, wer du bist! Es ist auch mehr als seltsam, dass ich im Web nichts unter deinem Namen gefunden habe und dass, obwohl du angibst, Journalist zu sein. Mir kam die Idee, deinen Vor- und Nachnamen zusammenzuschreiben und das ea in ee zu ändern. Plötzlich entdeckte ich eine Website, in der dieser Name als der eines gefallenen Engels angegeben war. Gehörst du etwa zu einer dieser Satanisten-Sekten? Wer bist du wirklich?«
Sam war aufgestanden, in seinem Gesicht zeigten sich die widersprüchlichsten Gefühle: Abwehr, Angst und Liebe. Seine Augen, nun blauschwarz wie zwei tiefe Seen, ruhten schmerzvoll auf Kates Gesicht. »Bitte glaube mir, ich bin kein Satanist!«
»Und wie kam es dann, dass du zum gleichen Zeitpunkt und am gleichen Ort wie diese Irren aufgetaucht bist?«
»Ich habe gefühlt, dass du in einer brenzligen Situation steckst.« »Wie soll ich das verstehen? Du spürtest, dass ich in Gefahr bin? Sprichst du von Telepathie oder so etwas Ähnlichem? Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie das funktionieren soll.« Kate lachte freudlos auf. »Ich weiß nicht mehr, was ich glauben oder nicht glauben soll. Bitte sag mir endlich die volle Wahrheit.«
Sam trat von einem Fuß auf den anderen, ihm war das Gespräch mehr als unangenehm. »Also, du willst wirklich die ganze Wahrheit erfahren? Auch wenn die Wahrheit so ganz anders sein sollte, als du es dir vorstellst?« Sie nickte stumm. Er holte tief Luft. »Ich, ich bin kein Mensch!« Kate schaute ihn 15 Sekunden sprachlos mit großen Augen an.
»Was meinst du damit, du bist kein Mensch? Bitte, mir ist jetzt nicht nach Scherzen zumute. Fehlt nur noch, dass du behauptest, ein Vampir zu sein.«
Sam verzog spöttisch das Gesicht und lachte. »Vampir!? Nein, natürlich nicht. Allerdings läge ich dann voll im Trend, die stehen bei euch ja momentan hoch im Kurs.«
»Du bist doch nicht etwa…, nein das glaub ich nicht.« Bei dem Gedanken, Sam könnte ein Alien, ein Außerirdischer sein, verzog sie angeekelt ihren Mund. Sofort hatte sie die Assoziation von einem hochtechnischen Labor, in dem sie bewusstlos auf einem sterilen weißen Tisch lag und absurde, mehrarmige Wesen ihr spitze Gerätschaften in den Körper stießen. Nein, das auf keinen Fall. »Du meinst das doch nicht ernst, das ist doch ein Witz, oder? Sag mir endlich was los ist.«
»Also gut, du willst es so«, er trat einen Schritt zurück. »Ich werde dir zeigen, wer ich wirklich bin. Wenn ich versuche, es dir zu erklären, würdest du mir erst recht nicht glauben.«
Er ließ seine schwarze Jeansjacke vom Oberkörper gleiten und streifte das weiße T-Shirt über den Kopf. Dann straffte er die Schultern, konzentrierte sich und schloss die Augen. Um ihn herum fing die Luft wie unter einer großer Hitze an zu flirren. Ein Leuchten aus strahlenden Regenbogenfarben breitete sich hinter seinem Rücken aus. Das gleißende, bunte Licht vibrierte nach allen Seiten, als wäre es lebendig. Von dem Anblick überwältigt riss Kate den Mund auf und vergaß zu atmen. Das irisierende Licht ließ Sams Schönheit überirdisch erscheinen. Das Flimmern endete, das buntschillernde Lichtgebilde hatte seine endgültige Form gefunden. Sam öffnete die Augen und sah Kate erwartungsvoll an. Kate hauchte ein überwältigtes »Oh« als sie die Form der Lichtaura erkannte: Zwei gewaltige Flügel.
»Du siehst aus wie ein Engel, zumindest so, wie ich mir einen Engel vorstelle. Aber das kann doch nicht wahr sein, du bist doch kein Engel, oder?«
Trauer überschattete Sams Antlitz und die Farbe seiner Augen änderte sich von einem sonnenbeschienen Meer zu grauer Düsternis. Er klappte die ätherisch schimmernden Flügel zusammen und zog sich das weiße T-Shirt wieder über. »Fast richtig. Ich bin ein Grigori. Vor sehr, sehr langer Zeit habe ich einmal zu der riesigen Schar der Engel gehört.«
Kate schlug beide Hände vor ihren noch immer offen stehenden Mund. »Oh Gott, oh Gott, oh Gott…« Ihr Atem ging immer schneller. »Kate, beruhige dich Liebes, sonst fällst du mir noch in Ohnmacht. Verstehst du jetzt, warum es mir so schwergefallen ist, dir die Wahrheit zu sagen?« Kate schnappte nach Luft. »Jetzt verstehe ich, warum du mir von deiner Vergangenheit nichts erzählen konntest. Das hätte ich dir wirklich nie und nimmer geglaubt. Da begegne ich meinem
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