Gottesstreiter
Wurfspieß an den Boden geheftet. Jemand fluchte,
jemand lachte und lachte.
Als ob es da etwas zu lachen gäbe.
»Steh auf!«, hörte er eine Stimme von oben sagen. »Wir haben die Teufel verjagt.«
Er erhob sich. Bewaffnete Berittene umringten ihn, darunter ein Ritter in Rüstung, der das Blut von seiner Klinge wischte. |332| Dieser war es, der ihm befohlen hatte aufzustehen. Reynevan erblickte unter dem geöffneten Visier der Hundsgugel ein bärtiges
Gesicht. Ein seltsam bekanntes Gesicht.
»Ist alles heil? Haben sie dir nichts abgebissen?«
Die Bewaffneten lachten, als er unwillkürlich mit der Hand über die vorne aufgerissene Hose fuhr. Der Ritter nahm den Helm
ab. Reynevan erkannte ihn sofort.
»Es hat sich also doch gelohnt«, sagte, die Hand auf den Sattelknopf gestützt, Janko Schaff, der Herr auf Burg Kynast. »Es
hat sich gelohnt, ein paar Tage hier durch die Gegend zu streifen. Ich hab gespürt, dass du es schaffst, aus Troský zu verschwinden,
Reynevan von Bielau.«
Nahe beim Wege, unter einer Gruppe von riesigen Eichen, machten sie Rast. Einige Bewaffnete waren verschwunden, um die Kobolde
zu verfolgen, was kaum Erfolg versprach. Der Rest hatte sich eine Weile an den Leichen ausgetobt, sie betrachtet und über
sie gesprochen. Schließlich wurden die vier erschlagenen Waldschrate mit den Beinen nach oben an einem Ast aufgehängt, und
die Knechte machten sich daran, ihnen das Fell abzuziehen, das als Siegesbeweis und Trophäe dienen sollte. Reynevan sah mit
finsterer Miene zu. Er war sich nicht sicher, ob sie nicht anschließend damit beginnen würden, auch ihm das Fell abzuziehen.
Der vorgeblich freundliche, gleichzeitig aber boshaft-listige Gesichtsausdruck Janko Schaffs verhieß nichts Gutes. Reynevan
ließ sich von der gekünstelten Herzlichkeit nicht täuschen.
»Ein Glück, dass du geschrien hast und wir dich gehört haben«, meinte der Herr auf Kynast. »Sonst wäre es dir wahrscheinlich
schlecht ergangen. Wir kennen diese haarigen Kerle, es gibt viele davon in den Wäldern des Riesengebirges. Im Winter treibt
sie der Hunger näher an die menschlichen Behausungen heran. Sie greifen in Rudeln an und fressen einen bei lebendigem Leibe
auf, bis auf die Knochen. Die einen sagen, dass die Weiber des Bergvolkes sie in die Welt setzen, |333| nachdem sie sich mit Hunden gepaart haben, pfui, wie abscheulich! Andere sagen, das seien
simiae
, Tiere von jenseits des Ozeans, die die Templer früher gezüchtet haben. Wieder andere meinen, das seien Teufel, die aus Löchern
in der Hölle herauskriechen. Stimmt’s, Zwicker?«
»Was böse ist, kommt vom Teufel«, antwortete der Priester, der gerade vorbeikam und unter seiner Kapuze hervor Reynevan mit
einem ungewöhnlich giftigen Blick bedachte. »Und jede Sünde ruft nach Strafe.«
»Blödmann!«, kommentierte Schaff halblaut. »Holla, Junker Bielau! Die Gefahr ist gebannt, und du läufst immer noch mit düsterem
Blick herum. Du hast gegessen, du bist mit Kleidung versehen worden, und dennoch bist du immer noch nicht du selbst. Warum
denn?«
»Auf Troský wolltet Ihr mich kaufen!« Reynevan hatte sich entschlossen, die Karten auf den Tisch zu legen. »Vierzig Schock
Groschen hättet Ihr für mich gegeben, ohne zu zögern, ohne darüber nachzudenken, ob sich das beim Weiterverkauf für Euch auch
lohnen würde. Wen hattet Ihr denn als Käufer für mich vorgesehen, wenn man fragen darf? Die Inquisition? Den Bischof von Breslau?«
»Auf den Bischof hat der Hund geschissen!«, Schaff spuckte aus. »Auf die Inquisition auch. Ich wollte dich aus reiner Herzensgüte
freikaufen. Aus Wohlwollen.«
»Wohlwollen für wen? Wir kennen uns doch kaum.«
»Wir kennen uns besser, als du glaubst. Dein Bruder Peter, Gott sei seiner Seele gnädig, war ein ordentlicher Mensch. Als
ich sie brauchte, hat er mir seine Hilfe nicht verweigert. Auch nicht das Darlehen. Wenn wir, die Schaffs, Hilfe brauchten,
wer hat sie uns gewährt? Peter von Bielau!«
»Aha.«
»Und wer ist jetzt hinter Reinmar, Peters Bruder, her? Wer verfolgt ihn? Der Bischof? Auf den scheißt der Hund, hab ich gesagt!
Die Sterz ’? Die Sterz ’ sind gewöhnliche Räuber. Herzog Johann von Münsterberg, der wütend darüber ist, dass |334| Reinmar sein Liebchen besessen hat, weil sie einen Jüngeren und Tatkräftigeren bevorzugte? Und schließlich Johann von Biberstein
auf Stolz? Angeblich ein edler Herr, und was tut er? Für die Ergreifung eines
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