Gottesstreiter
schwören.«
Die Ritter brachen in dröhnendes, herzhaftes Gelächter aus. Dachs lachte Tränen.
»Ach, Herr von Bielau, du kannst einen aber auch zum Lachen bringen!« Er wischte sich die Tränen aus den Augen. »Du schwörst,
sagst du? Ach, schwör, so viel du willst! Wir aber werden dich mit einem dicken Strick binden und dich auf einen plumpen Ackergaul
setzen, damit dir nicht einfällt davonzugaloppieren. All dies nur zu deiner Sicherheit. Nimm’s nicht persönlich.«
|354| Es dauerte nicht lange, und sie machten sich auf den Weg. Reynevan wurden, wie Dachs es versprochen hatte, die Hände gefesselt,
ohne unnötige Grausamkeit, aber sicher und fest. Wie versprochen, wurde er auch auf ein Pferd gesetzt, besser gesagt, auf
einen hässlichen, schwerfälligen Klepper mit schiefer Hinterhand, der nicht in der Lage war zu galoppieren, ja nicht einmal
traben konnte. Auf so einem Tier konnte er nicht im Traum fliehen, hätte er nicht einmal ein Paar Ochsen im Joch überholen
können.
Sie ritten nach Osten, Richtung Hirschberg. Zu der Straße, die Görlitz mit Schweidnitz, Neisse und Ratibor verband.
Ich reite nach Schlesien, dachte Reynevan und rieb seine juckende Nase am Kragen seines Pelzmantels. Ich kehre nach Schlesien
zurück, wie ich es mir selbst und anderen versprochen habe.
Wenn Filou das wüsste, würde er sich bestimmt darüber freuen. Wir haben Anfang November, kaum vier Tage nach Allerseelen.
Bis Weihnachten ist noch viel Zeit, und ich bin schon in Schlesien.
Sie ritten nach Osten, Richtung Hirschberg. Zu der Straße, die man Sudentenstraße nannte und die Görlitz mit Schweidnitz,
Neisse und Ratibor verband. An der Frankenstein lag. Und die Gegend von Schloss Stolz.
Das Schloss, dachte Reynevan, während er seine Nase an dem Kragen rieb, auf dem meine Nicoletta weilt. Und mein Sohn.
Gegen Mittag erreichten sie die Ortschaft Hermsdorf. Hier wurden sie schneller, sie trieben die Pferde an und blickten immer
wieder unruhig zu dem Granitfelsen und dem Turm der Burg Kynast empor, die sich über der Ortschaft erhob. Nikolaus Dachs,
der sie vor den Listen etwaiger Verfolger gewarnt hatte, hatte ihnen befohlen, in der Nähe von Kynast besondere Vorsicht walten
zu lassen. Zwar sagte ihnen ihr Verstand, dass Janko Schaff nicht in seiner Burg sein konnte, denn der Weg, |355| der ihn über die Berge und durch die Täler des Riesengebirges führte, musste wesentlich mehr Zeit in Anspruch nehmen als der
Weg, den sie gewählt hatten. Aber die Unruhe quälte sie so lange, bis die Burg aus ihrem Blickfeld verschwand.
Im Tal ritten sie an Warmbrunn vorüber, einem Dorf, das für seine warmen Quellen und Heilwässer berühmt war. Bald sahen sie
auch Hirschberg, zunächst den Turm der Pfarrkirche und die sich über der Stadt erhebende Burgbastei. Die Burg hatte vor etwa
dreihundert Jahren Boles ław III. Krzywousty, Boleslaw Schiefmund, Fürst von Polen, errichtet, und sein direkter Nachkomme, Bolko I. von Schweidnitz und Jauer,
hatte sie ausgebaut.
Liebenthal, der die Eskorte anführte, wendete sein Pferd, ritt heran und packte die Zügel von Reynevans Pferd. Dann holte
er ein Messer hervor und schnitt Reynevans Fesseln an der Hand durch.
»Wir reiten jetzt durch die Stadt«, erklärte er ungerührt. »Ich will nicht, dass die Leute glotzen. Und sich die Mäuler zerreißen.
Verstehst du?«
»Das verstehe ich. Danke.«
»Danke mir nicht zu früh. Denn du musst wissen: Wenn du irgendwelche Kunststückchen versuchst, dann schneide ich dir mit diesem
Messer die Ohren ab. Ich schwöre bei der Heiligen Dreifaltigkeit, dass ich dies tun werde. Ich schneide dir die Ohren ab,
selbst wenn ich bei Biberstein dafür büßen sollte. Sieh dich also vor!«
»Denke auch daran«, fügte Priedlanz, der mit dem hellen Schnurrbart, hinzu, »dass dir, auch wenn du unser Gefangener bist,
von anderen womöglich weit schlimmere Dinge drohen. Deine Verfoger haben Übles mit dir vor, Folter und Tod, du weißt doch
noch, was Dachs gesagt hat. Wer weiß, wer uns folgt. Vielleicht Foltsch und dieser andere, Warnsdorf von Rohsetz? Vielleicht
de Bergow? Klüx? Janko Schaff? Und die Gegend hier, musst du wissen, das ist Schaffs Gebiet und das seiner Verwandten und
Vettern: der Nimptschs, der Zedlitz ’ und der Redern. |356| Solltest du uns entkommen, kommst du nicht weit. Die Bauern fangen dich und liefern dich ihren Herren aus.«
»Das wird nicht ausbleiben«, der dritte Mann der
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