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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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nicht aufgehoben. Aber Vogelsang   ... Wenn ich Vogelsang erwischen könnte, ha, das wäre doch was! Und dieser verdammte Reynevan von Bielau, dieses Subjekt,
     wird immer interessanter, das muss ich zugeben   ... Er könnte mich zu Vogelsang führen.«
    Der Bischof leerte seinen Becher mit Rheinwein. Seit dem Gottesdienst am Morgen hatte er heute bereits drei Krüge mit verschiedenen
     Weinen geleert, grob geschätzt. Wein verlieh Gesundheit, vertrieb die Melancholie, stärkte die Potenz und schützte vor Seuchen.
    |361| »Den Nachrichten von Prior Burchard aus Oybin ist zu entnehmen, dass Bielau jetzt etwa in der Nähe von Bolkenhain sein muss«,
     fuhr er fort und goss sich erneut Wein ein, »man kann also damit rechnen, dass er am Sonntag,
nona die Novembris
, also in zwei Tagen, Schweidnitz erreicht. Ha! Ich habe Agenten bei den Schweidnitzer Dominikanern, aber ich befürchte, dass
     viele davon für beide Seiten arbeiten, also auch für Hejncze   ... Ich werde jemanden von meinen eigenen Vertrauensleuten schicken müssen   ... Ha! Ich trenne mich nur ungern von meiner Leibwache, man hat mir von geplanten Attentaten auf mich berichtet. Hussiten,
     selbstverständlich. Ach, denen würde ich es nur zu gern zeigen, wenn ich bloß die vom Vogelsang erwischen könnte   ... Wenn ich sie auf meine Seite ziehen und sie umdrehen könnte, damit sie sofort damit beginnen, für mich zu arbeiten   ... Ha! Verstehst du meinen Plan, Birkhart, mein Sohn?«
    Der Mauerläufer antwortete nicht. Er hüllte sich fester in seinen Pelz, im Zimmer war es kalt, der vom Reichensteiner Gebirge
     wehende kalte Wind drang durch alle Ritzen ins Innere des Neissener Schlosses.
    »Du verstehst ihn«, Konrad beantwortete seine Frage selbst, »und du verstehst daher auch den Befehl, den ich dir hiermit gebe:
     Lass Reynevan in Ruhe. Mal unter uns: Durch welches Wunder ist er dir eigentlich im Riesengebirge entkommen?«
    »Wunder«, entweder zuckte das Gesicht des Mauerläufers, oder die Kerzen flackerten, »Wunder gibt es immer wieder, bezweifeln
     Euer Exzellenz dies etwa?«
    »Ja, doch, ich bezweifle es. Denn ich habe gesehen, wie man sie macht. Aber jetzt ist nicht die Zeit für einen Disput. Wie
     es scheint, hat die Vorsehung beschlossen, dass dir Reynevan entkommen sollte. Pfeif also deine Bluthunde zurück, deine berühmte
     Todesrotte, deine schwarzen Reiter. Sie sollen still auf Burg Sensenberg sitzen bleiben und die Befehle abwarten. Wir werden
     sie brauchen, wenn wir, den Spuren Reinmar von Bielaus folgend, auf Vogelsang stoßen. Du aber, Birkhart von |362| Grellenort, wirst ständig in meiner Nähe sein, an meiner Seite. Hier in Neisse. Auf dem Schloss in Ottmachau. In Breslau.
     Mit einem Wort, du wirst immer da sein, wo auch ich bin. Ich will dich bei mir haben. Immer und überall. Ich habe dir gesagt,
     die Hussiten planen ein Attentat auf mich, sie trachten mir nach dem Leben   ...«
    Der Mauerläufer nickte. Er wusste nur zu gut, dass dieses »geplante Attentat« reinster Unsinn war, den sich der Bischof selbst
     ausgedacht hatte, um einen Vorwand für Terror und Verfolgung zu haben. Äußerst fragwürdig war auch die Verbindung Reynevan
     von Bielaus zu der hussitischen Geheimorganisation mit dem Decknamen »Vogelsang«. Bischof Konrad verfügte zwar über zahlreiche
     Informationsquellen, aber die waren nicht immer glaubwürdig. Nur zu häufig berichteten die Zuträger dem Bischof das, was er
     wollte, dass man ihm zutragen sollte.
    »Für den Fall eines solchen Attentats«, sagte er dann, »wäre es vielleicht besser, wenn meine Reiter   ...«
    »Deine Reiter sollen auf Burg Sensenberg still sitzen!« Der Bischof schlug mit der Faust auf den Tisch. »Ich habe es dir gesagt!
     Es wird schon zu viel über diese Reiter geredet! Hejncze sieht mir auf die Finger, der würde sich freuen, wenn er mich mit
     den Reitern, mit dir, mit schwarzer Magie und mit Hexerei in Verbindung bringen könnte! Es wird schon viel zu viel über euch
     geredet, zu viele Gerüchte sind bereits im Umlauf!«
    »Wir haben uns ja auch große Mühe gegeben, sie in Umlauf zu bringen«, erinnerte ihn der Mauerläufer gelassen. »Sie sollten
     Schrecken hervorrufen. Das war schließlich unser gemeinsames Handeln, Bischof. Ich habe nur durchgeführt, was wir gemeinsam
     beschlossen haben. Und das, was du mir befohlen hast. Für unsere Sache.
Ad maiorem Dei gloriam.
«
    »Für unsere Sache?« Der Bischof nahm einen Schluck aus dem Becher und verzog das

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