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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Summe
     von hundert Schock Groschen als Lösegeld für Keuschburg genannt. Den hussitischen Hauptmann Jan Čapek hatte er auf sechzig
     heruntergehandelt. Und von Herrn Friedrich hatte er dann achtzig verlangt.
    Nachdem die Erzählung von den Abenteuern des Nickel von Keuschburg sowohl auf der oberen als auch auf der unteren Burg die
     Runde gemacht hatte, verließ ein Reiter heimlich Falkenberg.
    Er schonte sein Pferd nicht. Nach nicht ganz einer Stunde Ritt hämmerte er, kurz vor Mitternacht, an die Pforte des wie eine
     Festung ausgestatteten Klosters der Cölestiner in Oybin. Im Kloster schlief niemand mehr – die strenge Cölestinerregel hieß
     alle, um Mitternacht aufzustehen und sich zu Gebet und Arbeit zu begeben.
     
    »Von woher haben wir diese Nachricht erhalten?«
    »Aus Oybin, Euer Hochwürden. Von den Cölestinern. Von Prior Burchard.«
    »Mit welcher Verzögerung?«
    »Die Nachricht kam gestern Nacht aus Oybin, also
post sextam diem mensis Novembris
, um drei Uhr nachts. Und jetzt haben wir die Nacht nach dem siebten November, und eben verstreicht |359| die erste Morgenstunde. Der Bote, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, ist Tag und Nacht geritten und hat das Pferd nicht
     geschont. Die Nachricht, die er bringt, muss als sehr neu angesehen werden.«
    Gregor Hejncze, der
inquisitor a Sede Apostolica specialiter deputatus
der Diözese Breslau, setzte sich bequem hin und streckte seine Schuhsohlen der aus dem Kamin quellenden Wärme entgegen.
    »Das war ja zu erwarten«, brummte er. »Das war zu erwarten, dass Reinmar von Bielau nicht ruhig sitzen bleibt, besonders nicht,
     wenn er erfährt, dass er   ... Wenn er von gewissen Dingen erfährt. Es war auch vorherzusehen, dass die Bibersteins ihn erwischen. Sie bringen ihn natürlich
     nach Stolz?«
    »Natürlich«, bestätigte Łukas Bożyczko, ein Pole, der begeistert und interessiert für das Heilige Officium arbeitende Diakon
     von St. Lazarus. »Sie reiten selbstverständlich auf der Sudetenstraße, sie müssten jetzt etwa in der Nähe von Bolkenhain sein.
     Nachts sind sie gewiss nicht unterwegs, und die Tage werden immer kürzer. Euer Hochwürden? In Schweidnitz könnten wir sie
     abfangen. Dort haben wir Leute   ...«
    »Ich weiß, dass wir dort welche haben.«
    »Wenn er   ...«, der Diakon hüstelte in seine Faust, »wenn Reinmar von Bielau einmal auf Stolz ist, kommt er lebend dort nicht wieder
     heraus. Wenn er Herrn Johann von Biberstein in die Hände fällt, wird dieser ihn zu Tode quälen. Er hat Herrn Johanns Tochter
     geschändet, Herr Johann wird sich grausam an ihm rächen   ...«
    »Wenn er schuldig geworden ist«, unterbrach ihn Hejncze, »hat er die Strafe verdient. Hast du etwa Erbarmen mit ihm? Das ist
     doch ein Ketzer, ein Hussit, sein Tod bedeutet für uns als gute Katholiken eine Freude, ein Glück. Je grausamer sein Tod ist,
     umso größer ist unsere Freude. Du hast doch geschworen, ganz Schlesien hat geschworen. Muss ich dich erst an die Rota erinnern?
     ›Die Ketzer und in dem Glauben irresame Leute zu tilgen und zu verderben   ... ‹ So hieß es doch, nicht wahr?«
    |360| »Ich wollte nur   ...«, stotterte der durch den Sarkasmus des Inquisitors völlig aus der Fassung gebrachte Diakon, »ich wollte nur zu bedenken
     geben, dass jener Reinmar wissen kann   ... Wenn Biberstein ihn zu Tode foltert, dann werden wir   ...«
    »Dann wird uns die Möglichkeit genommen, ihn selbst zu Tode zu foltern«, beendete Hejncze den Satz. »Ja nun, ein solches Risiko
     besteht.«
    »Das ist ziemlich sicher.«
    »Sicher ist nur die Steuer. Und dass die römische Kirche ewig ist.«
    Dem Diakon gingen die Argumente aus.
    »Du sendest einen Boten nach Schweidnitz«, sagte der Inquisitor nach einer Weile. »Zu den Dominikanern. Sie sollen ihre besten
     Agenten losschicken. Die sollen ihnen folgen und sie diskret observieren. Denn ich denke   ...«
    Hejncze bemerkte, dass er dabei war, ein Selbstgespräch zu führen. Er riss seine Augen von dem Wasserfleck an der Decke und
     sah den ein wenig blass gewordenen Diakon an.
    »Ich denke«, beendete er den Satz, »dass sich Reinmar von Bielau aus der Affäre ziehen wird. Ich denke, es besteht durchaus
     eine Chance, dass er uns hinführen wird zu   ...«
     
    »...   dass er mich zu Vogelsang führen wird«, beendete Konrad von Oels, der Bischof von Breslau, seinen Satz. »Die Sache mit den
     geraubten Steuergeldern ist ein Klacks, das erledigen wir schon, ohnehin ist aufgeschoben

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