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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Řehors gleichmütig den Satz. »Dann sind wir dir gefolgt. Einige von uns dachten,
     du würdest auf direktem Wege nach Schweidnitz galoppieren, um dich unter den Fittichen der Inquisition zu bergen   ... Olbram   ...«
    »Eben«, warf Reynevan ein, als der Blonde verstummt war, »wo ist dieser Herr Olbram? Mein Möchtegernmörder?«
    Bisclavret schwieg lange. Řehors räusperte sich leise. Auf Drosselbarts schmalen Wangen erschien eine seltsame Starre.
    »Wir waren unterschiedlicher Meinung«, antwortete der Dürre schließlich, »über dich. Darüber, was wir tun sollten. Wir haben
     uns mit ihm nicht einigen können, daher   ...«
    »Daher ist er fortgeritten«, warf Řehors rasch ein. »Jetzt sind wir zu dritt. Lasst uns hier nicht weiter herumstehen, die
     Nacht bricht herein. Reiten wir nach Wolmessen.«
    »Nach Wolmessen?«
    »Wir haben Wolmessen und das Gasthaus ›Zum silbernen Glöckchen‹ überprüft«, sagte Drosselbart. »Das ist ein guter und sicherer
     Standort. Wir wollen ebenfalls dort bleiben. Hast du etwas dagegen?«
    »Nein.«
    »Dann auf die Pferde, und los!«
    Es wurde Nacht, zum Glück war es hell, der Mond schien, und der Schnee blitzte und blinkte.
    »Ihr habt mir lange Zeit nicht vertraut«, meinte Reynevan, als sie den Wald verließen und auf die Straße gelangten. »Fast
     hättet ihr mich getötet. Ich bin Peterlins Bruder, und doch   ...«
    »Ein Zeitalter ist heraufgezogen«, unterbrach ihn Drosselbart, »in dem ein Bruder den anderen verrät und sich verhält wie
     Kain. Ein Zeitalter ist heraufgezogen, in dem der Sohn den |459| Vater verrät, die Mutter den Sohn, die Frau den Mann. Der Dienstmann verrät den König, der Soldat seinen Anführer und der
     Priester Gott. Wir hatten dich im Verdacht, Reinmar. Es gab Gründe dafür.«
    »Wie das?«
    »In Frankenstein hast du im Gefängnis der Inquisition gesessen«, erklärte Řehors, der an der anderen Seite Reynevans ritt.
     »Der Inquisitor Hejncze hätte dich anwerben können. Dich zur Zusammenarbeit zwingen können, durch Erpressung oder Drohung.
     Oder dich ganz einfach kaufen können.«
    »Eben«, bekräftigte Drosselbart und rückte seine Kapuze zurecht. »Darum ging es. Und nicht nur darum.«
    »Worum denn noch?«
    »Neplach hat dich als Köder nach Schlesien geschickt«, lachte Bisclavret, der hinter ihm ritt. »Er war der Fischer, wir die
     Fische, und du der Regenwurm am Haken. Wir wollten einfach nicht glauben, dass du so naiv bist, auf einen solchen Handel einzugehen.
     Ohne ein eigenes, verborgenes Ziel, ohne ein doppeltes Spiel zu spielen. Wir waren nicht sicher, was für ein Ziel das war
     und was für ein Spiel. Aber wir hatten allen Grund, das Schlimmste zu befürchten. Gib es zu.«
    »Das hattet ihr.« Er gab es allerdings nur ungern zu.
    Sie ritten weiter. Der Mond schien. Die Hufe stampften über den gefrorenen Boden.
    »Drosselbart?«
    »Ja, Reinmar?«
    »Ihr wart vier. Jetzt seid ihr drei. Und am Anfang? Wart ihr da nicht mehr?«
    »Das waren wir. Aber die anderen haben sich verfranzt.«
     
    Drosselbart, Bisclavret und Řehors richteten sich im »Glöckchen« mit der Sorglosigkeit erfahrener Weltbürger ein, wie Reynevan
     sie bis dahin nur bei Scharley gesehen und erfahren hatte. Der Gastwirt setzte zunächst eine mehr als zweideutige |460| Miene auf und hatte seine flinken Augen überall, aber dann beruhigte ihn die ansehnliche und bis an den Rand mit Hartgeld
     gefüllte Börse, die Drosselbart ihm aushändigte. Und Reynevans Zusicherung, dass alles bestens und in schönster Ordnung sei.
    Verhalten und Miene des Gastwirts waren aber gar nichts verglichen mit der Reaktion von Tybald Raabe, der am Tag darauf in
     Wolmessen erschien. Der Goliarde stand wie vom Donner gerührt da. Natürlich hatte er Bisclavret sofort erkannt und wusste,
     mit wem er es zu tun hatte. Er konnte sich lange Zeit nicht beruhigen und sein Misstrauen nicht ablegen, dazu bedurfte es
     eines langen Gesprächs unter Männern. An dessen Ende atmete Tybald Raabe erleichtert auf. Und überbrachte die Nachrichten,
     die er eingeholt hatte.
    In allernächster Zeit, so erklärte er, würde ein Emissär nach Wolmessen kommen, ein Bote von Prokop und Neplach.
     
    Die »allernächste Zeit« war, wie sich zeigte, erst der fünfte Dezember, der Freitag nach dem Festtag der heiligen Barbara.
     Der lang erwartete Abgesandte von Prokop und Filou hingegen war zur allgemeinen Verwunderung und zur großen Freude Reynevans
     ein alter Bekannter: Urban

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