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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Belagerung wäre dies
     ein vollendeter Belagerungsturm, noch dazu ein gemauerter. Die günstigste Schussdistanz für Büchsen beträgt vierhundert Schritte,
     Kugeln, die von der Klostermauer abgeschossen werden würden, würden mitten in der Stadt einschlagen, genau ins Rathaus. Sie
     beweisen Verstand, wenn sie es niederreißen.«
    »Beim Abbruch packen die Franziskaner selbst am eifrigsten mit an«, bemerkte Scharley, »die tummeln sich, wie ich sehe, mit
     erstaunlichem Eifer, geradezu fröhlich. Dies ist wirklich ein Symbol dafür, wie das Schicksal regiert. Eigenhändig reißen
     sie ihr eigenes Kloster nieder, und dazu noch mit Freuden.«
    »Ich habe ja gesagt, sie handeln klug. Gott, ist das ein Gedränge auf dieser Brücke   ... Zum Teufel noch mal   ... Kontrollieren die oder was?«
    »Wenn die Nachricht schon bis hierher gelangt ist   ...« Řehors blickte verwirrt den noch immer schweigenden Reynevan an.
    |521| »Ist sie nicht«, unterbrach ihn Scharley, »kann sie gar nicht. Gerate jetzt bloß nicht in Panik.«
    »Das werde ich nicht, das tue ich nie«, verwahrte sich Řehors. »Und jetzt lebt wohl. Ich komme nicht mit in die Stadt, ihr
     werdet außerhalb der Stadtmauer einen Verbindungsmann brauchen. Bisclavret, dieselben Signale wie immer?«
    »Klar doch. Auf Wiedersehen.«
    Řehors trieb sein Pferd an, verschmolz mit der Menge und verschwand in ihr. Die Übrigen rückten im Schildkrötentempo zur steinernen
     Brücke vor. Reynevan schwieg. Scharley ritt näher und stieß ihn leicht an.
    »Was du getan hast, hast du getan«, sagte er in beruhigendem Tonfall. »Du machst es nicht ungeschehen. Ein paar Nächte lang
     wirst du, statt zu schlafen, die Decke anstarren und Gewissensbisse haben. Aber jetzt musst du dich zusammenreißen!«
    Reynevan räusperte sich und sah Samson an. Samson sah nicht weg. Er nickte, um zu zeigen, dass er mit Scharley übereinstimmte.
    Aber er lächelte dabei nicht.
    Am Brückenkopf standen eine Abteilung Hellebardenträger und eine Gruppe von Mönchen in schwarzen Habiten, mit ledernen Riemen
     gegürtet, ein Zeichen dafür, dass es Augustiner waren.
    »Achtung!«, riefen die Zehnerschaftsführer. »Achtung, Leute! Die Stadt bereitet sich auf die Verteidigung vor, Zutritt zur
     Brücke haben daher nur diejenigen, die mit Waffen umgehen und kämpfen können! Nur diejenigen, die mit Waffen umgehen können!«
    »Wer nicht bewaffnet, aber arbeitsfähig ist, hilft, das Kloster zu schleifen und Palisaden zu errichten. Nur solche Familien
     können in Glatz bleiben. Der Rest zieht weiter zur Vorstadt Fischerberg, dort kochen und verteilen die Franziskanerbrüder
     Mahlzeiten, auch Kranke werden dort behandelt. Von dort aus, wenn ihr euch ausgeruht habt, zieht nach Norden, nach |522| Wartha. Ich sag’s noch einmal, Glatz bereitet sich auf die Belagerung vor, Zutritt nur für diejenigen, die mit Waffen umgehen
     können! Diese begeben sich unverzüglich auf den Marktplatz und stellen sich dort den Zunftmeistern zur Verfügung   ...«
    Die Menge wogte und lärmte, aber die Hellebardenträger blieben standhaft. Daraufhin begann die Menge sich zu teilen, die einen
     gingen auf die Brücke zu, die anderen machten sich laut schimpfend und fluchend weiter auf den nach Breslau führenden Weg,
     der sich zwischen dem Ufer der Neiße und den Hütten der Vorstädte dahinschlängelte.
    Das Gedränge ließ etwas nach.
    »Achtung! Die Stadt bereitet sich auf die Verteidigung vor! Zugang nur für diejenigen, die mit Waffen umgehen können!«
    Am Brückenkopf entstand ein Tumult. Dort wurde ein Streit ausgetragen, aufgeregte Stimmen waren zu hören. Reynevan stellte
     sich in die Steigbügel, um besser zu sehen. Drei Geistliche in Reisegewändern stritten sich mit einem Hundertschaftsführer,
     der ein weiß-blaues Wappenfeld auf seiner Tunika trug. Zu den Streitenden gesellte sich ein hoch gewachsener Augustinermönch
     mit einer Adlernase und eckigen Brauen.
    »Hochwürden Propst Feßler von der Pfarrei in Waltersdorf?«, fragte der Augustiner, einen der Geistlichen erkennend. »Was führt
     Euch nach Glatz?«
    »Das kann doch wohl nur ein dämlicher Scherz sein!«, antwortete der Priester und runzelte übertrieben die Stirn. »Als ob Ihr
     nicht wüsstet, was mich hierher führt! Aber wir werden hier nicht vor den Augen des Pöbels disputieren. Schafft die Soldaten
     aus dem Weg, ehrwürdiger Vater! Landstreichern könnt Ihr den Zutritt verwehren, aber nicht mir. Ich bin schon die ganze

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