Gottesstreiter
Nacht
unterwegs, da muss ich mich vor der Weiterreise ausruhen.«
»Wohin führt Euch denn Euer Weg, wenn mir erlaubt ist, zu fragen?«, erkundigte sich der Augustiner gedehnt.
»Spielt hier nicht den Dummen!« Der Propst gab sich immer |523| noch übertrieben aufgebracht. »Diese teuflischen Hussiten ziehen gegen uns heran, eine große Streitmacht, sie brennen, rauben
und morden. Da mir mein Leben lieb ist, fliehe ich nach Breslau, vielleicht kommen sie nicht bis dorthin. Euch rate ich, dasselbe
zu tun.«
»Danke für den Rat«, der Augustiner schüttelte den Kopf, »aber mich hält die Pflicht hier in Glatz. Wir werden zusammen mit
Herrn Puta die Stadt verteidigen. Und mit Gottes Hilfe wird es uns gelingen.«
»Vielleicht gelingt es Euch, vielleicht aber auch nicht«, antwortete der Propst ungeduldig. »Aber das ist Eure Angelegenheit.
Gebt den Weg frei!«
»Wir verteidigen Glatz!« Der Mönch dachte nicht daran, den Weg freizugeben. »Mit Gottes Hilfe und der der guten Leute. Jede
Hilfe ist willkommen. Auch deine weisen wir nicht zurück, Feßler. Du hast deine Pfarrkinder in Not zurückgelassen. Jetzt hast
du eine Möglichkeit, deine Schuld zu sühnen.«
»Was schwatzt du mir da von Schuld«, brüllte der Priester, »und von Sühne? Aus dem Weg, sag ich! Und pass auf, was du sagst!
Wenn du mich beleidigst, beleidigst du auch die Kirche! Was gefällt dir eigentlich nicht, du barfüßiger Bettler? Dass ich
fliehe? Jawohl, ich fliehe, weil es meine Pflicht ist, mich selbst und die Kirche zu retten! Die heranziehenden Häretiker
morden Priester, und rette ich mich selbst, dann rette ich damit auch die Kirche! Denn ich bin die Kirche!«
»Nein«, sagte der Augustiner gelassen, »du ganz gewiss nicht. Die Kirche, das sind die Gläubigen und Getreuen. Deine Pfarrkinder,
die du in Waltersdorf zurückgelassen hast, obwohl du ihnen Hilfe und Unterstützung schuldest. Hier, diese Leute bereiten sich
auf die Verteidigung vor, nicht auf die Flucht. Wirf also dein Bündel weg, Hochwürden, greif dir eine Spitzhacke, und mach
dich an die Arbeit. Und kein Wort mehr, Feßler, kein Wort mehr! Ich bin demütig, aber der Hundertschaftsführer hier, Gott
möge es ihm verzeihen, der kennt keine Demut und auch keine übertriebene Geduld. Der bringt es fertig und lässt |524| dich mit Stockschlägen zur Arbeit antreiben. Vielleicht lässt er dich ja auch aufhängen. Herr Puta hat ihn reich mit Vollmachten
ausgestattet.«
Feßler öffnete den Mund, um zu protestieren, aber angesichts der Miene des Hundertschaftsführers schloss er ihn rasch wieder.
Gottergeben nahm er die Spitzhacke, die man ihm reichte. Seine Gefährten bekamen Schaufeln. Alle drei zogen mit Märtyrermiene
ab.
»In der Arbeit liegt Gottes Segen!«, rief ihnen der Mönch hinterher. »Ich rate euch, nicht zu faulenzen oder nur so zu tun,
als ob! Der Hundertschaftsführer behält euch im Auge!«
»Oh, oh!«, murmelte Bisclavret. »Hier werden wir es gar nicht leicht haben. He, Leute! Dieser Mönch da, wer ist das? Kennt
den jemand?«
»Das ist Heinrich Vogtsdorf«, belehrte einer der Fuhrleute sie, der einen Wagen, voll beladen mit Steinkugeln für die Bombarden,
lenkte, »der Prior der Augustiner. Der genießt hier großes Ansehen.«
»Das sieht man.«
Von Fischerberg her näherte sich im Galopp eine Abteilung von Reitern, die auf das Brücktor zuhielten. Die Hellebardenträger
brachten sogleich den Strom der Flüchtlinge zum Halten. Die Abteilung kam näher, man sah, dass sie aus lauter Edelleuten bestand.
Der die Bombardenkugeln transportierende Fuhrmann, der ihnen, seit sie die Brücke über die Neiße erreicht hatten, Gesellschaft
leistete, erwies sich als gut informiert und gesprächig.
»Der an der Spitze, das ist unser Starost, der edle Herr Puta von Czastolovice«, teilte er ihnen, auch wenn dies überflüssig
war, mit. Herrn Puta kannten alle, allgemein bekannt war auch sein Wappen, schräge blaue Balken auf silbernem Feld. Reynevan
und Bisclavret wechselten einen Blick – Putas Anwesenheit in Glatz bedeutete, dass Prokop aus Neisse abgezogen war.
|525| »Neben dem Starosten reitet der Herr Unterstarost Hanusch Czenebis. Die hinter ihnen sind Herr Nikolaus Moschen, der Anführer
der Söldner, und der edle Herr Wolfram von Pannewitz. Dann Johann von Maltwitz, der Herr auf Eckersdorf. Die Herren vom Stadtrat:
Zetterwang, Gremmel, Lischke ...«
Herrn Putas Zug ritt unter lautem
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