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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Hufgeklapper zum Unteren Tor in die Stadt hinein, im Gewölbe des Tores hallte der Hufschlag
     wider. Als die Reiter die Brücke über dem Mühlgraben hinter sich gelassen hatten und im Oberen Tor verschwunden waren, gaben
     die Hellebardenträger den Weg wieder frei, und der Flüchtlingszug bewegte sich voran. Bisclavret räusperte sich plötzlich,
     mit dem Fuß berührte er Reynevans Zügel. Was überflüssig war. Reynevan hatte es schon längst bemerkt. Alle hatten es bemerkt.
     Hinter ihnen schrie eine Frau verhalten auf. An den Ecken des Turmes, an Haken aufgespießt, hingen über dem Oberen Tor vier
     Leichen. Die Körper von vier Menschen, genauer gesagt, das, was davon noch übrig war. Sie waren all jener Teile beraubt, die
     für gewöhnlich von ihnen abstehen, darunter auch die Ohren. An den oberen und unteren Gliedmaßen hatte man lange und fleißig
     gearbeitet, mit dem Erfolg, dass sie als solche nur noch bedingt zu erkennen waren.
    »Das waren hussitische Spione!« Der Fuhrmann zog die Zügel an. »Einen haben sie gefasst, da hat er unter der Folter seine
     Spießgesellen preisgegeben. Wenn die Hussiten nach Glatz gekommen wären, hätten sie ihnen heimlich die Tore geöffnet und die
     Stadt in Brand gesteckt. Vorgestern haben sie sie auf dem Marktplatz gefoltert. Grausam haben sie sie behandelt, den anderen
     zur Abschreckung. Mit glühenden Zangen und Haken haben sie sie gerissen und ihnen die Knochen gebrochen. Die Tore werden jetzt
     Tag und Nacht verstärkt bewacht. Ihr werdet schon sehen.«
    Das taten sie tatsächlich. Das Obere Tor bewachte eine Abteilung von mindestens dreißig bis an die Zähne bewaffneten |526| Soldaten. Ein über einem kleinen Feuer hängender Kessel spie unter einem auf- und abhüpfenden Deckel Dampf hervor. Der Anführer
     der Rotte, ein Kerl mit dem Gesicht eines Banditen, spielte mit einem Hund, dem er Stöckchen zuwarf.
    Bisclavret schaute sich mit düsterer Miene um und schwieg. »Hattest du Bekannte unter denen, die am Tor hingen?«, fragte ihn
     Scharley scheinbar gleichgültig.
    Der Écorcheur wandte sich nicht um. Sein Gesicht war reglos.
    »Wohl schon«, erwiderte er schließlich. »Aber eher entferntere als nähere.«
     
    Das Wassertor wurde von einer ebenso starken Mannschaft bewacht; Bisclavret fluchte leise vor sich hin.
    »Das wird hier nicht einfach werden«, brummte er schließlich. »Ich wette, bei allen anderen Stadttoren sieht es ähnlich aus.
     Nicht gut, nicht gut, nicht gut. Von der Idee, eines der Tore zu besetzen und zu öffnen, können wir uns getrost verabschieden.
     Wir müssen unsere Pläne ändern.«
    »Was schlägst du vor?« Scharley blinzelte. »Kehrt marsch und fort aus der Stadt? Solange es noch geht?«
    »Nein«, meinte Reynevan, »wir bleiben hier.«
    »Bist du noch im Besitz all deiner geistigen Kräfte?« Der Demerit maß ihn mit einem abschätzenden Blick. »So, dass du Entscheidungen
     treffen kannst?«
    »Ich bin im Vollbesitz all meiner Kräfte. Wir bleiben in Glatz.«
    »Ich hoffe, nicht als Sühnemaßnahme? Ich frage deshalb, weil du bis vor einem Moment noch den Eindruck eines Büßers erweckt
     hast.«
    »Genug an Eindrücken!« Reynevan runzelte die Stirn. »Ich habe deinen Rat befolgt und meine Selbstbeherrschung wiedererlangt.
     Deshalb sage ich: Wir haben Befehle. Die Waisen zählen auf uns, wir müssen ihnen helfen, die Stadt einzunehmen. Wir überprüfen
     alle Tore.«
     
    |527| Sie überprüften. Reynevan, Scharley und Samson nahmen sich den Abschnitt vom Brücktor bis zur Oberen Burg vor. Das, was sie
     sahen, erfüllte sie nicht gerade mit Optimismus. Die Wäscherpforte war mit Steinen und Balken vollständig verbarrikadiert,
     noch dazu hatten vor der nahe gelegenen Pfarrkirche Soldaten ihr Lager aufgeschlagen. An den anderen Toren, dem Grünen Tor
     und dem Böhmischen Tor, hielten bewaffnete Söldner Wache.
    Mit Bisclavret trafen sie am vereinbarten Ort hinter einer Bäckerei in der Burgstraße zusammen. Außer der Nachricht, dass
     Wassertor und Angertor ebenfalls von starken Wachmannschaften geschützt waren, brachte der Écorcheur auch Gerüchte von der
     Front. Es hatte sich bestätigt, dass Prokop aus Neisse abgezogen war und die Taboriten nach Norden, ins Odergebiet, geführt
     hatte. Horns und Drosselbarts Mission war wohl von Erfolg gekrönt, denn die Taboriten hatten weder Münsterberg noch Strehlen
     oder Ohlau angegriffen. Dies hatte man hinlänglich kommentiert, aber die Meinungen darüber waren

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