Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
erwischt hatte.
    Aber die Falle war mit Präzision gestellt worden, der Rückweg war ihnen abgeschnitten. Als sie auf die Gasse stürmten, |537| gerieten sie geradewegs in ein Kampfgetümmel. Scharley und Samson leisteten einer heranstürmenden Gruppe von Knechten Widerstand.
    »Lebendig fangen! Lebendig!« Reynevan erkannte die Stimme, die diesen Befehl ausgesprochen hatte.
    Er spürte, wie jemand ihn am Hals packte. Er zog sein Stilett, stach kräftig zu, drehte dann den Griff in der Hand, stach
     von oben zu, drehte sich, führte wieder einen Hieb, und gleich darauf, seinen Schwung und seine Stellung nutzend, einen Streich
     von links nach rechts. Er hörte einen Schrei, Blut spritzte ihm ins Gesicht, und zwei Körper fielen ihm vor die Füße. Wieder
     spritzte Blut, aber diesmal war es Scharleys Werk und das seines Krummsäbels. Erneut packte ihn jemand und griff zugleich
     nach seiner Hand mit dem Stilett. Etwas polterte dumpf, der Griff lockerte sich. Samson stand plötzlich dicht neben ihm und
     schleuderte mit den zerschmetternden Schlägen seines Goedendags die nächsten Angreifer zu Boden. Aber es kamen immer neue.
    »Haut ab!«, schrie Bisclavret, der mit seiner Navaja heftig um sich schlug. »Los, weg! Mir nach!«
    Hinter dem Franzosen rannte Scharley, unterm Laufen mit seinem Krummsäbel ausholend. Die Angreifer wichen vor ihm zurück.
     Wieder packte jemand Reynevan, aber nach einem Stich ins Auge heulte der Angreifer auf und taumelte davon. Als Reynevan den
     Hieb eines anderen parierte, traf Stahl auf Stahl, dass die Funken stoben. Zum Glück stürzte der Angreifer mit dem Messer
     unter einem Schlag mit dem Goedendag nieder wie ein Ochse im Schlachthof.
    Reynevan riss unter seinem Hemd ein mit Stroh umwickeltes Töpfchen hervor. Fünf Bomben waren im Hause des Kaufmannes in der
     Milchgasse geblieben. Diese hier war die sechste.
    »
Ignis! Atrox!
Yah, Dah, Horah!«
    Es zischte und knallte schrecklich, eine gewaltige Explosion erhellte die Umgebung, flüssiges Feuer sprühte auf und ergoss
     sich in die Gegend, wobei es alles erfasste, was in seiner Reichweite |538| war. Alles ringsherum brannte, der Klafter Holz, die weiß getünchte Wand des Hauses, das Straßenpflaster und die Abwässer
     im Rinnstein. Und einige der Angreifer. Die Schreie der Brennenden stiegen in den sternenklaren Himmel. Im Schein des Feuers
     sah Reynevan eine bekannte Gestalt. Ein schwarzer Mantel, ein schwarzes Wams, schwarze, bis zu den Schultern reichende Haare,
     ein Vogelgesicht und eine Nase wie ein Vogelschnabel.
    »Fangt sie lebend!«, schrie der Mauerläufer, sein Gesicht vor dem lodernden Feuer schützend. »Ich will sie lebend haben!«
    »Weg!« Samson rüttelte den vor Schreck wie gelähmten Reynevan an der Schulter. »Los, weg!«
    »Es brennt! Feuer!«
    Sie rannten aus Leibeskräften, die Gasse hinter ihnen dröhnte von den Schritten der Verfolger.
    »Fangt sie lebend! Leeebend!«
    »Feuer! Es breeennnt!«
    Sie rannten, was ihre Beine hergaben, und der panische Schrecken verlieh ihnen neue Kraft. Sie wussten, was es bedeutete,
     wenn man sie lebend fasste. Lange, langsame Qualen in der Folterkammer, die Seiten durch rot glühendes Eisen verbrannt, ausgerissene
     Gelenke, von Zangen und Kloben zersplitterte Knochen. Ein grausamer Tod auf dem Richtplatz. Nur das nicht, dachte Reynevan,
     während er so schnell wie ein Windhund davonrannte. Alles, nur nicht Birkhart Grellenort.
    Jemand holte sie ein, Samson erschlug aus einer halben Drehung heraus einen der Verfolger mit seinem Goedendag. Dem zweiten
     rammte Reynevan von unten her das Stilett in den Bauch, der Verwundete heulte auf und wand sich auf dem Pflaster, ein dritter
     stolperte über ihn; noch bevor er zu Boden sank, hatte Reynevan ihm das Gesicht zerfetzt.
    Sie rannten weiter und gewannen ein wenig Vorsprung. Sie sahen Scharley, der ihnen den Weg wies – in einen schmalen Durchschlupf
     hinein. Sie rannten. Vor ihnen lief Bisclavret. Trutwein war verschwunden.
    |539| »Schnell! Jetzt nach links!«
    Die Schritte der Verfolger wurden etwas schwächer, es war ihnen offenbar für kurze Zeit gelungen, sie irrezuführen; ihre Verfolger
     waren von Leuten aufgehalten worden, die mit Wassereimern zum Brandherd eilten. Aber Reynevan und Samson hielten nicht an,
     sie rannten atemlos weiter. Unter ihren Füßen schmatzte Schlamm, gluckerte Wasser, in ihre Nasenlöcher drang Gestank, ein
     schrecklicher Geruch nach Urin und Kot. Bisclavret und Scharley rissen

Weitere Kostenlose Bücher