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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Královec vor der Stadt.«
    »Ich schaffe es.« Reynevan wies auf die fünf bereits mit Stroh umwickelten Krüge. »Wir brauchen nur noch Öl hineinzugießen,
     alles zu vermischen, zuzuspunden und mit Pech zu bestreichen. Fertig. Dann bleibt uns nur noch, sie dort aufzustellen, wo
     es sein soll. Hast du dir überlegt, wo?«
    Bisclavret lachte sein Wolfslachen.
    »Was denkst du denn?«, fragte er spöttisch. »Das ist alles geplant. Trutwein kann jeden Moment kommen. Er müsste gleich hier
     sein. Geb’s Gott mit guten Nachrichten.«
    Johann Trutwein erschien allerdings erst zur Mittagszeit, eine Stunde nachdem die Augustiner zur None geläutet hatten. Aber
     er brachte tatsächlich gute Kunde mit. Der Ölmüller, erklärte er, werde das Öl verkaufen. Er fordere allerdings   ...
    Bei dem Preis, den er Bisclavret ins Ohr flüsterte, verzog dieser wütend das Gesicht. Er nahm den Altardiener beiseite, dann
     verhandelten sie lange.
    »Erledigt«, erklärte er, als er wieder zurückkam. »Die Ware holen wir uns in der Nacht. Der Ölmüller verlangt, dass das Geschäft
     im Stillen abgewickelt wird.«
     
    |535| Gegen Abend war das Feuer schon mit bloßem Auge zu sehen. Kirchenhäuser, Hasengraben, Querstraße, Rauschwitz und das Klosterdorf
     Neudeck brannten. Die Zivilisten hatte man von der Stadtmauer heruntergejagt, ihren Platz nahmen Bewaffnete ein. Ausgestattet
     mit Bombarden, Katapulten und anderen bedrohlich aussehenden Geräten.
    Die Glocken der Stadt läuteten zum Angelusgebet. Bisclavret enthielt sich jeglichen Kommentars, aber Reynevan sah und wusste,
     was alle sahen und wussten.
    »He, Franzose!«
    »Was ist?«
    »Ich vermute, du hast die Möglichkeit, mit Řehors in Kontakt zu treten.«
    »Da vermutest du richtig.«
    »Und unser Fluchtweg? Hast du darüber nachgedacht?«
    »Kümmere du dich um deine Bomben, Reynevan. Dass sie hochgehen. Dass die Beschwörung aus der Ferne wirkt.«
    »Darum kümmere ich mich. Und wie! Du hast gar keine Ahnung, wie sehr!«
     
    Die Glocken der Marienkirche verkündeten mit drei rasch aufeinander folgenden Schlägen das
Ignitegium
, den Befehl, Feuer und Licht zu löschen. Ordentliche Bürger sollten sich auf dieses Signal hin zu Bett begeben.
    Reynevan, Bisclavret, Scharley und Samson waren keine ordentlichen Bürger. Auch Johann Trutwein, der in der Dämmerung in der
     Milchgasse aufgetaucht war, gehörte nicht dazu. Als die Dunkelheit hereingebrochen war, schlichen sie in der Nähe des Wassertores
     in die Fleischergasse.
    Obwohl das
Ignitegium
verkündet worden war, schlief die Stadt nicht, sie war beherrscht von Unruhe. Das war auch nicht verwunderlich, denn im Süden
     und Westen erhellte Feuerschein die Nacht, der Feind stand schon fast vor den Toren der Stadt. An den Befestigungswällen brannten
     die Biwakfeuer, die Wachen riefen von den Mauern her einander zu, und |536| in den Gassen dröhnten die Schritte der Patrouillen. Unter solchen Bedingungen kostete sie der Weg viel mehr Zeit, als sie
     vorgesehen hatten. Trutwein begann zu befürchten, dass der Ölmüller nicht warten würde, dass er meinte, sie kämen nicht mehr.
    Seine Befürchtungen schienen sich zu bestätigen. In der Fleischergasse herrschte Dunkelheit, in keinem Fenster war der Schein
     einer Kerze oder einer Fackel zu sehen. Die Pforte, die in den Hof führte, stand allerdings offen.
    »Scharley, Samson«, flüsterte Bisclavret. »Ihr bleibt hier. Haltet die Augen offen.«
    Scharley legte die Hand auf seinen Säbel, Samson hob seinen Goedendag. Reynevan tastete nach dem Griff seines Stiletts und
     glitt hinter Bisclavret und Trutwein in das Dunkel des Tores, in dem es nach Katzen stank.
    In einem Fenster ganz am Ende des Hofes flackerte der Schein einer Kerze.
    »Da ist es«, flüsterte Trutwein. »Kommt   ...«
    »Wartet«, zischte der Écorcheur. »Bleibt stehen. Hier stimmt etwas nicht. Irgendwas ist hier   ...«
    Aus dem Dunkel sprang ihnen ein gutes Dutzend Strolche entgegen.
    Reynevan hielt schon seit einiger Zeit eines von Telesmas Amuletten, das aus einem Donnerkeilsplitter gefertigt war, in seiner
     Hand. Nun musste er nur noch die Beschwörung sprechen.
    »Fulgur fragro!«
    Ein ohrenbetäubender Knall ertönte, ein Blitz blendete, und die Luft explodierte mit einem in den Ohren gellenden Pfiff. Reynevan
     wandte sich zur Flucht, er folgte Trutwein. Hinter ihnen her jagte Bisclavret, der zuvor noch einige taub oder blind herumtappenden
     Strolche mit seiner andalusischen Navaja

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