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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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durchschneiden.«
    »Vielleicht könnte man ein Signal vereinbaren   ...«
    »Wie Rahab in Jericho ein rotes Seil in das Fenster hängen? Du hast entschieden zu viele Predigten gehört, Junge. Verwechsle
     hier bitte nicht Literatur und Realität. Ich halte es mit Bisclavret und sage: Ich lasse mich auch nicht auf so ein Glücksspiel
     ein. Ich möchte euch daran erinnern, dass auch ich |530| ein Profi bin. Sogar in mehreren Sparten. Jede davon ist mir lieb. Zumindest so lieb, wie mir das Leben wert ist.«
    »Es gäbe schon eine Möglichkeit, die Stadt anzuzünden, ohne das wertvolle Fell der Herren Professionellen zu gerben«, sagte
     Reynevan nach langem Nachdenken.
    »Ha! Hast du etwa eine gefunden?«
    »Habe ich. Denn auch ich bin ein Profi, meine Herren.«
     
    Man hätte meinen können, dass die Prager Apotheke »Zum Erzengel«, Asyl für Gelehrte und Philosophen und Zufluchtsort für Ideen
     und den Fortschritt, so ziemlich der letzte Ort gewesen wäre, an dem man die Herstellung magischer Brandbomben erlernen konnte.
     Aber wer so dachte, irrte gewaltig. Im »Erzengel« konnte man sich in allen erdenklichen Arkana und Methoden ausbilden lassen.
     Der Zufall hatte es gewollt, dass Reynevan in der Kunst, wie man Brandbomben mit großer Wirkungskraft herstellt, unterwiesen
     worden war. Teggendorf und Radim Tvrdik hatten seinerzeit beschlossen, eine solche Bombe, die im Sprachgebrauch der Magier
Ignis inextinguibilis
genannt wurde, zu bauen, weil sie auf einen unehrlichen Konkurrenten, einen Dilettanten, der außerhalb der Magierzunft herumexperimentierte,
     nämlich den früheren Propst von Sankt Stephan, ziemlich wütend waren. Zu Beginn hatten sie geplant, ihn anonym anzuschwärzen
     und der Gerichtsbarkeit der Stadt zu überantworten, aber dann war ihnen eine derartige Rache als zu wenig ehrenhaft erschienen.
     Nun war es so, dass dieser zaubernde Priester in Bubna ein hübsches Landhaus sein Eigen nannte, in das er Mädchen und verheiratete
     Frauen zu allseits bekannten Zwecken einlud. Da hatten Teggendorf und Tvrdik jenes Haus als Ziel ins Auge gefasst. Hei, freuten
     sie sich diebisch, da wird der Pfaffe aber Stielaugen machen, wenn er das nächste Mal mit einem Weibsbild aus Prag zurückkommt
     und anstelle seines Hauses nur noch ein schwarzes Loch in der Erde vorfindet!
    Die Wut der beiden Magier war jedoch rasch verraucht, und |531| zu einem Anschlag kam es nicht. Aber der
Ignis inextinguibilis
war gebaut worden. Nach alten arabischen Rezepten, die man in Konstantinopel erschienenen Büchern entnommen hatte. Und mit
     Reynevans Hilfe, der bei dem Experiment assistiert hatte und nun, über ein Jahr später, in Glatz genau wusste, was er dazu
     benötigte.
    »Ich brauche«, erklärte er seinen Gefährten, die ihn recht kritisch musterten, selbstsicher, »zwei Bottiche Olivenöl oder
     anderes Öl, einen oder zwei Kübel Holzteer, ein kleines Fässchen Honig, vier Pfund Salpeter, zwei Pfund Schwefel und ebenso
     viel Löschkalk. Dazu brauche ich noch zwei Lägel Harz, am besten Kiefernharz. Und zwei Pfund Antimonpulver. Das gibt es in
     den Apotheken.«
    »Ist das alles?«
    »Ich denke, wir bauen fünf Bomben. Also brauchen wir fünf Tonkrüge mit engen Hälsen, dazu Stroh, mit dem wir sie umwickeln
     können. Und viel Pech, um alles zu übergießen   ...«
    »Und eine Seeschlange?«, erkundigte sich Bisclavret spöttisch. »Die Lanze des heiligen Mauritius? Einen Schwarm Papageien?
     Affen? Brauchst du die nicht? Du bist wohl nicht ganz bei Trost, Reynevan. Die Stadt steht kurz vor der Belagerung, das Brot
     ist bereits rationiert, Salz zu kaufen ist ein Kunststück, und du schickst uns nach Schwefel und Antimon.«
    »Ich brauche auch noch einen Ort, an dem ich arbeiten kann. Also maul nicht herum, sondern mach dich an die Arbeit. Mit Sicherheit
     hat Vogelsang in Glatz einen Residenten. Möglicherweise nicht nur einen.«
    »Du hast doch die gesehen, die am Tor hingen?«, entgegnete ihm Bisclavret. »Das waren die Leute von Vogelsang. Ja, du hast
     vollkommen Recht, das waren nicht alle, einen haben wir noch. Aber sich jetzt mit ihm in Verbindung zu setzen, bedeutet mit
     Sicherheit, dass man selbst baumeln wird. Unter der Folter redet man, Reynevan. Und verrät.«
    »Meine Herren«, mischte sich Scharley ein, »so geht das |532| nicht, man soll das Fiasko nicht voraussetzen, bevor man nicht wenigstens einen Versuch unternommen hat. Gib uns deine Liste,
     Reinmar. Wir ziehen durch die Stadt und sehen

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