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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Angreifer
     aus der Langen Gasse. Die erste Abteilung entschwand aus Reynevans Blickfeld, er konnte lediglich aus dem Lärm und dem Getöse
     schließen, dass die Berittenen versuchten, die Barrikaden zu überwinden und sich den Weg über die Brücke zur Kleinseite freizukämpfen.
     Dagegen sah er, mit welcher Wucht Hyneks Abteilung auf die bewaffneten Bürger prallte, wie sie deren vorderste Linie niedermähte,
     die zweite niederritt. Und in der dritten stecken blieb, als sie auf eine Barriere aus zweischneidigen Äxten, Spießen und
     Forken traf. Die Prager standen wie ein Mann, sie ließen sich nicht ins Bockshorn jagen. Ihrer waren viele. Sie waren stark.
     Selbstbewusst.
    Denn immer noch erhielten sie Verstärkung durch weitere Bürger.
    »Tod den Verrätern!«, schrien sie und griffen an. »In die Moldau mit ihnen!«
    »Tötet sie, tötet, lasst keinen am Leben!«
    Die verwundeten Rösser wieherten verzweifelt und stiegen, sie stürzten auf den vom Blut der Reiter glitschigen Boden. Und
     aus den Fenstern sausten unaufhörlich Bolzen, Bolzen und noch mehr Bolzen   ...
    |58| »Tötet die Verräter! In die Moldau mit ihnen!«
    Die Reiter traten den Rückzug an, kehrten auf den Markt zurück, zerstreuten sich und jagten in kleinen Grüppchen umher, um
     sich auf eigene Faust durch die Barrikaden und Ketten bei St. Niklas und der Michaelsgasse zu schlagen. Aber Hynek war nicht
     unter ihnen. Sein Pferd war unter dem Helden vom Vyšehrad und von Aussig nach einem Sensenhieb in die Vorderbeine zusammengebrochen.
     Der Ritter hatte noch rechtzeitig aus dem Sattel springen können und auch sein Schwert nicht fahren lassen; diejenigen, die
     ihn angriffen, zerhieb er. Mit dem Rücken an das Haus »Zum Elefanten« gepresst, rief er ein paar seiner Leute zu sich, die
     es ähnlich eilig hatten, als er jedoch sah, dass sie, von Bolzen hingemäht, fielen, rannte er die Tür mit der Schulter ein.
     Eine Menschentraube bildend, drangen die Prager hinter ihm in das Haus ein. Hynek hatte keine Chance. Es dauerte nicht lange,
     und der blutüberströmte Körper im Wams mit dem Löwen der Markvartice flog aus einem Fenster im ersten Stock und schlug auf
     das Prager Pflaster.
    »Ein Fenstersturz!« Filou lachte, das Gesicht zu einer dämonischen Grimasse verzogen. »Ein zweiter Fenstersturz! Das gefällt
     mir, verdammt noch eins! Gerechtigkeit und Symbolik in einem!«
    Der aus dem Fenster gestoßene Hynek gab noch schwache Lebenszeichen von sich. Die Prager umringten ihn. Eine Zeit lang zögerten
     sie. Schließlich beendete einer das Zögern und schlug mit dem Dreschflegel auf den Ritter ein. Ein zweiter setzte mit der
     Axt nach. Und dann fingen alle an, zu schlagen und zu hauen.
    »Jawohl!«, rief Neplach lachend. »Welch eine Symbolik! Was, Reynevan? Was sagst du   ...«
    Er beendete den Satz nicht. Reynevan war nicht mehr im Raum.
     
    |59| Man musste dem Ritter mit dem Wappenschild, das diagonal in ein silbernes und ein schwarzes Feld geteilt war, durchaus zubilligen,
     dass er sein Leben durch Vernunft und Ideenreichtum gerettet hatte. Zum einen hatte er seinen Wappenschild, der ihn verriet,
     noch auf dem Marktplatz weggeworfen. Als sich aber dann die durch die Barrikade am Fruchtmarkt zurückgedrängten Reiter hinter
     das St.-Linharts-Kirchlein zurückzogen, wo sie auf weitere Prager Bürger trafen und sich auf einen heftigen Kampf mit ihnen
     einließen, wendete der silbern-schwarze Ritter sein Pferd und entkam in ein Gässchen, wobei er im Galopp seinen reich bestickten
     Mantel von den Schultern streifte. Er stürmte, Enten und Bettler aufscheuchend, auf einen kleinen Platz, der »An der Pfütze«
     hieß. Die Schreie seiner vom Markt ihm hinterherstürzenden Verfolger vernehmend, sprang er aus dem Sattel, versetzte seinem
     Ross einen Schlag auf die Kruppe und tauchte in einen engen, dunklen Durchschlupf, der zur Plattnergasse führte. Die Prager
     folgten laut schreiend dem Hufschlag des Pferdes, das Richtung Dominikanerkloster und Moldau davonjagte. Zum Fluss, in dessen
     Tiefe, dem allmählich langweilig werdenden Geschrei des Pöbels nach zu schließen, alle Verräter und Rebellen in Kürze ihr
     Ende finden würden.
    Die Stimmen wurden leiser und entfernten sich. Der Ritter atmete erleichtert auf und lächelte in seinen Bart hinein. Er war
     ziemlich sicher, dass es ihm gelänge.
    Und wer weiß, vielleicht wäre es ihm sogar gelungen, hätte Reynevan das Terrain nicht so gut gekannt. Die Plattnergasse

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