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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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und
     die von ihr abzweigenden Gässchen hatten in vorrevolutionärer Zeit ein paar lauschige, preiswerte Freudenhäuser beherbergt,
     diese Gegend kannte also jeder Student und jeder Baccalaureus der Karls-Universität nur allzu gut. Hinzu kam, dass sich Reynevan
     und Samson Honig der Magie bedienten. Telepathischer Amulette. Diese waren sehr simpel, aber für eine telepathische Verbindung
     ausreichend. Zum Aufspüren und zum Verfolgen.
    |60| Der silbern-schwarze Ritter wartete eine Weile und nutzte die Zeit, um sein Schwert mit einem Stück Zwillichplane, das er
     gefunden hatte, zu bedecken. Er drückte sich an die Wand, als er Hufschlag vernahm, es preschte aber nur ein reiterloses Pferd
     an ihm vorüber, ein Falbe, die Seite blutverschmiert. Dem Pferd hinterher rannte, sich wiegend und muhend, eine scheckige
     Kuh – wie die hierher gekommen war, wusste wohl nur der Leibhaftige.
    Als wieder alles still geworden war, lief der Ritter rasch zur Plattnergasse. Dort angelangt, blieb er stehen, blickte sich
     um und lauschte den allmählich aufhörenden Geräuschen von Kampf und Gemetzel. Dann bog er in den erstbesten Torbogen und den
     dahinter liegenden Hof ein und begann, die Teile seiner Rüstung abzulegen, die ihn hätten verraten können. Aus den Wäschestücken,
     die auf einer Schnur trockneten, zog er ein Hemd herunter, das recht zerschlissen und reichlich weit war, offenbar für eine
     Schwangere oder für ein Weib bestimmt, das ganz einfach fett war. Als er sich das Hemd über den Kopf zog, konnte er einen
     Moment nichts sehen.
    Diesen Moment nutzten Reynevan und Samson.
    Reynevan holte weit aus und zog dem Ritter mit einem Brett, das er vom Boden aufgelesen hatte, eins über. Samson packte den
     derart Geschlagenen an den Schultern, schüttelte ihn, hob ihn hoch und drückte ihn fest gegen die Wand. Aber welch ein Wunder,
     statt leblos an der Mauer hinabzugleiten, stieß sich der Ritter von selbiger ab, riss sein Schwert aus der Scheide und griff
     an. Samson sprang rückwärts, Reynevan schwang sein Brett, der Ritter wehrte es mit Macht ab und setzte mit einem so geschickten
     und raschen Stoß hinterher, dass Reynevan ohne die einschlägigen Lektionen seines Fechtmeisters wohl Leib und Leben eingebüßt
     hätte. Der Ritter handhabte das Schwert geschickt und führte einen raschen Streich; wenn er den Sprung zur Seite nicht beherrscht
     hätte, hätte die Klinge Reynevan den Adamsapfel wohl bis zum Halswirbel durchtrennt. Samson rettete die gefährliche Situation, |61| mit einem Stock schlug er dem Ritter das Schwert aus der Hand, ihn selbst mit einem Faustschlag zu Boden. Der Schlag war zwar
     gewaltig, aber der Ritter dachte auch diesmal nicht daran, dort liegen zu bleiben, wo er gefallen war. Er sprang auf, griff
     sich ein leeres Fass, hob es hoch, stöhnte, vor Anstrengung puterrot angelaufen, und schleuderte es wie ein Geschoss auf Samson
     Honig. Aber da hatte er die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Samson fing das Fass noch in der Luft auf. Warf es zurück, als
     wäre es ein Ball. Der Ritter, dem es die Beine unter dem Leib wegzog, stürzte in einen Strohhaufen.
    Er schaffte es nicht mehr aufzustehen. Reynevan und Samson warfen sich auf ihn, drückten ihn zu Boden, drehten ihm die Hände
     auf den Rücken und fesselten ihn. Das Weiberhemd wanden sie ihm um den Kopf. Die Beine banden sie ihm an den Knöcheln mit
     einem Strick zusammen. Dann zogen sie ihn an jenem Strick hinter sich her, in den nächsten Keller. Sie machten sich keine
     Umstände, scherten sich nicht weiter darum, dass der Kopf des Ritters rhythmisch auf jeder Steinstufe einzeln aufknallte.
    Nachdem sie ihn schwungvoll auf einen Haufen Kohlköpfe geworfen hatten, begann der Ritter, sich stöhnend und fluchend aufzusetzen.
     Als Reynevan ihm das Hemd vom Kopf zog, blinzelte er. Der Keller hatte ein kleines Fenster, von dort fiel ein wenig Licht
     herein. Der Ritter blickte Reynevan lange an, Samson nur kurz. Und er begriff sofort, dass nur einer der beiden für Verhandlungen
     ansprechbar war. Er sah Reynevan direkt in die Augen und räusperte sich.
    »Vernünftig«, sagte er, sich ein Lächeln abringend. »Umsichtig, Bruder. Warum soll man mit anderen teilen, wenn man alles
     für sich allein haben kann? Die Zeiten sind viel zu schwer und zu unsicher, um einen Groschen zu verachten. Und dieser Groschen
     fällt dir in den Geldbeutel, das verspreche ich dir.«
    Reynevan atmete vor Erleichterung auf. Eine hundertprozentige

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