Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
dafür hast du mit Konrad von Oels,
     dem Bischof von Breslau, konspiriert. Vor zwei Jahren, in Schlesien, in der Scheune der Zisterzienser. Zwei Jahre ist das
     jetzt her, aber das weißt du mit Sicherheit noch. Denn ich weiß es auch noch. Jedes einzelne Wort, das dort gesprochen wurde.«
    Smiřický heftete die Augen fest auf Reynevan. Er schwieg eine Zeit lang, mehrmals musste er schlucken. Als er endlich zu sprechen
     begann, schwang in seiner Stimme außer Erstaunen auch unverhohlene Bewunderung mit.
    »Also du bist das   ... Du warst dort. Du hast dort gelauscht   ... Der Teufel soll dich   ...! Das muss man dir lassen, du treibst dich in der ganzen Welt herum. Das bewundere ich. Aber gleichzeitig tust du mir auch
     leid. Leute wie du sterben jung. Und meist eines gewaltsamen Todes.«
    Samson Honig sandte Reynevan mit seinem magischen Amulett ein mentales Signal. Aber obwohl während der Verfolgung die Verständigung
     einigermaßen geklappt hatte, war jetzt, auf nur zwei Schritte Entfernung, das Signal völlig unkenntlich. Das heißt, der Inhalt
     war unkenntlich, die Intensität der Botschaft war hingegen deutlich spürbar. Reynevan empfing es als eine Aufforderung, standhaft
     zu bleiben.
    »Du wirst meine Fragen beantworten, Herr Smiřický.«
    »Nein, ich werde sie nicht beantworten. Du glaubst, du hättest etwas gegen mich in der Hand, etwas, womit du mir Angst machen
     und mich erpressen kannst? Einen Scheiß hast du, jüngerer |65| Herr von Bielau. Und weißt du, warum? Weil ein neues Zeitalter angebrochen ist. Jeder Tag bringt Veränderungen. In solchen
     Zeiten müssen Quacksalber und Erpresser rasch handeln, sonst wird ihre Tat zum Gespött. Hast du nicht bemerkt, was heute auf
     den Straßen vor sich gegangen ist? Ich bin an der Seite von Hynek von Kolštejn in Prag eingezogen. Wir sind direkt von Kolín
     gekommen, von Herrn Diviš Bořek, er hat uns seine Bewaffneten mitgegeben. An unserer Seite waren echte Gefolgsleute und auch
     so fanatische Katholiken und Hussitenschlächter wie Puta von Czastolovice und Otto de Bergow. Wozu wir gekommen sind, ist
     kein Geheimnis. Wir hatten die Absicht, das Rathaus zu besetzen und die Macht zu übernehmen, denn Prag ist das
caput regni
, und wer Prag hat, hat Böhmen. Wir wollten Korybut befreien und ihn zum König machen. Zu einem legitimen König, das heißt
     mit der Zustimmung Roms. Wir wollten mit dem Papst verhandeln, der, wie es heißt, einem Kompromiss im Hinblick auf die Liturgie
     nicht abgeneigt und, was den Kelch anbelangt und die Kommunion
sub utraque specie
, bereit ist nachzugeben. Bereit ist zu Verhandlungen. Aber nicht mit Tábor. Nicht mit den Radikalen, nicht mit den Leuten,
     an deren Händen Fürstenblut klebt. Gemeinsam mit Oldřich von Rožmberk und den Herren vom Landfrieden wollten wir die Radikalen
     erledigen, die Waisen vertreiben, Tábor liquidieren und die Ordnung im Königreich Böhmen wiederherstellen. Begreifst du das?«
    »Wir sind in Prag eingezogen«, Smiřický wartete die Antwort von Reynevan gar nicht erst ab, »offen und ohne Kopfbedeckung.
     Deutlicher konnte ich wohl nicht zeigen, was meine Absicht ist, gegen wen und gegen was ich bin. Wem ich die Treue halte und
     mit wem ich gemeinsame Sache mache. Heute hat sich alles erwiesen und alles gezeigt. Was also willst du tun? Jetzt, wo die
     Katze aus dem Sack ist, willst du zum Tábor gehen und Folgendes verkünden: ›Hört, Brüder, ich bringe euch eine Neuigkeit:
     Jan Smiřický ist euer Feind, er konspiriert mit den Katholiken gegen euch.‹? Das ist Schnee von gestern, Herr von Bielau, |66| Schnee von gestern! Du hast es vermasselt, du bist zu spät gekommen. Klar, vor einem Jahr, vor einem Monat noch   ...«
    »Vor einem Monat noch«, beendete Reynevan mit kaltem Lächeln den Satz, »hätte ich dich enttarnen können, war ich für dich
     gefährlich. Deshalb hast du Meuchelmörder auf mich gehetzt. Wahrhaft ritterlich, Herr von Smiřice, wahrhaft eines Edelmannes
     würdig. In der Tat, Eure ruhmreichen Ahnen in der besseren Welt, die Helden von Askalon und Crécy, können stolz auf Euch sein.«
    »Wenn du denkst, dass ich deswegen vor dir zu Kreuze krieche, dann irrst du dich gewaltig.«
    »Beantworte meine Frage!«
    »Habe ich dir nicht bereits vorgeschlagen, mir den Hintern zu küssen? Dann wiederhole ich diese Einladung jetzt ganz einfach
     noch mal.«
    Plötzlich erhob sich Samson Honig. Reynevan hätte schwören können, dass es Smiřický nun mit der

Weitere Kostenlose Bücher