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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Kolíner Rotte von Diviš Bořek«, erläuterte Filou, diese an den Farben und Wappen erkennend. »Die Bewaffneten von Puta
     von Czastolovice. Die Gefolgsleute von Jan Miesteckis von Opoczno, die Panzerreiter von Jan Michalec von Michalovice. Die
     Reiter von Otto de Bergow, dem Herrn auf Troský   ... Und allen voran?«
    An der Spitze der Berittenen stand ein Ritter in voller Rüstung, aber ohne Helm. Auf dem weißen Wams trug er ein Wappen –
     einen goldenen aufrecht stehenden Löwen auf blauem Feld. Reynevan hatte diesen Ritter und auch sein Wappen schon gesehen.
     In der Schlacht bei Aussig.
    »Hynek von Kolštejn«, stieß Filou zwischen den Zähnen hervor. »Von der Stephanschen Linie der Wallensteins, aus dem mächtigen
     Geschlecht der Markvartice. Der Held vom Vyšehrad, der gegenwärtige Herr auf Kamyk, der Hetman von Leitmeritz. Er hat einen
     weiten Weg zurückgelegt, von Macht und Größe bis zum Verrat. Sieh dich unter seinen Kumpanen um, Reynevan. Sieh genau hin.
     Eine innere Stimme sagt mir, dass du jemanden wiedererkennst.«
    Der Altstädter Markt hallte wider vom Hufschlag der Pferde, Getöse und Lärm brachen sich mit einem Echo an der Häuserfront
     und stiegen über die Dächer hinauf. Hynek von Kolštejn, der Ritter mit dem Löwen, trieb sein graues Pferd an, sich dicht vor
     dem Portal des Altstädter Rathauses aufzubäumen.
    »Heiliger Friede!«, brüllte er mit Donnerstimme. »Die Zeit für den heiligen Frieden ist gekommen! Genug des Blutvergießens,
     der Gewalt und Verbrechen! Befreit die Gefangenen! Befreit Zygmunt Korybut, unseren rechtmäßigen Herrn und König! Genug der
     Herrschaft blutrünstiger Cliquen! Schluss |56| mit Gewalt, Verbrechen und Krieg! Wir bringen euch den Frieden!«
    »Heiliger Friede!« Die Reiter nahmen im Chor die Parole auf. »Heiliger Friede!
Pax sancta!
«
    »Bürger der Stadt Prag!«, schrie Hynek. »Hauptstadt des Königreiches Böhmen und Hauptstadt all derer, die diesem Königreiche
     die Treue halten! Kommt zu uns! Herr Bürgermeister der Altstadt! Meine Herren Räte! Meine Herren Schöffen! Stoßt zu uns! Kommt
     heraus!«
    Die Türen des Rathauses öffneten sich keinen Zoll breit.
    »Prag!«, brüllte Hynek. »Freies Prag!«
    Und Prag antwortete.
    Mit einem lauten Knall flogen die Fensterläden auf, und aus ihnen tauchten die Bügel und Bogen der Armbrüste, die Läufe der
     Hakenbüchsen hervor. Plötzlich, wie auf ein Kommando, versank der Altstädter Markt im dröhnenden Lärm der Schüsse, im Rauch
     und Gestank von Pulver. Ein Hagel von Kugeln und Bolzen ging auf die auf dem Platz zusammengezwängten Berittenen nieder. Das
     Rufen, Schreien und Brüllen verwundeter Menschen, das entsetzte Wiehern verletzter Pferde explodierte in den Ohren und stieg
     empor. Die Reiter drängten sich in einem einzigen Gewirr, stießen gegeneinander, stürzten und zerstampften diejenigen, die
     aus dem Sattel gefallen waren. Ein Teil von ihnen spornte die Pferde zum Galopp an, aber vom Marktplatz gab es kein Entrinnen.
     Die Straßen waren plötzlich mit großen Balken verbarrikadiert, mit quer gespannten Ketten gesperrt. Hinter diesen Hindernissen
     surrten die Bolzen hervor. Und von allen Seiten, von der Eisengasse, der Michaelsgasse, der Langen Gasse, der Zeltnergasse
     und vom Teyn, rannten Bewaffnete auf den Marktplatz zu.
    Die Reiter drängten sich, einander mit ihren Schilden abschirmend, vor dem Rathaus zu einem Pulk zusammen, Hynek von Kolštejn
     mühte sich, heiser vom Brüllen, Ordnung darin zu schaffen. Doch aus den Häusern wurde immer noch geschossen, Kugeln und Bolzen
     sausten aus den Fenstern der |57| den Altstädter Markt umrahmenden Bürgerhäuser, aus dem »Einhorn«, aus der »Roten Tür«, aus dem »Lamm«, aus der »Steinernen
     Glocke«, aus dem »Schwanen«. Aus Fenstern und Luken, von Erkern, von Dächern, Hausfluren und Toren herab wurde geschossen.
     Die Ritter und Waffenknechte fielen einer nach dem anderen aus dem Sattel, die sich aufbäumenden Pferde stürzten.
    »Gut!«, stieß Filou immer wieder zwischen den Zähnen hervor. »Gut, Bürger von Prag! Weiter so! Oh, du kommst hier nicht lebend
     heraus, Herr Kolštejn von den Wallensteins. Du wirst dein Haupt nicht mehr erheben.«
    Als hätte Hynek von Kolštejn dies gehört, teilte sich seine Reiterschar plötzlich in zwei Abteilungen. Eine, etwa hundert
     Berittene, galoppierte in Richtung St.-Niklas-Kirche. Die zweite, mit Hynek selbst an der Spitze, wandte sich gegen die

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