Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
meckerst du dann immer noch herum und predigst über Ethik und Ehre?«
    Reynevan antwortete nicht.
    In der Nacht vom siebten auf den achten November waren diejenigen, die dorthin bestellt worden waren, zum vereinbarten Ort
     gekommen, einem Sühnekreuz am Rande eines Eichengehölzes beim Tampadel-Pass, der zwischen Zobten und Geiersberg lag. Dies
     waren die »wiederbelebten« Agenten, die Vogelsang für verlässlich hielt und zur Durchführung von Spezialaufträgen |643| brauchte. Selbstverständlich wurden Vorsichtsmaßnahmen getroffen, denn die Anwesenheit eines Spitzels konnte nicht ausgeschlossen
     werden. Am Tampadel-Pass wartete daher auch nur ein Vertreter von Vogelsang – das Los hatte Řehors dazu bestimmt. Ging alles
     ohne Zwischenfall ab, sollte Řehors die Gruppe nach Osten zu den Hütten der Hirten führen, wo Reynevan auf sie warten sollte.
     Gab es auch hier keine Falle, sollte die Gruppe bis zum Dorf Bankwitz wandern, wo Bisclavret auf sie wartete. Er hatte den
     kürzesten Strohhalm gezogen.
    Aber es ging alles glatt, und in einer einzigen Nacht hatte sich die Zahl der Mitglieder von Vogelsang um neun erhöht. Höchst
     unterschiedliche Leute. Ein Rentmeister aus Breslau, ein Krämer aus Parchwitz, ein Tischler aus Trebnitz, ein Steinmetzgeselle
     aus Neumarkt, ein Lehrer aus Kanth, der Verwalter des Gutshofes des Leubuser Klosters, ein Waffenknecht, der früher den Bolz
     ’ von Zeiskenberg gedient hatte, ein ehemaliger Mönch aus Himmelwitz, der jetzt Ablassverkäufer war, und als Krönung des Ganzen
     der Propst der Herz-Jesu-Kirche von Pogarell.
    Sie reisten nachts – die Gruppe war schon zu groß geworden, als dass sie sich tagsüber hätte fortbewegen können, ohne Aufsehen
     zu erregen   –, kamen nach Reichenbach, von dort aus nach Lampersdorf und zum Eulengebirge, zum Hausdorfer Plänel. Hier, auf einer Wiese
     in den Wäldern bei Hausdorf, von dem der Pass seinen Namen hatte, trafen sie auf die Gruppe, die aus Böhmen herübergekommen
     war. Diese Gruppe zählte vierzehn Professionelle. Es war nicht gerade schwer zu erraten, welches Handwerk sie ausübten. Reynevan
     musste noch nicht einmal raten, denn zwei von ihnen kannte er, er hatte sie am Weißen Berg gesehen. Dort waren sie im Referat
     Mord geschult worden.
    Die Gruppe wurde von einem Bekannten angeführt.
     
    |644| »Urban Horn«, sagte Łukas Bożyczko. »Die Gruppe aus Böhmen hat Urban Horn angeführt. Höchstpersönlich.«
    Gregor Hejncze, der
inquisitor a Sede Apostolica specialiter deputatus
der Diözese Breslau, nickte, um zu zeigen, dass er sich dies schon gedacht hatte. Und dass er keinesfalls überrascht war.
     Łukas Bożyczko räusperte sich, er war der Ansicht, seinen Bericht fortsetzen zu können.
    »Es ging natürlich um Glatz. Unser Mann war Zeuge eines Gespräches von Horn und Reinmar von Bielau mit diesen beiden anderen
     von Vogelsang, Řehors und Bisclavret. Glatz, sagte Horn zu ihnen, sei das Tor und der Schlüssel zu Schlesien. Und er fügte
     hinzu, dass Herr Puta von Czastolovice dabei sei, ein äußerst lästiges Symbol zu werden, das eine Gefahr für uns darstelle   ... Das heißt für sie   ... das heißt für die Hussiten   ... Und dass Glatz diesmal fallen müsse.«
    »Waren das genau die Worte unseres Mannes?« Der Inquisitor hob den Kopf.
    »Ganz genau, von Anfang bis Ende«, bestätigte der Diakon. »Diese Worte hat unser Mann an unseren Agenten in Glatz weitergegeben.
     Und der hat sie mir übermittelt.«
    »Fahr fort.«
    »Dieser Bisclavret von Vogelsang hat gesagt, dass ihr Agent Trutwein die Wirren überlebt habe und wieder für sie tätig sei.
     Dass er
oleum
, Harz und andere Zutaten besorge. Dass es diesmal an nichts fehlen werde, dass sie in Glatz ein solches Feuer entfachen würden,
     dass   ... es sind seine eigenen Worte   ... sich dem Herrn Puta auf der Burg die Barthaare entzünden würden. Und dass diesmal nicht sie, sondern Herr Puta durch das
     Loch im Scheißhaus fliehen müsse. Das hat er gesagt, mit genau diesen Worten: durch das Loch im Scheißhaus   ...«
    »Die Gruppe wird also nach Glatz verlegt«, schlussfolgerte Hejncze. »Wann geht das vor sich?«
    »Am Freitag nach St. Martin. Es werden nicht alle auf einmal verlegt, sondern nach und nach, zu zweit oder zu dritt, damit |645| sie kein Aufsehen erregen. Unser Mann war zum Glück bei einer der ersten Gruppen, die man eingeschleust hat. Daher wissen
     wir auch, dass das mit diesem Trutwein wahr ist. Dieser

Weitere Kostenlose Bücher